Vorbei sind die Zeiten, als Autos von A wie Auspuff bis Z wie Zündkerze noch komplett vom Hersteller selbst entwickelt, gefertigt und montiert wurden. Längst kommt ein Großteil der Komponenten und Bauteile von Zulieferern. Darüber hinaus übernehmen Zulieferer immer mehr Aufgaben in Produktion, Entwicklung, Organisation und Logistik, die vormals eine Domäne der Hersteller waren. Statt wie früher Komponenten nach konkreten Vorgaben der Automobilhersteller zu entwickeln, agieren sie heute zunehmend als Modul- und Systemanbieter und liefern ihre Teile direkt ans Band. Die Fertigungstiefe deutscher Fahrzeughersteller liegt nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) lediglich bei rund 25 Prozent – in modernen Produktionsstätten sogar noch darunter. 75 Prozent der Fahrzeugteile werden also von den Zulieferern bereitgestellt. In dieser differenzierten Wertschöpfungsstruktur ist eine ausgeklügelte, gut funktionierende Logistik unabdingbar.
Damit die Montage eines Autos reibungslos erfolgt, müssen die richtigen Komponenten und Baugruppen stets zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein (Just in Time, JIT). Erweitert wird dieser Prozess durch die Just-in-Sequence-Anlieferung (JIS), die auch die richtige Ausführung und Reihenfolge der Bauteile berücksichtigt. Das klingt relativ einfach, ist aber eine hoch komplexe Angelegenheit – angesichts von rund 5.000 Einzelteilen, aus denen ein Fahrzeug besteht. Zwar reduziert sich die Zahl der Einzelteile bei der Endmontage durch den Einbau vorgefertigter Module erheblich, doch immerhin werden pro Fahrzeug bei den Automobilherstellern rund 30 Module sequenzgenau angeliefert. Aus diesem Grund setzen die Hersteller verstärkt auf räumliche Nähe und fordern von ihren Zulieferern, Produktionsstätten in so genannten Zulieferparks in unmittelbarer Nachbarschaft der Automobilwerke anzusiedeln. Hier werden die benötigten Bauteile gefertigt, vormontiert und über spezielle Transportsysteme zur entsprechenden Montagestation im Werk geliefert. Dieses Vorgehen hat entscheidende Vorteile, etwa eine höhere Versorgungssicherheit und die Möglichkeit, schneller auf Veränderungen zu reagieren – von den kürzeren Transportwegen ganz zu schweigen.
Dezentrale Strukturen
Für die Zulieferer bedeutet dies aber auch, dezentrale Strukturen sowie zusätzliche logistische Prozesse zu etablieren und in der IT abzubilden. Dies sind beispielsweise die Disposition von weiteren Zulieferteilen, die Kommunikation mit Sublieferanten, die sequenzgenaue Montage von komplexen Modulen und die Sicherung der Teileversorgung des Automobilherstellers. Mit bestehenden Systemen lässt sich dies häufig nicht oder nur mit einem hohen Aufwand bewerkstelligen. Da die vom Automobilhersteller gewünschte Ansiedlung in einem Zulieferpark oftmals sehr kurzfristig erfolgt, muss die entsprechende IT-Struktur darüber hinaus schnellstmöglich produktiv sein.
Kurzfristig startklar

Gemeinsam mit ihren Partnern T-Systems und Seeburger hat die SAP Deutschland AG eine spezielle JIT/JIS-Lösung entwickelt, die Kunden bei diesen Anforderungen unterstützt und es ihnen erspart, eine individuelle Just-In-Time-Software zu entwickeln. Die Lösung ist auf typische Logistik-Prozesse eines JIS-Lieferanten fokussiert und damit äußerst “schlank” und schnell implementierbar. Sie verbindet Bestandteile von SAP for Automotive, etwa die Lieferplanabwicklung für Automobilzulieferer, JIT-Inbound/JIT-Outbound – die Abwicklung eingehender und ausgehender produktionssynchroner Abrufe – Verpackungslogistik, Lieferungs- und Transportabwicklung, mit einer sehr flexiblen JIT-/JIS-Steuerung. Diese wird über so genannte Aktionsmatrizen abgebildet, die eine individuelle Steuerung pro Automobilhersteller, Abladestelle oder Materialnummer erlauben. Komplettiert wird die Lösung durch verschiedene Kommunikations- und Konvertierungswerkzeuge. Dazu gehören OFTP-Adapter (Odette File Transfer Protocol), Mappings und Konvertierungstabellen.
Die Lösung ist bereits vorkonfiguriert und daher rasch und einfach zu installieren: Innerhalb von kurzer Zeit lässt sie sich vollständig implementieren. Der Fokus der Lösung liegt auf der logistischen Abwicklung, etwa Montage, Beschaffung und Lieferung, sowie auf der Abbildung der JIT/JIS-Prozesse. In Ergänzung zur Standardfunktionalität hat T-Systems, ein Special Expertise Partner für SAP for Automotive, Zusatzmodule entwickelt, um die komplexen Anforderungen verschiedener Automobilhersteller optimal abdecken zu können. Dies sind zum Bespiel eine erweiterte Teilegruppenfindung auf Basis des Klassen- und Merkmalsystems oder zusätzliche Sequenzierungsmöglichkeiten bei der gleichzeitigen Belieferung mehrerer Bänder beim Automobilhersteller. Dazu werden von T-Systems entwickelte optimierte und vordefinierte Prozessmodelle verwendet.
Anbindung über IDOC
Die Lösung unterstützt darüber hinaus die Kommunikation mittels EDI (Electronic Data Interchange). Für diesen Part zeichnet der SAP-Partner Seeburger verantwortlich. Ein für die jeweiligen Prozesse maßgeschneidertes System von Seeburger gewährleistet einen sicheren Datenaustausch für die gängigen Normen und berücksichtigt die jeweiligen Herstellerspezifika. Notfallroutinen runden das Lösungsangebot ab.
Aufgrund ihrer offenen Architektur lässt sich die JIT/JIS-Lösung problemlos an die zentrale SAP-Anwendung anbinden. Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Systemen ist über in SAP R/3 vorhandene IDOC-Strukturen realisiert. Abhängig von den spezifischen Anforderungen muss hierzu das zentrale System nicht unbedingt SAP for Automotive installiert haben. Darüber hinaus lässt sich die Lösung auch an Nicht-SAP-Systeme anbinden.
Klare “Arbeitsteilung” zwischen Stammhaus und JIT-Werk

Während die zeitnahen logistischen Prozesse – etwa JIT/JIS-Impulse verarbeiten, Endmontage, sequenzgerechte Anlieferung – über die separate Lösung vor Ort abgebildet werden, laufen die zentralen Funktionen weiterhin im System des Stammwerks. Dazu gehören unter anderem die Bedarfsplanung und Produktion der Halbfabrikate, der Einkauf oder auch die Abwicklung der Zahlungsinformationen und Geldströme mit dem Hersteller. Hierfür sind in der JIT-Lösung verschiedene Ausprägungen vordefiniert, etwa für die unterschiedlichen Abrechnungsformen wie Einzelfaktura oder Tagessammellieferschein.
Die Abwicklung der JIT/JIS-Prozesse lässt sich durch die Aktionsmatrix individuell und einfach realisieren. Herstellerspezifische EDI-Daten werden durch voreingestellte Mappings und Konvertierungsroutinen in das System integriert. Die Lieferinformationen werden auch im zentralen System automatisch nachgeführt und sind somit für alle berechtigten Anwender zeitnah verfügbar.

