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Mitte des Jahres 2001 kam das US-Beratungsunternehmen Giga Information Group zu der Einschätzung, dass im ASP-Markt Erwartungen und tatsächliche Entwicklung auseinanderklaffen. Das ASP-Modell sei ohne sichtbare Zukunft, bilanzierte damals Giga-Analyst David Friedländer. Lars Schwaner, Analyst beim Marktforschungsunternehmen IDC, widerspricht der düsteren Prognose Friedländers. Outsourcing, so Schwaner, sei ein Wachstumsmarkt und auch der Begriff ASP werde überleben. Um künftig erfolgreich zu sein, müssten die Application Service Provider allerdings ihre Strategien dem sich verändernden Markt anpassen.

Verändertes Umfeld

Mitte 2002 legte IDC eine positive Wachstumsprognose für den westeuropäischen ASP-Markt vor. Die Auguren sagten bis 2006 ein Wachstum von 91 Prozent voraus. Nach ihren Schätzungen soll der Branchenumsatz von 258 Millionen US-Dollar im Jahr 2001 auf 6,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2006 nach oben schnellen. Einen wesentlichen Beitrag zu den positiven Voraussagen sollte nach IDC-Angaben die von den Anbietern neu entdeckte Zielgruppe der mittelständischen Unternehmen liefern. Dies ist insofern nachvollziehbar, als sich das Investitionsumfeld in den letzten Jahren deutlich verändert hat. Der Outsourcing-Markt, stellen Analysten der Metagroup fest, ist „in Bewegung“.
Das Beratungsunternehmen Techconsult deutet dies als Resultat einer vorangegangenen Stagnation. SMBs hätten der Y2K- und Euro-Umstellung keine strategische Bedeutung beigemessen, deshalb nur die notwendigsten Maßnahmen zur Erneuerung der IT ergriffen und zudem auf eine strategische Einbindung in IT-Projekte verzichtet. Dieser Verzicht „lässt einen Nachholbedarf erkennen“, wie die Techconsult-Spezialisten trocken formulieren. Ihren Berechnungen zufolge sollen SMBs in diesem Jahr rund 17 Milliarden Euro für Geschäfts-IT ausgeben. Davon entfallen allein auf IT-Dienstleistungen wie Outsourcing, Beratung, Schulung und Wartung rund fünf Milliarden Euro, womit die mittelständischen Firmen für diese Services im Vergleich zu 2002 zwischen 12 und 16 Prozent mehr ausgeben.

ASP im Wandel

Vor diesem Hintergrund gewinnen aktuelle Studien und Analysen, wie sie etwa das internationale Beratungsunternehmen Pierre Audoin Conseil (PAC), HKP Consulting oder die Information Technology Association of America (ITAA) vorlegten, an Gewicht. Trotz Unterschieden im Einzelnen gehen alle Studien von einer Belebung des ASP-Marktes in den nächsten Jahren aus. Diese – so der Konsens – wird vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen getragen werden. Allerdings ist der Mittelstand als Zielgruppe keine homogene Gruppe, sondern stark diversifiziert. Ebenso ist Outsourcing nicht immer mit der „vollständigen Auslagerung beziehungsweise Ausgliederung“ der IT gleichzusetzen, erläutern Metagroup-Analysten. „Während bei kleinen Unternehmen stark standardisierte, Anwendungs bezogene Outsourcing-Arten wie Application Service Providing (ASP), Processing Services, Web Hosting und ‚ASP-ähnliche’ Dienstleistungen im Vordergrund stehen“, schreibt PAC-Analyst Karsten Leclerque, finde man bei mittleren Unternehmen auch komplexeres Applikations-Outsourcing und Infrastruktur bezogene Dienstleistungen wie Desktop- oder Rechenzentrums-Outsourcing.
Nicht nur das potenzielle Kundenumfeld hat sich verändert, auch das ASP-Konzept hat sich inzwischen gewandelt. Die erste ASP-Generation war allein auf den Kostenaspekt ausgerichtet und stellte eine günstigere Alternative zum Kauf lizenzierter Software dar. Dieses Konzept wurde jetzt um den Aspekt einer unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit erweitert. Verschiedene Unternehmen sind miteinander vernetzt und arbeiten auf der gleichen Software-Basis zusammen. Dass dies vor allem für kleine und mittelständische Firmen, beispielsweise aus der Zuliefererindustrie, ein attraktives Modell ist, liegt auf der Hand.

Vertrauen schaffen

Michael Friedewald, Wissenschaftler am Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) und Verfasser der Marktstudie „Application Service Providing“, geht deshalb davon aus, dass künftig ASP-Anbieter mit einer fundierten Branchenkenntnis erfolgreich sind. Voraussetzung hierfür sei, dass potenziellen Kunden zum einen speziell auf sie zugeschnittene Angebote gemacht werden. Zum anderen müssten die ASP-Anbieter „Vertrauen schaffen, indem sie sich mit etablierten Softwareherstellern, die lange am Markt sind und somit große Marktkenntnis haben, verbünden.“ Vertrauen können die ASP-Anbieter durch so genannte Service Level Agreements (SLA), also die Sicherstellung eines bestimmten Qualitätsstandards bei den gelieferten Services, herstellen. Doch oft fehlt gerade kleineren Firmen die Möglichkeit einer Kontrolle.
Softwarehersteller wie die SAP AG gehen deshalb SMBs einerseits über ihre auf den Mittelstand fokussierten Business Partner an, andererseits bietet der Softwarekonzern über seine Tochtergesellschaft SAP Hosting eigene Hosting- und ASP-Serviceleistungen. Um den Kunden größtmögliche Sicherheit und Transparenz zu bieten, werden Partner über ein zweistufiges Zertifizierungsverfahren als Application-Hosting- oder Application-Service-Provision-Partner von den SAP Landesgesellschaften qualifiziert. Auch die EU-Kommission hat inzwischen reagiert und im Rahmen der IST-Initiative (Information Society Technologies) das Forschungsprogramm „Trusted and QoS Aware Provision of Application Services“, kurz TAPAS, ins Leben gerufen. Mittels einer vom TAPAS-Konsortium zu entwickelnden Middleware könnten Kunden SLAs überwachen. ASPs sei es im Gegenzug möglich, in einem formalisierten Verfahren zu eruieren, welche Qualitätsansprüche in puncto Software und Sicherheit an sie gestellt werden.

ROI durch ASP

Fraunhofer Wissenschaftler Friedewald registriert allerdings, dass Mittelständler immer noch „ihre Kundendatenbank oder ihr Warenwirtschaftssystem nur ungern außer Haus geben.“ Hier gebe es eine psychologische Barriere. „Dabei“, so Friedewald weiter, „kann ein ASP-Dienstleister Daten weitaus professioneller managen als ein kleines mittelständisches Unternehmen. Das gilt auch für die Datensicherheit.“ Sicherheit ist aber nur ein Aspekt, der die Entscheidung in puncto ASP beeinflusst. SMBs hinterfragen zudem den Nutzen einer möglichen Investition in ein IT-Mietmodell sehr stark. Der Return on Investment einer solchen Ausgabe muss klar kommuniziert werden. ITAA-Präsident Harris Miller kommt zu dem Schluss, dass es schlichtweg „falsch sei, wenn behauptet wird, dass ASP keine Wertschöpfung generiere“. Rebecca Scholl, Analystin beim US-Marktforscher Gartner, pflichtet bei. Mit der Auslagerung ihrer IT, ergänzt sie, können sich Firmen wieder auf ihr Kerngeschäft fokussieren, die IT-Kosten reduzieren und somit die Wirtschaftlichkeit steigern.
Eine konkrete ROI-Berechnung hat das ASP-Konsortium nach Auswertung von mehreren Erhebungen, unter anderem von NFO Infratest sowie IDC, durchgeführt. Der Verband hat errechnet, dass sich die Investitionen in ASP für Unternehmen bereits nach durchschnittlich 1,3 Jahren amortisieren. Nach fünf Jahren soll ein ROI von 400 Prozent erreicht werden. Auch für Friedewald stehen die wirtschaftlichen Vorteile des ASP-Konzepts für SMBs außer Frage. „Die permanente Pflege von Software kann ein Mittelständler schon wegen des damit verbundenen Personalaufwandes kaum selbst leisten“, erläutert er. „Hier bietet ASP bei geringsten Kosten den größtmöglichen Nutzen.“

Weitere Informationen:

Allgemein:
www.itaa.org/asp
www.asp-konsortium.de
www.cl.cam.ac.uk/~jac22/tapas/tapas.pdf (kurzer Überblick zu Tapas)
www.cordis.lu/ist/home.html
www.isi.fhg.de (Informationen zu IST)
Studien:
www.asp-konsortium.de,
www.gartner.com
www.gigaweb.com
www.hkp-consulting.de
www.idc.com
www.metagroup.de
www.pac-online.de
www.techconsult.de
SAP AG:
www.saphosting.de

Dr. Andreas Schaffry
Dr. Andreas Schaffry