Integrierte Versorgung heißt das Schlagwort, mit dem die Wettbewerbsfähigkeit eines Krankenhauses künftig steht und fällt. Gedacht ist hier an die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und ambulant operierenden Praxen oder an den Aufbau von Versorgungszentren, wie etwa für Tumorerkrankungen der weiblichen Brust. Das Schlagwort Integrierte Versorgung lässt vor allem die Pflegedokumentation in den Vordergrund treten. Die Pflegedokumentation ist der zentrale “Schatz” an Informationen eines Krankenhauses, der beispielsweise als Instrument zur Kommunikation und Steuerung dient; nicht zu vergessen der betriebswirtschaftliche Aspekt als Arbeitsnachweis an den Leistungsträger. Diese beiden Eigenschaften machen es nahezu unumgänglich, die Pflegedokumentation umfassend in das Krankenhaus-Informations-System einzubinden – sowohl unter qualitativen als auch ökonomischen Gesichtspunkten. Neben der Leistungserfassung, wie sie beispielsweise mit SAP-Systemen in vielen Krankenhäusern realisiert ist, müssen die individuelle Patienten-Historie und patientenübergreifende Daten Teil der Konzeption eines ganzheitlichen Krankenhaus-Informations-Systems werden.
Optimaler Informationsfluss zwischen dem Pflegepersonal
Neben Datensicherheit und Absicherung gegen einen unbefugten Zugriff durch Verfahren der Kryptografie ist bei der elektronischen beziehungsweise digitalen Pflegedokumentation der Schutz vor Informationsverlusten und Übertragungsfehlern zu berücksichtigen. Die beiden zuerst genannten Punkte müssen im IT-Risikomanagement intensiv behandelt werden – eine internationale Aufgabenstellung. So sind in Deutschland beispielsweise die Auflagen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz (KontraG) sowie die Kriterien des bevorstehenden Ratings von Kreditrisiken im Sinne von Basel II zu beachten. In den USA wiederum liegt diesbezüglich eine aktuelle Studie des Computer Security Institute und der amerikanischen Bundespolizei FBI vor: Gravierende Mängel bei der IT-Sicherheit in den Vereinigten Staaten wurden hier zum siebten Mal in Folge testiert. Was den Schutz vor Informationsverlusten und Übertragungsfehlern anbelangt, so betreffen sie die Integration der Pflegedokumentation in das Krankenhaus-Informations-System und den Umgang mit der Dokumentation. Wenig sinnvoll ist es beispielsweise, einen stationären Dokumentationsarbeitsplatz im Schwesternzimmer einzurichten und die Pflegefachkraft mit einem Notizblock zwischen Krankenzimmer und Arbeitsplatz hin und her pendeln zu lassen. Versäumnisse und Fehler bei der Übertragung wären hier vorprogrammiert.
Nur über eine nahtlose Integration ist ein optimaler Informationsfluss zwischen Pflegenden, Ärzten und anderen an der Versorgung des Patienten beteiligten Berufsgruppen im Krankenhaus gewährleistet. Bei der Übernahme eines Behandlungsfalls muss die Pflegefachkraft genau über den Pflegezustand des Patienten informiert sein. Der elektronischen Dokumentation muss daher beispielsweise zu entnehmen sein, welche Handlungen gemeinsam mit den Patienten durchzuführen sind und was der Patient alleine für sich tun kann. Formulare, die bereits in der “klassischen”, papiergebundenen Pflegedokumentation geführt wurden, müssen sich in der elektronischen Anwendung wieder finden. Dazu zählen etwa ausführliche Berichte zur Pflegeanamnese, die den Zustand des Patienten bei dessen Aufnahme dokumentieren, oder die “Fieberkurve”, also alle messbaren Daten des Patienten im Wochenüberblick.
Pflegedokumentation muss die Mitarbeiter führen
Wesentlich ist dabei, dass die integrierte Lösung auch Anforderungen hinsichtlich der Ergonomie erfüllt und den Anwender nicht in ihrer Komplexität überfordert. Der Umfang der abverlangten Daten wächst stetig, zudem werden die Informationen für das medizinische Controlling, für das Personal-, Ressourcen-, Prozess- und Qualitätsmanagement sowie für die Abrechnung benötigt. Das in der Vergangenheit verwendete Verfahren, extern benötigte Daten aus der papiergebundenen Pflegedokumentation in ein separates System zu überführen, war aufgrund der zeitaufwändigen Doppelerfassung und der Fehleranfälligkeit bei den Mitarbeitern nur auf wenig Gegenliebe gestoßen. Im Gegensatz dazu muss also eine digitale Pflegedokumentation die Pflegefachkraft führen, beispielsweise über eine selbst erklärende Oberfläche, und für die Mitarbeiter somit einen unverzichtbaren Mehrwert schaffen.
In übersichtlicher Form als effektives und verständliches Instrument lässt sich der Anwendung dann jeweils der aktuelle Ist-Zustand und der Pflegeverlauf des Patienten entnehmen. Sie liefert auf diese Weise die Grundlage für eine reibungslose Versorgung. Letztendlich ermöglichen es Daten aus der Pflege, die Kostenträgerrechnung oder die Vor- und Nachkalkulation von Sonderentgelten oder Fallpauschalen zu präzisieren. Nur über ganzheitliche und integrative Pflege- und Medizinische-Informationssysteme lässt sich diese Dokumentation nachhaltig verbessern. Die einzelnen pflegerischen Handlungen sind für alle Beteiligten transparent. Die Folge: Die Arbeitsbelastung der am Behandlungs- und Pflegeprozess beteiligten Akteure sinkt.
Zufriedene Patienten, sinkende Kosten…
Der Nutzen potenziert sich, wenn Daten beispielsweise über mobile Erfassungssysteme direkt vom Krankenbett aus in die Pflegedokumentation übertragen werden. Umgekehrt stehen auf diese Weise relevante Daten bei der Visite direkt zur Verfügung. Der behandelnde Arzt ist damit darüber hinaus in der Lage, vom Krankenbett aus Anforderungen an die verschiedenen Leistungsstellen zu generieren. Und nicht zuletzt lässt sich das berechtigte Interesse des Patienten an einer schnellen Auskunft befriedigen. Aber auch unabhängig von der mobilen Komponente führt die elektronische Pflegedokumentation zu einer höheren Patientenzufriedenheit; zum Beispiel durch einen verminderten Untersuchungsaufwand, wenn etwa unnötige Röntgenaufnahmen entfallen.
Mit der über die digitale Pflegedokumentation erzielten Transparenz lassen sich also Tages- und Arbeitsabläufe hinterfragen. Neuere Studien gehen von einer Zeitersparnis von etwa 16 Prozent aus, alleine wenn Patientendaten und Untersuchungsergebnisse rascher auffindbar sind. 18 Prozent der Kosten lassen sich vermeiden, wenn eine redundante Datenhaltung entfällt. Im Einzelfall lassen sich pro Patient sogar 25 Prozent der Kosten einsparen. Der positive Einfluss auf die Arbeitsorganisation ist aber nur die eine Seite. Neben einer nachhaltigen Rationalisierung der Prozesse, einer Verbesserung der Kommunikation und Optimierung der Behandlungsqualität führt die Transparenz mitunter auch zu einem Mehr an Eigenverantwortung der Pflegenden – und baut somit Unzufriedenheit ab.
…nur bei vollständiger Integration
International werden zudem auch Fragen der Qualitätssicherung und Zertifizierung für Krankenhausleistungen diskutiert. Zahlreiche Organisationen beschäftigen sich damit, die Qualität der erbrachten Leistungen zu hinterfragen: In Deutschland beispielsweise die Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus (KTQ), in den USA die Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO) und in Frankreich die Agence Nationale d’Accréditation et d’Evaluation en Santé (ANAES). Für Krankenhäuser in Deutschland wird zudem 2004 die Abrechung nach Fallpauschalen (DRG) eingeführt, ab 2005 gilt zudem die gesetzliche Verpflichtung, einen Qualitätsbericht zu publizieren. Die bevorstehenden Zertifizierungsverfahren sind international ein großer Anreiz dafür, eine digitale Pflegedokumentation einzuführen.
Der Behandlungs- und Pflegeprozess, beginnend bei der Patientenaufnahme bis hin zur Verlegung oder Entlassung, lässt sich jedoch nur dann Erfolg versprechend mit einer elektronischen Pflegedokumentation abbilden, wenn diese nahtlos in das zentrale Informations-System eingebettet ist. Auch eine eventuelle mobile Erfassung muss mit dem entsprechenden ERP-System, beispielsweise einer SAP-Lösung, synchronisiert sein. Darüber hinaus muss der Befund-Workflow erstellt sein, damit eine umfassend strukturierte und formalisierte Behandlungsdokumentation gewährleistet ist. Benötigt wird eine digitale Pflegedokumentation, in der sich alle Leistungsstellen eines Krankenhauses abbilden lassen. Nur wenn die Dokumentation vollständig in das betriebswirtschaftliche Backend eingebunden ist, lassen sich daraus auch abrechnungsrelevante Daten generieren – als Garant der Erlössicherung der Krankenhäuser und als relevanter Faktor im Wettbewerb der Leistungsträger.
