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Benchmark-Studie
Benchmark-Studie

Unternehmen der Fertigungsindustrie stehen weltweit unter Druck, ihre Kosten zu senken, innovative Produkte auf den Markt zu bringen und in neue Märkte zu expandieren. Sie verlagern daher ihre Fertigungsstandorte und erweitern die Lieferketten und andere Prozesse über ihre Heimatregionen hinaus. Doch je weiter die geographische Expansion reicht, desto mehr steigt die Komplexität und Fragmentierung der Wertschöpfungskette. Hersteller, die ihre Produkte in aller Welt herstellen und verkaufen und Waren von überall her beziehen, haben damit zu kämpfen, die verschiedenen Bereiche effizient miteinander zu verbinden, um auf diese Weise ihren Umsatz zu steigern. Viele Unternehmen reagieren allerdings recht merkwürdig auf die zunehmende Komplexität der Lieferkette, wie eine Benchmark-Studie von Deloitte zeigt. Die Untersuchung, für die 600 Unternehmen aus Nordamerika und Europa befragt wurden, deckt fünf Paradoxien des Supply-Chain-Managements auf:

  • Das Optimierungs-Paradox: Trotz der Globalisierung werden Lieferketten zum Großteil auf lokaler Ebene optimiert. Dabei legen Unternehmen den Schwerpunkt auf isolierte Aktivitäten und verbessern beispielsweise einen einzelnen Fertigungsprozess oder einen Transportweg. Dieses Vorgehen übersieht das Einsparpotenzial und die Möglichkeiten zur Gewinnsteigerung, die sich mit weltweit ganzheitlich gestalteten Wertschöpfungsketten erzielen lassen.
  • Das Innovations-Paradox: Auf der einen Seite weisen Hersteller darauf hin, die Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen sei der wichtigste Faktor für das Umsatzwachstum. Auf der anderen Seite hat es für viele nur eine niedrige Priorität, Produktinnovationen zu unterstützen und die Zeiten zur Markteinführung zu verkürzen.
  • Das Flexibilitäts-Paradox: Sind Fertigung, Logistik und Konstruktion auf weit entfernte Regionen verteilt, ist es naturgemäß schwierig, flexible Lieferketten aufzubauen und zu pflegen.
  • Das Risiko-Paradox: Fast alle Teilnehmer der Studie messen einer gleich bleibend hohen Produktqualität eine entscheidende Bedeutung bei. Gleichzeitig aber erhöhen die vorherrschenden, bruchstückhaften Initiativen im Bereich des Supply-Chain-Managements ein potenzielles Risiko für die Qualität.
  • Das Paradox der Zusammenarbeit mit Kunden: Weniger als acht Prozent der Befragten arbeiten eng mit ihren Kunden zusammen, obwohl die meisten den Kundenservice als äußerst wichtig ansehen.

Es überrascht kaum, dass Unternehmen nicht lange das eine sagen und das andere tun können, ohne Kosten zu verursachen. Diese Erkenntnis spiegelt sich in den Umfrageergebnissen wider. Mehr als ein Drittel (28 Prozent) der Befragten weist für das vergangene Jahr Umsatzrenditen von weniger als fünf Prozent oder sogar einen Verlust aus. Dementsprechend verfehlte mehr als ein Drittel die Ziele in Bezug auf Börsenwert, Wachstum von Marktanteilen, Profitabilität und Gesamtkapitalrendite.

Synchronisierung als Rettungsanker

Das Dilemma der komplexen Wertschöpfungsketten hat aber auch eine andere Seite: Eine kleine Gruppe von Unternehmen – sieben Prozent der Befragten – gedeiht prächtig und zeigt in Bereichen wie Produktinnovation, Markteinführungszeit, Produktqualität und Kundenservice glänzende Leistungen. Erstaunlicherweise erreichen diese “Komplexitätsmeister” eine um 73 Prozent höhere Gewinnspanne als vergleichbare Unternehmen.
Was aber macht den Wettbewerbsvorteil der “Komplexitätsmeister” aus? Zunächst einmal sind diese Unternehmen bei der Synchronisierung ihrer Kunden-, Produktentwicklungs- und Supply-Chain-Prozesse weiter vorangeschritten. Sie behandeln beispielsweise ihre Produktlebenszyklen eher als “Gewinnzyklen” – wobei eine Reihe koordinierter Aktivitäten den größtmöglichen Gewinn aus jedem Produkt oder jeder Produktlinie herausholen soll. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten Manager aus den Bereichen Kundenbeziehungen, Produktentwicklung und Supply-Chain-Management das ganze Jahr zusammen. Sie entwerfen gemeinsam Strategien, Produkte, Fertigungsprozesse, Marketing- und Verkaufskampagnen sowie Kundenserviceprogramme. “Komplexitätsmeister” beziehen viel häufiger als andere Unternehmen Aspekte der Qualitätssicherung und Fertigung in den Produktentwicklungsprozess ein und arbeiten gemeinsam mit ihren Kunden an neuen Produktdesigns.
Die Fähigkeit dieser Unternehmen, ihre Abläufe zu synchronisieren, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst: Erstens sind sie erfahren darin, Technologie jenseits traditioneller ERP-Software zu nutzen. Dazu zählen Technologien, die Kunden-, Produktentwicklungs- und Supply-Chain-Prozesse abdecken und die Kooperation, Transparenz und Flexibilität voranbringen, etwa Customer Relationship Management (CRM), Product Data Management/Product Lifecycle Management (PDM/PLM) oder Advanced Planning & Scheduling (APS). Zweitens verfolgen sie bei fast jedem Aspekt der Lieferkettenoptimierung einen globalen, kooperativen Ansatz. Nicht nur was sie tun, sondern auch wie sie es tun unterscheidet sie also von anderen Unternehmen.

Neun Grundsätze, um Komplexität zu meistern

Bei genauerer Betrachtung der Perspektiven und Praktiken dieser hoch profitablen Unternehmen werden neun Grundsätze deutlich, um Komplexität zu meistern:

  • Das Supply-Chain-Netzwerk auf Basis der Unternehmensstrategie optimieren.
  • Eine globale Supply-Chain-Organisation.
  • Synchronisierte Anstrengungen über Kunden, Produkte und Lieferketten hinweg.
  • Integrierte Produktentwicklungsprozesse.
  • Das Betriebskapital gilt als Bestandteil des Supply-Chain-Designs und -Managements.
  • Hohe Flexibilität und Reaktionsbereitschaft.
  • Eine integrierte Supply-Chain-Planung.
  • Solide Metriken und Messtechniken.
  • Ein Mechanismus für die Supply-Chain-Zusammenarbeit
Reifegrade
Reifegrade

Jeder dieser Grundsätze besitzt verschiedene Reifegrade. Das Ziel ist die obere Ebene, auf der die “Komplexitätsmeister” agieren. Allerdings wäre es unrealistisch anzunehmen, dass ein Unternehmen dies auf Anhieb schaffen kann. Stattdessen sollten Unternehmen einen Plan entwickeln, um ihre Lieferketten schrittweise voranzubringen. Dieser sollte strukturieren, in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht, und entsprechende Prioritäten setzen. Spezielle Werkzeuge helfen, einen solchen Plan auszuarbeiten. Die “Supply Chain Value Map” von Deloitte beispielsweise unterstützt Unternehmen beim Identifizieren derjenigen Supply-Chain-Prozesse, die den größten Wert schaffen. Zudem lassen sich damit leichter geeignete Verbesserungsmaßnahmen bestimmen sowie Softwarelösungen zur Prozessunterstützung auswählen.
Alle Bereiche einer Lieferkette werden nach dem gleichen Vorgehen verbessert:

  • Ist-Zustand bewerten.
  • Schwachstellen identifizieren.
  • Möglichkeiten identifizieren und quantifizieren.
  • Vorgehen planen.
  • Erfolgskriterien definieren.
  • Ausführen, überwachen und verbessern.

Die ERP-Basis ergänzen

Bei jedem Verbesserungsprojekt in der Lieferkette spielt Technologie eine entscheidende Rolle – wenn auch nicht notwendigerweise die erwartete. Die Studie hat gezeigt, dass eine gemeinsame ERP-Plattform ein wesentlicher Schritt für weltweit operierende Unternehmen ist – eine Art Qualifikationskriterium für die Wettbewerbsfähigkeit. Allerdings reicht dies allein nicht aus, um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Die wirklich herausragenden Unternehmen ergänzen ihre ERP-Basis durch Werkzeuge, die ihre Entscheidungsfindung unterstützen. Dabei schöpfen sie das volle Spektrum an Funktionalität aus, das beispielsweise SAP-Lösungen bietet. Das bedeutet im Fall von SAP unter anderem, über die Transaktionsabläufe von SAP R/3 hinaus die umfangreiche, Internet-fähige Funktionalität von mySAP Supply Chain Management (mySAP SCM) für die Prozessoptimierung, Entscheidungsunterstützung und Kooperation zu nutzen.

Das Angebot von mySAP SCM
Das Angebot von mySAP SCM

Anders als ERP-Implementierungen, die meist durch die IT vorangetrieben wurden, werden SCM-Implementierungen in der Regel durch “Functional Champions” und “Business Champions” definiert. Sie sind viel stärker auf die Effizienz und Effektivität von Geschäftsprozessen ausgerichtet. Bei einem modularen Implementierungsansatz können Unternehmen die Gewinne, die sie mit einer bestimmten SCM-Lösung erzielen, dazu verwenden, die Kosten auszugleichen und die nächste Stufe zu finanzieren. Auf diese Weise lässt sich der finanzielle Aufwand für eine IT-Investition im Kostenvoranschlag mit Erträgen rechtfertigen, die mit einiger Sicherheit zu erwarten sind. Es wäre vor diesem Hintergrund also ein großer Fehler, wenn Unternehmen die gängigen Paradoxien aus Budgetgründen hinnehmen würden.

Das Ziel heißt Meisterschaft

Die Komplexität der Wertschöpfungskette zu meistern, wird schnell zu einem neuen, wichtigen Auftrag für Unternehmen. Sie werden daher daran gehen, ihre SCM-Kompetenz zu verbessern. Da sich der Trend, Teile der Wertschöpfungskette in Niedriglohnländer zu verlagern und die Innovationszyklen zu verkürzen, weiter verstärkt, werden die Unternehmensprozesse in den nächsten Jahren noch komplexer. Um hier zu bestehen, müssen Unternehmen jeder Größenordnung schnell handeln und ihre Kunden-, Produkt- und Lieferkettenprozesse besser synchronisieren. Glücklicherweise haben die “Komplexitätsmeister” bewiesen, dass dies möglich ist. Darüber hinaus haben sie den Weg für andere Unternehmen bereitet, die aus ihren Erfahrungen lernen können.

Scott Akmann
Scott Akmann