
“Infineon beschafft jährlich Waren und Dienstleistungen im Wert von drei bis vier Milliarden Euro. Um die Transparenz im Einkauf zu erhöhen und weitere Einsparungen zu erzielen, haben wir ein Projekt zur Analyse der Beschaffungsprozesse angestoßen”, berichtet Peter Reischl, Einkaufsleiter beim Halbleiterhersteller Infineon. Bisher war es sehr aufwändig, einen monatlichen Überblick über das gesamte Einkaufsvolumen im Infineon-Konzern zu erhalten. Der Halbleiterhersteller setzt zwar im gesamten Konzern auf SAP R/3, aber die Systeme waren nicht harmonisiert. Die einzelnen Standorte erstellten Auswertungen mit SAP-R/3-Werkzeugen und schickten MS-Excel-Sheets nach München. Dort wurden die Zahlen zusammengeführt. “Ein weltweiter Report war das Ergebnis von manuell konsolidierten Excel-Tabellen mit Daten aus neun lokalen Systemen,” erläutert Thomas Uhlik, Projektleiter Spend Analysis bei Infineon. Das Unternehmen entschied deshalb, die Einkaufsdaten aus den weltweit im Einsatz befindlichen SAP-R/3-Komponenten Materialwirtschaft und Finanzwesen in einem Data Warehouse zu integrieren und auszuwerten.
Zukunftssichere Lösung
Als Lösung wählte Infineon SAP Business Information Warehouse (SAP BW). “Wir haben uns für SAP BW entschieden, weil das Data Warehouse von SAP eine zukunftssichere Lösung ist, die sich über standardisierte Schnittstellen leicht mit unterschiedlichen Release-Ständen und Ausprägungen unserer SAP-R/3-Systeme integrieren lässt,” begründet Uhlik. Für SAP BW sprach weiterhin die Einbindung des weltweiten D-U-N-S-Firmenkennzeichnungssystems von Dun & Bradstreet (D&B). D-U-N-S steht für Data Universal Numbering System. Dieser Zahlencode erlaubt es, jedes Unternehmen eindeutig zu identifizieren und zu qualifizieren. Dadurch lassen sich beispielsweise Lieferantendaten regelmäßig konsolidieren und aktualisieren sowie Konzernzugehörigkeiten erkennen.
Einen weiteren Vorteil bot Web Reporting im Rahmen von SAP BW. “Der Zugriff auf Berichte und Auswertungen über das Internet war aus pragmatischen Gründen ein wichtiges Kriterium,” berichtet Uhlik, “denn dadurch mussten auf den lokalen PCs in aller Welt keine eigenen Präsentationsoberflächen installiert werden. Mit Web Reporting greifen die Anwender einfach über ihren Browser zu.”
Effiziente Beratung führt zum Erfolg
Im Vorfeld des Spend-Analysis-Projektes erstellte die beauftragte SAP Consulting einen Implementierungsvorschlag auf Basis der Methodik Accellerated SAP (ASAP). Im Rahmen der fünf Phasen dieser Implementierungsmethodik wurde nach einer kurzen Projektvorbereitungsphase innerhalb von sechs Wochen in der Business-Blueprint-Phase gemeinsam mit Infineon eine Machbarkeitsstudie und ein Lösungskonzept erarbeitet. Als Nachweis für die Rentabilität von SAP BW dienten mehrere Vorschläge für Prozessverbesserungen sowie aufgezeigte Einsparungspotenziale. Im Oktober 2002 begann die technische Realisierung des Lösungskonzepts. Diese Phase mündete im Januar in der Überführung in die Produktivumgebung und schließlich nach nur knapp vier Monaten Mitte Februar 2003 in den Live-Start. “Durch die enge Zusammenarbeit mit der Beratung von SAP war es uns möglich, den vorgegebenen Zeitrahmen einzuhalten und deutlich unter den kalkulierten Kosten zu bleiben”, skizziert Peter Reischl den Erfolg. Ein professionelles und straffes Projektmanagement ermöglichte eine Einsparung an Manntagen von rund 30 Prozent – nicht zuletzt, weil die SAP Berater alle Projektphasen kompetent und teilweise durch Remote-Betreuung effizient unterstützt haben.
Die Spend-Analysis-Lösung wurde nach den bewährten Methoden und Tools des SAP Consulting eingeführt. Dies hat in Verbindung mit der Nutzung des SAP BW Business Content zu einem reibungslosen und schnellen Projektverlauf, da Infineon die mitgelieferten Templates des Business Content zu annähernd 100 Prozent übernahm. “Durch die vorkonfigurierten Berichts- und Analyseszenarien konnten wir unsere eigenen Bedürfnisse schnell in Berichte und Auswertungen umsetzen”, berichtet Uhlik. Da bei Infineon die vordefinierten Berichte bis auf Materialebene reichen und die Materialstammdaten je nach Standort unterschiedlich sind, war es teilweise notwendig, den Business Content anzupassen. Harmonisierte Stammdaten sollen in etwa ein bis zwei Jahren vorliegen.
Alles unter einem Hut

“Neun SAP-R/3-Systeme mit Release-Ständen von 4.0 bis 4.6, unterschiedlichen Sprachen und unterschiedlichem Customizing unter einen Hut zu bringen – das war nicht einfach,” erinnert sich Thomas Uhlik. Im Projektverlauf hat Infineon auch die rund 450 Warengruppen vereinheitlicht. Heute bedienen sich rund 100 Anwender des SAP BW – darunter 25 weltweit verantwortliche Einkäufer (Core Commodity Manager) sowie Mitarbeiter im Einkaufscontrolling und die Standorteinkaufsleiter.
Infineon lädt Daten aus der SAP-R/3-Komponente Materialwirtschaft zu allen Warengruppen – die Bewegungsdaten wöchentlich, die Stammdaten alle vier Wochen. Einmal im Monat werden zudem die Daten von rund 30.000 Kreditoren mit der D&B-Datenbank abgeglichen. Das gesamte Datenvolumen, das mit SAP BW bearbeitet wird, beträgt zurzeit 20 Gigabyte.
Konkreter wirtschaftlicher Nutzen
“Mit SAP BW haben wir heute Detailinformationen zum gesamten Einkaufsvolumen, und zwar übersichtlich und auf Knopfdruck statt wie bisher auf schwer zu konsolidierenden Excel-Listen,” sagt Martina Kamm, eine Power-Anwenderin aus dem zentralen Einkauf von Infineon in München. Bei den Anwendern kommt vor allem die selbsterklärende Navigation und die einfache Handhabung des Web Reportings gut an. SAP BW liefert zudem eine gute Performance.
Mit ersten quantifizierbaren Einsparungen durch SAP BW rechnet das Unternehmen ab dem Geschäftsjahr 2003/2004, das am 1. Oktober 2003 beginnt. “Da wir heute genau wissen, was wir bei wem in welcher Menge einkaufen, werden wir von der neu gewonnenen Transparenz profitieren,” sagt Reischl, “wir können Einkaufsvolumen bei einzelnen Lieferanten stärker bündeln und dadurch bessere Preise erzielen.” Durch Volumenbündelung und Lieferantenreduzierung rechnet Infineon mit Einsparungen von drei bis fünf Prozent. “Dank des konkreten wirtschaftlichen Nutzens wird sich das SAP-BW-Projekt innerhalb eines Jahres amortisiert haben und so einen schnellen Return on Investment erzielen,” ist sich Reischl sicher.
Die nächsten Schritte
Nach der erfolgreichen Einführung von SAP BW ist geplant, bald weitere Werkzeuge aus der SAP-Lösung mySAP Supplier Relationship Management zu implementieren. Für ausgewählte Produkte soll eine elektronische, katalogbasierte Beschaffungslösung eingeführt werden. Entsprechende Lösungen werden derzeit geprüft, darunter auch der SAP Enterprise Buyer Professional (SAP EBP).
Darüber hinaus soll ein Report für Konsignationslager erstellt werden, denn zur weiteren Kosteneinsparung will Infineon dieses Modell stärker nutzen. Dabei liefert der Verkäufer zwar Ware in ein Infineon-Lager, sie wird aber erst bezahlt, wenn sie tatsächlich abgerufen wird. Dadurch spart Infineon Kapitalkosten für die gelagerte Ware. Um von diesem Modell mehr zu profitieren, muss bekannt sein, welche Warengruppen bereits über Konsignationslager laufen. Diese Information liefert der geplante Bericht.