>

Von einer Hausse will zwar niemand reden, doch die Wirtschaft wird sich im Jahr 2004 erholen – und dementsprechend dürften auch die IT-Ausgaben der Unternehmen steigen. Steve Butler, Senior-Analyst bei eMarketer in New York, geht von einem fünfprozentigen Wachstum der IT-Ausgaben aus. “Das ist nicht überragend, es ist ein mäßiges oder leichtes Wachstum, ein Zeichen dafür, dass die Talsohle erreicht ist und wir uns auf dem Weg nach oben befinden”, erklärt Butler.
Insgesamt ist das eine gute Neuigkeit für die Anbieter von Produkten rund um das Enterprise Resource Planning (ERP) und anderer Software, die einige magere Jahre hinter sich haben. Mit dem Zusammenbruch der Dot-coms reduzierten die Unternehmen ihre IT-Ausgaben drastisch, um ihr Jahresziel zu erreichen. “Der Drang zur Kosteneinsparung hat nachgelassen. Umfragen ergeben, dass Unternehmen ihr Budget für IT-Ausgaben sogar leicht erhöhen,” so Butler weiter.
Wie es aussieht führen kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) den Aufwärtstrend an. “Große Unternehmen haben bereits viel Geld in IT-Implementierungen gesteckt. Bei diesen Unternehmen steckt noch eine Menge Geld in Releasewechseln, der Wartung sowie in modularen Erweiterungen dieser Implementierungen. Der neue und größere Markt ist jedoch im Bereich der KMU zu sehen”, betonte der Analyst.
Eine Prognose, die SAP sehr begrüßt. Denn beispielsweise lassen sich mit der Lösung für kleine Unternehmen, SAP Business One, die Operationen des Kerngeschäfts wie etwa Buchführung, Rechnungslegung, Verkauf, Vertrieb oder Einkauf einfach abwickeln. Über 2500 Kunden weltweit setzten daher derzeit bereits auf SAP Business One.

Interesse an Business-to-Business-Projekten wieder erwacht

“Millionen und aber Millionen kleine und mittlere Unternehmen machen den Verkauf von Software in diesem Markt zu einem Geschäft von mehreren Milliarden Dollar”, rechnet Butler in seinem Bericht “Trends in SMB IT and E-Business Spending” vom Januar 2004 vor. ERP-Anbieter wie SAP werden davon profitieren, indem sie neue Kunden im KMU-Bereich gewinnen. Butler weist auf Daten des Marktforschungsunternehmens International Data Corp. (IDC) hin, nach denen 50 Prozent des Wachstums bei IT-Ausgaben im Jahre 2003 auf die KMU entfallen.
Ein willkommener Wandel. Seit der wirtschaftlichen Stagnation nach Beginn des neuen Jahrtausends sitzen die KMU in den Startlöchern. Der Rezession wegen wurden Projekte, die IT aufzurüsten, gestoppt oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Mit der nun anziehenden Wirtschaft, ist auch das Interesse an IT wieder erwacht. Das gilt insbesondere für Business-to-Business-Projekten. “Die Käufer sind dafür bereit”, urteilt Butler. “In den vergangenen Jahren haben die Anbieter ihre Produkte auf die Bedürfnisse der kleinen und mittelständischen Unternehmen zugeschnitten.”
Zumindest in den USA haben die KMU einen weiteren, einzigartigen und riesengroßen Anreiz dafür, in die IT zu investieren. “Vor 2003 konnten KMU in den USA $25.000 der Investitionskosten abschreiben. Jetzt sind es bis zu $100.000. Das ist gut so und wird auch bis einschließlich 2005 so bleiben”, sagt Butler. Diese Abschreibung der Kapitalbindungskosten von steuerpflichtigen Einnahmen, könnte die KMU dazu anspornen, ihre zögerliche Haltung rasch aufzugeben.

Analyse der Trends für IT-Ausgaben

Viele der großen Marktforschungsunternehmen haben ihre Schätzungen der IT-Ausgaben für 2004 auf den neusten Stand gebracht. IDC beispielsweise prognostiziert, dass die IT-Ausgaben von $1Milliarde im Jahre 2003 auf $2 Milliarden im Jahre 2004 ansteigen werden. Im Jahr 2007 sollen die IT-Ausgaben sogar $4,6 Milliarden betragen.
Auch das Marktforschungsunternehmen AMR Research hat im dritten Quartal des Jahres 2003 eine Umfrage zu IT-Ausgaben durchgeführt. 47 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, ihren IT-Haushalt in den folgenden 12 Monaten erhöhen zu wollen. Diese Zahl passt recht gut zu den 27 Prozent der befragten Unternehmen, die eine solche Erhöhung bereits ein Jahr vorher angekündigt hatten.
Das Marktforschungsunternehmen In-Stat/MDR schätzt, dass die IT-Ausgaben dieses Jahr um 4 Prozent steigen. Im dem Bericht ist zu lesen, dass die Unternehmen im Jahr 2003 über $234 Milliarden für Informationstechnologie ausgegeben haben, 4 Prozent mehr als 2002. Bis 2008, so In-Stat/MDR, werden die Unternehmen über $275 Milliarden für IT ausgeben, Produkte, Dienstleistungen und Humankapital inklusive.
“In den kommenden Jahren werden die Unternehmen voraussichtlich die Verwendung von Technologie viel stärker nach strategischen Gesichtspunkten bewerten”, ist einer aktuellen Pressenotiz von In-Stat/MDR zu entnehmen. “Sie suchen nach Lösungen, mit denen sie bestehende Ressourcen effizienter nutzen können, und Dienstleistungen, die vorhandene IT-Fertigkeiten vervollständigen oder optimieren.” Derzeit beträgt der Anteil der großen Unternehmen an den geschäftsbezogenen IT-Ausgaben 45 Prozent, so die Meldung weiter. Dieser Anteil wird bis zum Jahr 2008 voraussichtlich auf 42 Prozent sinken.

In-Stat/MDR rechnet weiterhin damit, dass die jährlichen IT-Ausgaben der großen Unternehmen von 2004 bis 2006 rückläufig sein werden, weil sich diese Unternehmen konsolidieren. Bei Unternehmen zwischen 1000 und 4999 Mitarbeitern hingegen wird mehr Wachstum erwartet. Dem Bericht zufolge werden die IT-Ausgaben insgesamt nach 2007 wieder ansteigen.
Weniger Grund zur Freude geben die Prognosen von Gartner. Laut einem Bericht von Mitte Dezember lagen die Ausgaben der US-Unternehmen weiterhin unter dem Haushalt. Die Daten werden monatlich erhoben und stammen vom Gartner Technology Demand Index. “Im vierten Quartal sind die Ausgaben nicht so sehr gestiegen wie es nötig gewesen wäre, damit sich die IT-Ausgaben Anfang 2004 in allen Kategorien auf einer breiten Basis hätten erholen können,” schreibt David Hankin, Senior Vice President bei Gartner.
NOP World aus Großbritannien rechnet damit, dass die IT-Ausgaben in den USA im Jahre 2004 höher liegen werden als die in Europa. Die Wachstumsrate für IT-Ausgaben in Deutschland liegt jedoch bei 5,8 Prozent und ist somit vergleichbar mit der prognostizierten Wachstumsrate von 6 Prozent in den USA. Die durchschnittliche Wachstumsrate in Großbritannien liegt bei 4,7 Prozent, in Frankreich bei nur 2,6 Prozent.
Nach Analysen des European Information Technology Observatory wiederum soll sich 2004 der westeuropäische Markt für Informationstechnik unter Einschluss der Telekommunikation mit einem Plus von 3,1 Prozent weiter beschleunigen und der Branche 609 Milliarden Euro Umsatz bringen.
Für Deutschland rechnet der Verband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien BITKOM mit einem Wachstum von 2,2 Prozent. Jedes zehnte Unternehmen – so BITKOM – erwarte sogar ein kräftiges, zweistelliges Plus. Ein Fünftel der Anbieter von Informations- und Kommunikationssystemen geht von einem zumindest stabilen Geschäft aus

Und wer profitiert am meisten?

Nach Butlers Aussage erwarten Führungskräfte, die IT-Systeme kaufen oder einen Releasewechsel vornehmen, viel für ihr Geld erwarten und 2004 einen bewährten ROI erzielen möchten. Insbesondere weil die vergangenen Jahre sehr schwierig waren, werden die Unternehmen von den Verkäufern ausführliche Fallstudien verlangen, die ein solides “Business-Case” für Aufwendungen darstellen.
Welche Technologien werden also 2004 die Verkaufsschlager sein? “Sicherheit ist ein großes Thema, von Antivirenprogrammen über E-Mail-Schutz bis hin zur Netzwerksicherheit”, antwortete Butler. Speichersysteme werden nachgefragt, weil die Unternehmen immer mehr digitale Inhalte produzieren, deren Ausmaße ins Unermessliche zu steigen drohen.
Unternehmen sind heute auf die Infrastruktur fokussiert und die Frage, wie sie sich die internen Applikationen besser integrieren lassen, so Butler weiter. Zu diesen Fragestellungen zählt beispielsweise die Installation einer neuen ERP-Lösung oder einer Software, die eine bestehende ERP-Anwendung mit anderen Systemen verbindet. Naturgemäß wollen die Unternehmen so viel wie möglich aus ihren bestehenden IT-Systemen herausholen. Sie werden sich daher beispielsweise dafür entscheiden, die Beschaffungsaufgaben an das Customer Relationship Management zu koppeln. Von dieser Verlagerung werden große Anbieter wie SAP profitieren, unterstreicht Butler.
“Es gibt auch eine interessante Verlagerung hin zur Sales Force Automation (SFA), der Vertriebsunterstützung. Bereits im vergangenen Jahr gab es dafür Anzeichen”, so Butler. Mit sich verschlechternder Wirtschaftslage waren die Unternehmen logischer Weise darauf bedacht, ihre profitablen Kunden zu behalten. Jetzt beginnen sie damit, sich umzusehen, welche Technologie die Wettbewerber verwenden. Einige Unternehmen werden sich dazu entschließen, ihren CRM-Suites SFA-Lösungen hinzuzufügen, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Das wird den Vertrieb der SFA-Software ankurbeln, betont Butler.

Sicherheit, ERP und CRM stehen oben auf dem Wunschzettel

Auch NOP erwartet, dass Sicherheitssoftware 2004 der Verkaufsschlager sein wird, mit Umsätzen, die um rund 7 Prozent steigen sollen. Der Vertrieb webgestützter Applikationen wird um 6,3 Prozent ansteigen. Der Verkauf von Breitbandanwendungen legt nach dieser Schätzung um 5,6 Prozent zu, der Vertrieb von Spam-Filtersoftware steigt um 5,3 Prozent und der Verkauf von Speichersystemen um 5 Prozent.
Butler stellt abschließend einige besondere Aspekte der IT-Ausgaben 2004 in den Vordergrund. Erstens haben viele KMU bei ihrer Gründung mit Desktop-Anwendungen von Microsoft begonnen. Wachsen diese Firmen, so wollen sie ERP- und CRM-Systeme verwenden, die mit den bestehenden Microsoft-basierten Arbeitsplätzen kompatibel sind. Daher wächst die Nachfrage nach Lösungen, die unterschiedliche Plattformen miteinander verbinden.
“Und damit steht ein Upgrade-Zyklus an”, argumentiert Butler. Upgrades wiederum haben einen enormen Einfluss auf die allgemeinen IT-Ausgaben in der ersten Hälfte des Jahres 2004, so Butler. Da die Unternehmen außerdem dabei sind, alle Geschäftsprozesse zu optimieren, wird bei vielen Flexibilität und Mobilität wieder eine größere Rolle spielen. Das führt unter Umständen zu steigenden Ausgaben für kabellose Unternehmensanwendungen. Schließlich wäre es möglich, dass auch wieder mehr Hardware verkauft wird. Wenn sich die Wirtschaft weiterhin erholt und sowohl die KMU als auch die großen Unternehmen wieder damit beginnen, neue Mitarbeiter einzustellen, dann wird auch wieder mehr Geld für PCs und Peripheriegeräte fließen.

Sarah Z. Sleeper
Sarah Z. Sleeper