In der Datenbank des IT-Projektportals GULP finden sich mittlerweile die Daten von rund 48.400 IT-Freiberuflern. Das entspricht einer Marktabdeckung von über 90 Prozent. Seit Januar 2003 positionierten sich 11.446 IT-Freiberufler neu im Markt, 1.334 davon stellen ihre SAP-Kenntnisse in den Vordergrund. Insgesamt haben 19,8 Prozent der in der Profildatzenbank gelisteten IT-Experten angegeben, über SAP-Kenntnisse zu verfügen. 8,1 Prozent bezeichnen sich sogar als ausgewiesene SAP-Spezialisten. Von den reinen SAP-Profis wagen durchschnittlich pro Monat 37 den Schritt in die Selbstständigkeit. Daraus ergibt sich für die vergangenen 14 Monate ein “Mehr” an 521 freiberuflichen SAP-Spezialisten.
Herausforderung für die reiferen Semester
Festanstellung versus Freiberuflichkeit. Laut GULP-Sprecher Stefan Symanek sind es keineswegs nur Opfer von Entlassungswellen, die als Freiberufler eine Alternative suchen. “Die Werdegänge zeigen vielmehr, dass die Selbstständigkeit vor allem die erfahrenen Spezialisten lockt, die es noch einmal wissen wollen.” Sie nehmen das Risiko der Selbstständigkeit auch auf sich, weil die althergebrachten Argumente für den monatlichen Gehaltszettel zunehmend an Überzeugungskraft verlieren. Arbeitsplatzgarantie und soziale Absicherung – immer weniger IT-Spezialisten vertrauen darauf. “Dafür setzen sie lieber auf Unabhängigkeit, Flexibilität und die Chance, letztlich mehr zu verdienen als die fest angestellten Kollegen”, so Symanek.
Und die Chancen stehen nicht schlecht für die reiferen Semester. Als Freiberufler sind sie – im Gegensatz zu einer Festanstellung – aufgrund ihrer Berufserfahrung und der entwickelten Persönlichkeit durchaus gefragt. Drei Zahlen belegen dies vor allem auch im SAP-Umfeld. Das Durchschnittsalter aller SAP-Spezialisten in der GULP Profiledatenbank beträgt 36,9 Jahre. Die „Neuen“, die sich seit Januar 2003 bei GULP eingetragen haben, sind im Mittel 39,3 Jahre alt. Die Anbieter von SAP-Projekten wiederum suchen im Durchschnitt nach Freiberuflern, deren Alter 40,6 Jahre beträgt. Symanek: “Diese Fachleute haben in der Regel mindestens zwölf Jahre Berufserfahrung auf dem Buckel. Gerade bei zeitkritischen oder komplexeren Projekten, haben sie genau die richtigen Qualitäten – eine ausgereifte Persönlichkeit, die es ermöglicht anspruchsvollen und verzwickten Situationen Herr zu werden und das notwendige fachliche Können. Der Preis spielt dann meist nicht mehr die dominante Rolle.”
Die blaue Banane von SAP

Zudem sind die Freiberufler in aller Regel rasch vor Ort. Der Grund: Wie alle Selbstständigen bevorzugen auch die SAP-Spezialisten als Wohnort diejenigen Regionen, in denen auch die Projekte sind. Die Verteilung der Projektanfragen an SAP-Spezialisten, ist nahezu identisch mit der Verteilung ihrer Wohnorte. Wirtschaftsgeografen sprechen von einer “Blauen Banane”, der bildhaften Darstellung einer auf Wettbewerb beruhende Konzentration von Wirtschaftskraft. Im Fall des SAP-Projektmarkts zieht sich die “Blaue Banane” entlang der wirtschaftlich starken Zentren durch Deutschland – von Süden entlang der Rheinschiene im Westen bis zu den Hansestädten im Norden.
In dieser Darstellung ist Deutschland in zwei Gebiete geteilt: Eines mit sehr vielen SAP-Projekten und -Freiberuflern, das andere mit nur wenigen Aktivitäten im SAP-Umfeld. Ein West-Ostgefälle polarisiert die Region 0 als Niemandsland für SAP-Freiberufler auf der einen Seite sowie auf der anderen Seite den Großraum Frankfurt am Main mit den Großbanken und den Großraum München mit den für IT-Freiberufler besonders interessanten Branchen Automobil, IT und Telekommunikation.
Fachliche Schwerpunkte entscheiden

Um sich als Freiberufler im Markt durchzusetzen, ist die Qualifikation von entscheidender Bedeutung. SAP-Spezialisten müssen sich genau überlegen, auf welche der SAP-Funktionalitäten sie sich konzentrieren. In den vergangenen drei Jahren hat sich das Wissen um das SAP-Controlling an Platz eins der von den Freiberuflern angegebenen fachlichen Schwerpunkte gehalten. Mit weitem Abstand liegen “Finanzwesen” und “Vertrieb” auf den Rängen zwei und drei der Beliebtheit. Dieses Ergebnis überrascht angesichts der Situation des IT-Projektmarkts in den vergangenen beiden Jahren nur wenig. Nach dem Hype um die Jahrtausendwende stellten die Unternehmen ihre IT durchweg auf den Prüfstand und investierten, wenn überhaupt, ins Controlling und in die Finanzbuchhaltung. Folgerichtig gab es vorrangig dort für fest angestellte und freiberufliche SAP-Experten Arbeit.

Und diese Arbeit hat ihren Preis. Was aufmerksame Beobachter des Markts längst vermuten bestätigen die Zahlen von GULP: SAP-Spezialisten sind im Markt nicht nur begehrter als andere IT-Freiberufler, sie fordern auch deutlich höhere Stundensätze. Mit durchschnittlich 78 Euro pro Stunde liegen die SAP-Spezialisten um satte zwölf Euro über dem Durchschnitt aller IT-Freiberufler, der im Februar 2004 auf 66 Euro gefallen ist. Von den SAP-Expertisen wiederum wird Wissen um das SAP-Qualitätsmanagement mit durchschnittlich 83 Euro und Wissen rund um das SAP Business Information Warehouse mit 82 Euro am höchsten bezählt. “Die SAP-Experten”, so Symanek, “halten die Fahne hoch und zeigen sich in ihren Stundensatzforderungen preisstabiler als ihre freiberuflichen Kollegen. Der Kampf um die Projekte wirkt sich aber auf die gezahlten Stundensätze zunehmend aus. Auch SAP-Spezialisten müssen sich deshalb immer öfter mit Stundensätzen unter 70 Euro begnügen.”
Nach Symaneks Meinung wird es daher auch noch einige Zeit dauern, bis sich die Zunahme an Projekten auf die Höhe der Honorare niederschlage. Noch haben die Projektanbieter bei der Verpflichtung eines Freiberuflers noch die freie Wahl. Solange sich hieran nichts ändert muss sogar damit gerechnet werden, dass auch bei SAP-Spezialisten die Stundensätze noch fallen.
Unbekanntes Land Freiberuflichkeit
Unbekannte Land Freiberuflichkeit: Auf die SAP-Experten, die diesen Schritt wagen, wartet ein IT-Projektmarkt, der noch weit entfernt ist von den Goldenen Zeiten früherer Jahre. Dennoch befindet sich nach Ansicht von GULP dieser Markt auf einem langsamen aber stetigen Weg der Besserung. Den Analysen der IT-Projektportals zufolge markiert Juli 2003 den Wendepunkt. Seit diesem Zeitpunkt werden in den Branchen kontinuierlich mehr IT-Projekte aufgesetzt. Der Index für den IT-Projektmarkt begab sich in Folge auf einen Steigflug, der im Februar 2004 mit über 4.230 über www.gulp.de abgewickelten Projektanfragen seinen vorläufigen Höchststand erreichte.
Die zunehmende Nachfrage nach SAP-Experten ist offensichtlich einer der Hauptgründe für diese Erholung. Seit Januar 2003 sind über GULP insgesamt 7.722 Projektanfragen an SAP-Spezialisten gegangen – rund 20 Prozent aller Anfragen. Die Tendenz ist steigend, denn die im Februar 2004 gezählten 982 Kontaktierungen von SAP-Spezialisten entsprechen sogar 23,2 Prozent aller Anfragen. Auch bei der Nachfrage ist ein Ranking der gesuchten fachlichen Schwerpunkte zu verzeichnen. Ein fundiertes Wissen um das SAP Business Information Warehouse steht auf Platz eins der Wunschliste, gefolgt von genauer Kenntnis des SAP-Finanzwesens, des SAP-Controllings und des SAP-Vertiebswerkzeugs. Als Quartett bestimmen diese Fähigkeiten seit Jahren die SAP-Dominanz im IT-Projektmarkt, wenngleich sie je nach Monat immer wieder mal die Plätze im Ranking der Nachfrage tauschen.

Bei den Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen Fähigkeiten gibt es auffällige Unterschiede. Mit 757 Anfragen rangiert die Kombination “Finanzwesen” und “Controlling” deutlich auf Platz eins. Mit deutlichem Abstand folgen die Kombinationen “Finanzwesen” und “Vertrieb”, “Controlling” und SAP Business Information Warehouse sowie “Controlling” und “Vertrieb”.
Quo Vadis?
Dass die Freiberufler und hier an vorderster Stelle die SAP-Spezialisten künftig wieder bessere Chancen als noch vor zwei Jahren haben, ist unbestritten. Allerdings tut derjenige gut daran, wer der langsamen Erholung des Projektmarkts ohne Euphorie begegnet. Nebenbei: Der begehrteste IT-Freiberufler hat im Februar 2004 über GULP 15 Projektanfragen bekommen. Er besitzt neben einer mit 18 Jahren umfangreich zu nennenden Berufserfahrung und einem marktkonformen Stundensatz von 75 bis 85 Euro vor allem umfassende Kenntnisse im SAP Strategic Enterprise Management. Diese SAP-Anwendung hat es zwar bei den gefragtesten Expertisen noch nicht in Top five geschafft, wird aber laut Symanek immer häufiger bei Projektanfragen genannt.
