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Mittelständische Unternehmen in Korea sind in der Regel Familienbetriebe. Die Arbeitsmethoden sind einfach: Oft werden die zentralen Geschäftsprozesse über Excel-Tabellen abgewickelt, integrierte IT-Systeme haben Seltenheitswert. An der Computer-Hardware scheitert es dabei in der Regel nicht. Die Einrichtung einer effektiv arbeitenden IT-Landschaft ist aber bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch kein Thema für koreanische Mittelständler. Woran liegt das? Und warum ist das in Europa anders?

Startpunkt Deutschland

Der Tourauftakt fand in der SAP-Zentrale in Walldorf statt. Hans-Jürgen Uhink, Senior Vice President SMB Global Field Operations, stellte die Gesamtstrategie von SAP für den Mittelstand vor. Detaillierte Einblicke in die Ausrichtung von mySAP All-in-One gab Jesper Lindhardt, Vice President mySAP All-in-One Global, gefolgt von Jürgen Kleinsteuber, Vice President SAP Business One Global, der SAP Business One vorstellte. Ein Interview mit dem SAP-Vorstandsvorsitzenden Henning Kagermann war gleichzeitig Highlight und Abrundung des Tages in Walldorf.
Am späten Nachmittag ging es mit dem Bus nach Bielefeld. Noch in dieser Nacht wurden von den Journalisten erste Artikel verfasst und nach Korea geschickt. Der nächste Tag begann mit einem Besuch der Firma itelligence. Der Bielefelder SAP Business Partner ist ein international führender IT-Komplettdienstleister im SAP-Umfeld. itelligence bietet in erster Linie mySAP-All-in-One-Lösungen an, vertreibt aber auch SAP Business One. 92 Prozent des itelligence-Umsatzes basieren auf SAP-Lösungen. Die restlichen acht Prozent tragen Eigenentwicklungen zum Unternehmensumsatz bei. Der Fokus liegt dabei auf Branchenlösungen.
In Porta Westfalica hat der Rohrsystemhersteller Jacob & Söhne seinen Firmensitz. Jacob setzt seit 1997 auf eine SAP-Lösung von itelligence. Die räumliche Nähe zum itelligence-Standort Bielefeld bot die ideale Möglichkeit, um ein mittelständisches Unternehmen zu besichtigen. „Wir wollten sehen, wie die SAP-Produkte in der Realität funktionieren“ , so Song-Hun Joe von The Digital Times. Eine Jacob-Mitarbeiterin, die über das SAP-System Aufträge erfasste und deren Weiterverarbeitung zeigte, fand sich daher plötzlich im Blitzlichtgewitter der Kameras wieder. Die wichtigste Frage der koreanischen Journalisten an die Jacob-Mitarbeiter: Wie wurde früher gearbeitet, und welche Vorteile haben sich durch die Einführung der IT-Lösung ergeben?
Jacob hatte bereits vor 20 Jahren ein Unix-basiertes Siemens-COMET-System eingesetzt, um die unternehmensinternen Ressourcen besser verwalten zu können. Damals existierte die heutige Terminologie noch nicht, aber in den Grundzügen handelte es sich schon um ein ERP-System. 1997 entschied sich Jacob, eine neue IT-Lösung einzuführen, da das alte System an seine Grenzen gestoßen und den Anforderungen an Echtzeit-Datenverarbeitung nicht mehr gewachsen war. „Seit wir die neue SAP-Lösung haben, konnten wir die Verwaltungskosten im Unternehmen um zwölf Prozent senken. 1998 eröffneten wir Niederlassungen in Italien, Frankreich, Großbritannien und den USA. Ohne das neue Echtzeit-ERP-System wäre dies unmöglich gewesen“, erklärt Jacob-Geschäftsführer Lothar Schüler.

Ab in den Süden

Um nicht nur ein europäisches Land kennen zu lernen, ging es am Abend von Hannover aus weiter nach Spanien. In Barcelona besuchte die Presse-Tour den SAP Business Partner Grupo Seidor. „Warum sollte man nicht mit dem schönsten Mädchen tanzen, wenn sich einem die Möglichkeit bietet?“, erläutert der stellvertretende Geschäftsführer Alejandro Daniel die Gründe, warum Seidor die Partnerschaft mit SAP eingegangen ist.
Wie in den meisten Ländern sind spanische mittelständische Unternehmen in der Regel Familienbetriebe. In welcher Form das verdiente Geld investiert wird, entscheidet der Firmengründer. Der steht nicht selten vor der Qual der Wahl, ob ein neuer Mercedes gekauft oder in eine IT-Lösung investiert wird. Daher ist erfahrungsgemäß viel Überzeugungsarbeit notwendig, um einen potenziellen Kunden für ein SAP-System zu gewinnen. „Aber ist die Entscheidung gefallen, ist es wie in einer Ehe“, führt Alejandro Daniel aus: „In der Regel bleiben die Partner zusammen – denn sonst wird es teuer.“
Die Grupo Colomer ist ein Kunde von Seidor, der sich auf ein solches „eheähnliches“ Verhältnis eingelassen hat. Seit zwei Jahren ist dort ein SAP-System im Einsatz. Die Grupo Colomer wurde 1972 gegründet und hat sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Leder spezialisiert. Die Firma startete als kleiner Handwerksbetrieb und hat heute sieben Produktionsstätten in vier Ländern. Rund elf Mio. Tierhäute werden pro Jahr direkt vom Schlachthaus in die Firma geliefert, dort zu Leder weiterverarbeitet und verkauft.
1999 hat Colomer das erste ERP-System eingeführt. Die Wahl fiel auf eine SAP-Lösung, da diese den komplexen Anforderungen am besten gewachsen war. Nachdem sich das Unternehmen für die SAP-Software entschieden hatte, suchte man einen geeigneten Partner für den Service. Schnell fiel die Wahl auf die Grupo Seidor, die bei der Implementierung zur Seite stand und für den gesamten Service zuständig ist.
„Bevor wir das ERP-System im Einsatz hatten, verfügte jeder Fertigungsbetrieb über eine eigene Lösung. Der Datenaustausch zwischen Zentrale, Tochterunternehmen und Überseefertigungsbetrieb war unmöglich“, berichtet ein Angestellter von Colomer. „Mittelständische Unternehmen, die global wachsen und Partnerschaften mit größeren Unternehmen eingehen wollen, brauchen ein ERP-System, um die Effizienz zu steigern.“
Nach so viel geballter Information genossen die Journalisten am Abend eine Flamenco-Show. Bevor es am nächsten Tag zurück nach Korea ging, unternahmen alle Beteiligten noch eine Stadtrundfahrt durch Barcelona. Die Aussagen der teilnehmenden koreanischen Journalisten bestätigen den Erfolg dieser außergewöhnlichen Presse-Tour. Dae-Young Lee von Sisa Information Technology bedankte sich: „Durch die gewonnenen Eindrücke lässt sich die SAP-Strategie für den Mittelstand besser nachvollziehen. Gleichzeitig wurde klar, wo die Vorteile einer ERP-Lösung für mittelständische Unternehmen liegen. Koreanische Unternehmen müssen diesbezüglich noch viel lernen.“