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Das zweite Märzwochenende 2004 markierte für die Stadtwerke Erfurt einen Wendepunkt. Von mehr als 45.000 der über 210.000 Tarifkunden war fälschlicher Weise mehr als ein Datensatz angelegt. Diese wurden in nur 36 Stunden aufgespürt und die relevanten Verträge in jeweils nur einem Kundendatensatz konsolidiert. Die Stadtwerke Erfurt hatten diese Datenbereinigung ausführlich vorbereitet und getestet. Daher blieb Mike Wahlicht, Projektleiter bei den Stadtwerken Erfurt, nach deren Abschluss nur noch zu berichten: “Die Zusammenführung auf dem Produktivsystem lief mit nur 36 Stunden reiner Laufzeit schneller als geplant und absolut problemlos.” In nahezu allen Fällen ließen sich die Daten automatisch bereinigen. Nur bei rund 70 Dubletten waren aufgrund von Fehlern im SAP-Debitorenwechsel noch manuelle Arbeiten notwendig. Für diese Fälle sowie die Kontokorrentabstimmung hatten die Stadtwerke ursprünglich Samstag Nachmittag und Sonntag als Sicherheitspuffer eingeplant. Alle Arbeiten waren bereits Sonntag Mittag vorzeitig abgeschlossen.
Die Konsolidierung von Massendaten im Produktivbetrieb ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Neben der Software und den Systemverantwortlichen sind in besonderem Maße auch die Fachabteilungen gefordert, die über die inhaltliche Zusammenführung und damit über die Datenqualität entscheiden. Die Bereinigung der Kundendaten war nötig geworden, weil die Stadtwerke Erfurt planten, mit mySAP Customer Relationship Management (mySAP CRM) eine Plattform zur Pflege der Kundenbeziehungen einzuführen. “Auch die beste CRM-Lösung bringt nicht den erwarteten Erfolg, wenn die Qualität der Daten keine umfassende Sicht auf den Kunden ermöglicht”, war sich Manfred Wollrab, Leiter IT, von vorne herein sicher. “Durch die Bereinigung unserer kaufmännischen Stammdaten hatten wir die besten Voraussetzungen für die anstehende Einführung von mySAP CRM geschaffen. Da die Stadtwerke Erfurt darüber hinaus mit den bereinigten Daten ihre Kunden im Call-Center viel rascher identifizieren und deren Anfragen bearbeiten, war klar, dass sich der gesamte Aufwand zügig amortisieren würde.” Wichtig war den Stadtwerken hierbei auch ein schlüssiges Produkt, das von der Dublettenidentifizierung bis zur Kontokorrentabstimmung alle Arbeiten erfüllt und sich einfach bedienen lässt.

Bereinigung von langer Hand vorbereitet

Die Stadtwerke Erfurt wechselten zum 01.01.2001 von SAP R/2-RIVA auf die aktuelle Abrechnungslösung der SAP-Branchensoftware für Versorgungsunternehmen, SAP IS-U/CCS (Heute: SAP for Utilities). Dabei wurden Kundendaten aus mehreren Vorgängersystemen in ein Abrechnungssystem überführt – eine Hauptursache für die bislang vorhandenen Dubletten. Kundendubletten kosten, etwa in Form erhöhter Bearbeitungszeiten im Call-Center oder eines erhöhten Aufkommens an Kundenschreiben, bares Geld. Darüber hinaus standen die Dubletten der Einführung von mySAP CRM und dem SAP Business Information Warehouse (SAP BW) im Wege.

Seit Sommer 2003 waren die Stadtwerke Erfurt daher mit dem Projekt “Datenbereinigung” beschäftigt. Nach der Konzeption und Planung folgten im Dezember 2003 die ersten Einzeltests auf Spiegelsystemen. Nachdem das Testverfahren optimiert war, begannen die Stadtwerke mit den Massentests – insgesamt drei Stück, bevor die Zusammenführung im Produktivsystem stattfand.

Konsolidierung via “Debitorenwechsel”

Für die Konsolidierung der Daten wählten die Stadtwerke Erfurt die Softwarelösung P305-Geschäftspartnerzusammenführung (GPZ) der PCO GmbH. “Bei der Auswahl der Software haben wir großen Wert auf eine Lösung gelegt, bei der die Datenbank-Updates durch SAP-Funktionsbausteine erfolgen”, so Wahlicht. Die Lösung der PCO basiert auf der SAP-Dialog-Transaktion “Debitorenwechsel”. Die Transaktion Debitorenwechsel überführt einen Vertrag über einen Transfervertrag von einem Vertragskonto auf ein anderes. Auf diese Weise ist die Kundenzusammenführung risikolos und stornierbar, und es muss für den Kunden keine Schlussrechnung erstellt werden. Die Auswirkungen auf den Kunden sind also minimal.
Vor der Zusammenführung wurde der bevorstehende Debitorenwechsel von der Software automatisch auf fachliche Restriktionen überprüft. Dabei wurden rund 1500 Partner erkannt, die sich aufgrund nicht vorhandener Turnusabrechnung oder Inkasso nicht qualifizierten. Durch diese Prüfung wird verhindert, dass die automatische Zusammenführung abbricht. Bei den zur Zusammenführung freigegebenen Geschäftspartnern sichert das PCO-Produkt vor dem Debitorenwechsel automatisch die Kontenstände. Mit den Verträgen wurden dann die offenen Forderungen, Zahlungen, Raten- und Abschlagspläne auf nur einen Stammdatensatz überführt. Danach erfolgte nochmals die Sicherung der Kontenstände und es wurde ein automatischer Vergleich durchgeführt.
“Bei über 28.500 Debitorenwechseln ist das eine beträchtliche Leistung”, kommentiert Mike Wahlicht nicht ohne Stolz. Die gesicherten Kontenstände stehen für Auskunfts- und Revisionszwecke weiterhin zur Verfügung. Alle Änderungen werden in SAP-Tabellen, Verarbeitungsprotokollen und dem Application-Log protokolliert und in Änderungsbelegen festgehalten.

Online-Dublettenprüfung nun Standard

Die Dublettenerkennung erfolgt bei der Geschäftspartnerzusammenführung durch das bereits seit Jahren erfolgreich verwendete Identifizierungsverfahren DICOL (Distance Control Logic). DICOL durchsucht die in der SAP-Branchenlösung für Versorgungsunternehmen hinterlegten Geschäftspartner über individuell festgelegte Kriterien und Ähnlichkeitsanforderungen auf Dubletten. Typische Eingabefehler bei Namen und Adressen – wie etwa Mayer oder Maier – werden von dem Verfahren zuverlässig erkannt und angezeigt. Phonetische Prüfungen, wie “sch” und “ch” lassen sich einfach aktivieren. Um als Einstieg den Umfang der vorhandenen Dubletten abzuschätzen, können die Identifizierungsläufe in unterschiedlicher “Schärfe” wiederholt und einfach Statistiken erzeugt werden.
Auf DICOL basiert auch die P324-Dublettenprüfung “Geschäftspartner”, die die Stadtwerke Erfurt künftig vor neuen Dubletten schützt. Sie überprüft beim Anlegen neuer Geschäftspartner online, ob im System bereits ähnlich lautende vorhanden sind. So wird das Anlegen neuer Dubletten so weit wie möglich verhindert. Trotzdem bleibt die Zusammenführung von Dubletten in der Regel keine einmalige Aufgabe; der Datenbestand sollte in regelmäßigen Abständen auf neue Dubletten hin untersucht werden. “Im Call-Center bleibt in Stosszeiten für die Kundenneuanlagen oft nicht genügend Zeit, um auf bestehende Geschäftspartner zu prüfen. Daher ist uns eine anwendungsfreundliche Lösung sehr wichtig”, so Ute Hartwig, Leiterin IT-Anwendungen.

Bernd Knobel