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Laut einer Studie der Vereinten Nationen ist der Welthandel in den letzten zwei Jahrzehnten jährlich um durchschnittlich 9,3 Prozent gewachsen. Trotzdem belassen viele Unternehmen alles beim Alten. Sie schieben immer noch Papierberge hin und her und verlassen sich auf zeitaufwändige Telefonanrufe und mühsame Faxkommunikation. Ineffiziente Prozesse und überholte Technologien kosten globale Unternehmen rund 420 Milliarden Dollar pro Jahr.
In den letzten zwei Jahren hat SAP eine Composite Application für die Anforderungen des internationalen Handels entwickelt. Das Ergebnis ist SAP Global Trade Services (SAP GTS). Heute wird SAP GTS bereits von circa 100 Firmen mit internationalen Logistikketten eingesetzt. Die Lösung automatisiert Import- und Exportprozesse, senkt die Kosten der Lieferketten und macht Firmen im Allgemeinen effizienter. SAP GTS bietet außerdem die nötige Flexibilität, um neue Produkte einzuführen und in neue Kundengruppen und Märkte zu expandieren. Dabei gewährleistet SAP GTS die Einhaltung strenger internationaler Vorschriften.
“Gegenwärtig sind grenzüberschreitende Handelsprozesse äußerst fragmentiert”, sagt Neetin Datar, Leiter des Bereichs Produktmarketing für SAP Trade and Compliance Applications. “Firmen, die sich für die Automatisierung mit SAP GTS entscheiden, erhalten die Möglichkeit, Händler, Spediteure, Aufsichtsbehörden und andere Handelspartner unternehmensweit einzubinden.”

Vertriebs- und beschaffungsorientierte Integration

SAP GTS nutzt die Integrations- und Anwendungsplattform SAP NetWeaver. Die Lösung lässt sich in Verbindung mit SAP-Anwendungen und Nicht-SAP-Systemen einsetzen. Aufgrund der Architektur von SAP NetWeaver können Firmen auf einfache Weise mit den externen Partnern und Handelsaufsichtsbehörden zusammenarbeiten. SAP NetWeaver verwendet die gängigsten Internet-Standards, zum Beispiel Java, Hypertext Transfer Protocol (HTTP) und Extensible Markup Language (XML), die die Interoperabilität mit Systemen im Geschäftsumfeld erlauben, darunter Microsoft .NET und IBM WebSphere.
SAP GTS bietet eine nahtlose Integration mit SAP R/3 (Release-Stände 4.0B und höher) und mySAP Enterprise Resource Planning (mySAP ERP). Die Lösung lässt sich darüber hinaus in mySAP Customer Relationship Management (mySAP CRM) und mySAP Supplier Relationship Management (mySAP SRM) für die Vertriebs- und Beschaffungsprozesse integrieren. SAP GTS ermöglicht nicht nur die Integration verschiedener Systeme und Prozesse zur Bestellabwicklung und Beschaffung (Order-to-Cash-, Procure-to-Pay-Prozesse). Es unterstützt zudem auch offene XML-Schnittstellen, um Daten aus externen Quellen einbinden zu können. Dazu gehören zum Beispiel die Negativlisten (Sanctioned Party Lists), die von der US-Regierung herausgegeben werden, welche die Unternehmen identifizieren, denen Export- und Importrechte verweigert werden. Ebenso zählen die Codes des Harmonized Tariff Schedule dazu. Es handelt sich dabei um standardisierte Klassifizierungen von Handelsprodukten, die Zollbeamten weltweit verwenden, um Gebühren, Steuern und Vorschriften zu ermitteln.

Audit-Trails in Echtzeit

SAP GTS gelingt es, immer die aktuellsten Daten bereitzustellen. Das ist von entscheidender Bedeutung, um globale Handelstransaktionen erfolgreich zu steuern und vollständig im Rahmen von so genannten Audit-Trails nachzuvollziehen. Die Integration – sowohl synchron mit Echtzeit-Audits oder asynchron mit je nach Bedarf des Anwenders durchgeführten Audits – wird durch SAP Web Application Server erreicht, ebenfalls einer Komponente von SAP NetWeaver. SAP GTS unterstützt die Interoperabilität von SAP NetWeaver und ist dadurch in der Lage, eine Sicht auf den globalen Handel über alle Unternehmenseinheiten hinweg zu liefern. Die SAP-NetWeaver-Komponente SAP Enterprise Portal wird dazu genutzt, ein Self-Service-Szenario für den Handel zur Verfügung zu stellen. Damit wird es einem Mitarbeiter möglich, selbst eine Compliance-Anfrage (bezüglich Handelsbeschränkungen oder Verordnungen) direkt an SAP GTS zu senden und automatisch eine Antwort zu erhalten, ohne einen Experten (Trade-Compliance-Manager) beauftragen zu müssen. Das vermeidet kostspielige Wartezeiten steigert die Produktivität der Mitarbeiter.
Das nächste Release von SAP GTS, das im vierten Quartal 2004 vorgesehen ist, wird außerdem die Integration mit SAP Business Intelligence, einer weiteren Komponente von SAP NetWeaver, enthalten. In Bezug auf das Reporting gewinnen Kunden dadurch zusätzliche Flexibilität. “SAP GTS ist die einzige Composite Application im Softwaresegment für den globalen Handel, die auf einer leistungsfähigen Plattform wie SAP NetWeaver basiert. Dadurch gelingt es SAP, neue und innovative Prozesse schnell für seine Kunden bereitzustellen”, so Datar.

Die Komponenten von SAP GTS

SAP Global Trade Services besteht aus drei modularen Komponenten: Compliance Management, Customs Management und Risk Management. Jede Komponente unterstützt einen anderen Aspekt der grenzüberschreitenden Handelsprozesse. “Wer sich die Composite Application von SAP GTS näher anschaut, wird feststellen, dass alle Funktionen sehr modular sind. Die Kunden entscheiden, welche Module sie automatisieren möchten und wann. Sie sind da völlig flexibel”, erklärt Datar.
Die Funktionalität für die SPL-Prüfung (Sanctioned Party Lists) im Compliance Management verwendet eine XML-Schnittstelle. XML ist ein allgemein akzeptierter Web-Standard, der eine Aktualisierung der SPL-Daten in Echtzeit ermöglicht. Bei der Auftragsbearbeitung überprüft SPL jeden potenziellen Handelspartner und sperrt Transaktionen mit den Partnern, die auf den Verbotslisten stehen.
Firmen müssen absolut sicher sein können, dass ihre Handelsprozesse mit internationalen Vorschriften konform sind. Die Nichteinhaltung solcher Vorschriften kann äußerst kostspielig sein, und in manchen Fällen werden Export-/Importrechte von Regierungen sogar entzogen. “Die Risikominderung ist ein zentrales Wertangebot, das SAP GTS Unternehmen bietet”, so Datar.
Zur SPL-Funktionalität gehört die synchrone Prüfung, asynchrone Prüfung und periodische Prüfung von Geschäftspartnern. Zur Prüfung und gegebenenfalls zum notwendigen Sperren sanktionierter Handelspartner werden phonetische Algorithmen und benutzerdefinierte Kriterien verwendet. Der SPL-Audit-Trail ermöglicht Aufsichtsbehörden eine transparente Sicht auf die Handelsprozesse. Darüber hinaus wird es durch einen solchen Audit-Trail einfacher für Unternehmen, bestimmte internationale Kontrollauflagen des Sarbanes-Oxley Act von 2002 einzuhalten.

Export- und Importkontrolle

Zwei weitere Funktionen der Komponente Compliance Management sind die Export- und Importkontrolle. Sie gewährleisten, dass die Gesetze sowohl bei Import- als auch bei Exportprozessen eingehalten werden. Funktionen für die Verwaltung von Export- oder Importlizenzen, Lizenzfindung, Lizenzüberwachung und Embargoprüfung versetzen die Unternehmen in die Lage, die richtigen Klassifizierungen für Materialien zu überwachen, die von Land zu Land unterschiedliche Lizenzen erfordern. Sie erfassen eventuelle Mengenbeschränkungen pro Lizenz und machen Benutzer auf erforderliche Aktualisierungen aufmerksam. Das Ergebnis ist eine optimierte Lieferkette ohne kostspielige Verzögerungen durch Lizenzfehler.
Customs Management ist die zweite Komponente innerhalb von SAP GTS. Sie umfasst die Funktionalität für die Bereiche Product Classification (Tarifierungshilfe), Duty Calculation (Zollwertermittlung), Trade Document Service (Druck von zollrelevanten Außenhandelsdokumenten) und Customs Communication Service (Kommunikation mit den Zollbehörden). Zur Product Classification gehört Pflege und Upload externer Daten wie etwa die Tarifdaten. Außerdem enthält diese Komponente die überaus wichtige Tarifierung von Produktstammdaten. Da Produkte auf so vielfältige Art und Weise klassifiziert werden können, ist diese standardisierte Tarifierung von entscheidender Bedeutung.

Viele Informationen auf einer Oberfläche

SAP GTS ermöglicht den Zugriff auf Tarifierungsdaten in Verbindung mit den entsprechenden Gebühren- und Steuerdaten. Unternehmen können Kosten einsparen, indem sie den Anbieter mit den niedrigsten Preisen nutzen, den SAP GTS automatisch ermittelt. Benutzer finden die gewünschten Informationen, indem sie eine Suche anhand spezieller Tarifierungsdaten durchführen. Sie haben außerdem die Möglichkeit, Daten auf Massenbasis neu zu klassifizieren, wenn bestimmte Tarifierungen überholt sind.
Eine weitere Funktion des Customs Management, der Customs Communication Service, verwendet EDI (Electronic Data Interchange) zur Abwicklung der Kommunikation bei Import- und Exportgütern zwischen einem Unternehmen und den Zollbehörden in den verschiedenen Ländern. “Daten werden von allen Beteiligten gemeinsam genutzt, um die Zollabfertigung zu beschleunigen, Kosten zu reduzieren und letztendlich einen besseren Kundenservice zu erreichen”, sagt Neetin Datar. Über eine einfach zu bedienende Oberfläche, ein Kommunikations-Dashboard, überwachen Mitarbeiter in Echtzeit die Zollsysteme.
Die dritte Komponente von SAP GTS ist das SAP Risk Management, das die Funktionalität für die Zollrückerstattung und Präferenzabwicklung umfasst. “Mit dieser Komponente können Risiken und finanzielle Verpflichtungen aus Vertragsfehlern vermieden werden”, erklärt Datar. Insbesondere gewährleistet die Zollrückerstattungsfunktionalität, dass die richtigen Exportlizenzen vorhanden sind und die richtigen Rückerstattungssätze verwendet werden. Dadurch erhalten die Unternehmen die Gewissheit: Die globalen Partner erfüllen die vertraglichen Verpflichtungen. Das mindert die finanziellen Risiken, die mit dem Handelsprozess einhergehen.

Standardisierung globaler Handelsprozesse

Die größte Herausforderung, der sich Unternehmen bei der Einführung von SAP GTS gegenüber sehen, wird laut Datar eher nicht mit IT-Aspekten oder Prozessintegration zu tun haben, denn häufig lässt sich SAP GTS schon innerhalb weniger Wochen implementieren. Die schwierigste Aufgabe, so Datar, wird vermutlich in der Erstellung einer korrekten Stammdatenliste bestehen, da viele Daten von den zahlreichen an einer Transaktion beteiligten Handelspartnern rasch veralten. “Der Ausgangspunkt ist immer die richtige Tarifierung von Waren”, erklärt Datar. “Eine einzige globale Produktstammliste mit korrekter Tarifierung ist der erste Schritt. Eine korrekte Tarifierung hat direkte Auswirkungen auf die zu entrichtenden Gebühren und Steuern.” Durch die Tarifierungsfunktionalität in der Komponente Customs Management wird diese Aufgabe vereinfacht und standardisiert.
Durch SAP Global Trade Services wird die Standardisierung globaler Handelsprozesse über das gesamte Unternehmen hinweg leichter, was sich stark auf das Unternehmensergebnis auswirkt. Unabhängig davon, ob SAP GTS mit SAP R/3 oder einem anderen System integriert ist, seine leistungsfähigen Komponenten und seine modulare Funktionalität ersetzen fehleranfällige manuelle Abläufe durch sichere, moderne und standardisierte grenzüberschreitende Handelsprozesse – eine Notwendigkeit für erfolgreiche Unternehmen heute.

Sarah Z. Sleeper
Sarah Z. Sleeper