Der Wandel am Arzneimittelmarkt ist für die Pharmabranche eine bittere Pille. Vorbei sind die Zeiten, als die Hersteller mit erheblichem Forschungsaufwand immer neue Medikamente entwickelten und sich durch umfangreiche Patente hohe Renditen sicherten. Veränderte Rahmenbedingungen, etwa die Reformen im internationalen Gesundheitswesen und der Wettbewerbsdruck durch Generika, stellen die Branche vor bislang unbekannte Herausforderungen. So waren früher beispielsweise alle Marketing-Anstrengungen allein auf den Arzt ausgerichtet, während heute auch die Belange der Patienten und Kassen zu berücksichtigen sind. Und neben therapeutische Wirksamkeit treten wirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund, um im Preiswettbewerb mit Generika bestehen zu können.
Vor diesem Hintergrund ist es für die Unternehmen wichtiger denn je, die Profitabilität ihrer Produkte über deren gesamten Lebenszyklus zu optimieren und die Komplexität der Produktpalette zu reduzieren. Wesentlich hierfür sind ein effektives Product-Lifecycle-Management (PLM) und ein Portfolio-Management. So bietet ein typisches mittelständisches Pharmaunternehmen rund 4.200 Endprodukte an – eine riesige Menge, die sich aus der hohen Zahl der Wirkstoffe, der unterschiedlichen Darreichungsformen, Packungs- und Gebindegrößen, sowie der Bestimmungen in den belieferten Ländern ergibt. Wie Analysen zeigen, ist allerdings oftmals nicht transparent, welche Produkte in welchem Maß zum Ergebnis des Unternehmens beitragen.
Nach einer internationalen Studie der Unternehmensberatung Capgemini mit dem Titel „Unlocking the Value of Pharmaceutical Products: A New Perspective on Product Lifecycle Management“ ist die Mehrzahl der Manager in der Pharmaindustrie mit der Performance ihres Product-Lifecycle- beziehungsweise Portfolio-Managements unzufrieden. Das Thema PLM stand früher aufgrund der hohen Renditen nicht im Vordergrund, wird jedoch jetzt zunehmend wichtiger, da die Forschung nicht mehr ausreichend Nachschub an „Blockbuster“-Medikamenten – Arzneimittel mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro – bringt. Zudem starten Maßnahmen, die den Lebenszyklus eines Produkts verlängern, häufig zu spät – oft erst kurz bevor das Patent ausläuft. Entsprechend gibt es zu wenig methodisches Vorgehen, Key Performance Indicators (KPIs) fehlen, und Verantwortlichkeiten sind nicht klar geregelt.
Zusammenarbeit statt „Silo-Mentalität“
Voraussetzung für den Erfolg von PLM ist die intensive und funktionsübergreifende Zusammenarbeit der Unternehmensbereiche Forschung und Entwicklung (F&E), Logistik, Produktion, Marketing und Vertrieb. Dabei kommt es darauf an, Prozesse zu definieren, die das PLM im Unternehmen etablieren – etwa Portfolio- und Rendite-Betrachtungen oder funktionsübergreifende Innovationszirkel – und die das in der Pharmabranche häufig anzutreffende „Silo-Denken“ überwinden. Denn in den meist traditionellen Organisationsstrukturen sind die Verantwortlichkeiten entlang der Wertschöpfungskette meist strikt zwischen den verschiedenen Bereichen aufgeteilt. Jede Abteilung arbeitet isoliert für sich und stellt den Erfolg des Produkts jeweils nur für ihren Verantwortungsbereich der Wertschöpfungskette sicher.

Für ein umfassendes PLM bedarf es der Zusammenarbeit von drei unterschiedlichen Teams: dem Development-Team, dem Product-Supply-Team und dem Product-Launch-Team. Diese Teams bestehen jeweils funktionsübergreifend aus Mitarbeitern der verschiedenen betroffenen Bereiche wie F&E, Produktion, Supply Chain oder Marketing. Sie erarbeiten gemeinsam einen Plan, wie ein Produkt oder eine Produktgruppe durch die verschiedenen Phasen im Lebenszyklus am Markt positioniert wird, und setzen die dafür erforderlichen Maßnahmen um. Die Verantwortung für die Steuerung des PLM-Prozesses und für die Besetzung der Teams sollte bei dem Gremium liegen, das auch die Produkt- und Portfoliostrategie verabschiedet – das ist in der Regel Vorstandssache.
Langfristige Aktivitäten abgestimmt planen
SAP bietet eine Reihe von Lösungen und Komponenten an, die die Unternehmen dabei unterstützen, PLM zu etablieren. Die Komponenten für Portfolio-Planung und -Management des zusammengesetzten Anwendungspakets SAP xApp Resource and Portfolio Management (SAP xRPM) helfen dem Produktmanagement, langfristige Aktivitäten zielgerichtet und abgestimmt zu planen. Dazu gehören klinische Versuchsreihen, die Markteinführung und Maßnahmen zur Produktpflege, wie die Einführung neuer Darreichungsformen oder die Erweiterung des Indikationsspektrums.
Verschiedene Analyse-Möglichkeiten, wie die Darstellung des Net Product Value (NPV) oder des Return on Investment (ROI), gewähren unterschiedliche Sichtweisen auf das Produktportfolio und leisten wertvolle Hilfe bei strategischen Entscheidungen. Die Werkzeuge Skill- und Ressourcen-Management aus SAP xRPM erleichtern es, Projektteams mit den geeigneten Mitarbeitern funktionsübergreifend zu besetzen. Die Anwendungen cProjects und cFolders aus mySAP Product Lifecycle Management (mySAP PLM) fördern eine unternehmensweite Kommunikation, die gerade in den frühen kreativen Phasen von Innovationsprojekten entscheidend ist.

Wesentlich für eine gezielte Bereinigung des Produktportfolios ist eine durchgängige Datenbasis, mit der sich alle produktrelevanten Aktivitäten eines Unternehmens auswerten lassen. SAP Business Information Warehouse (SAP BW) und SAP Strategic Enterprise Management (SAP SEM) stellen diese Daten mit den erforderlichen Analyse-Werkzeuge integriert zur Verfügung.
Capgemini hat mit „Product- and Portfolio-Lifecycle-Value-Management“ eine Methodik entwickelt, die Unternehmen hilft, ihre Fähigkeiten hinsichtlich PLM einzuschätzen und zu verbessern. Dabei ist die tagesaktuelle, transparente Darstellung des Portfoliowerts Grundlage für erfolgsrelevante Entscheidungen im PLM-Umfeld. Dazu gehört beispielsweise die Frage, ob eine neue Packungsvariante eingeführt werden soll. Szenario-Planungen bewerten die Auswirkungen optionaler Produktpflege- oder Marketing-Maßnahmen auf Basis möglicher zukünftiger Veränderungen am Markt. Für den Umsatz eines Medikaments sind beispielsweise Anpassungen der Gesundheitsgesetzgebung oder die Erstattungsrichtlinien von Bedeutung.
Verschiedene Ansatzpunkte für PLM

Im Lebenszyklus eines Arzneimittels ergeben sich zahlreiche Ansatzpunkte für PLM-Initiativen. In der Phase der klinischen Entwicklung sind dies unter anderem Partnerschaften und gemeinsame Produktentwicklungen, die Einlizensierung – also der Zukauf von Produkten – oder aber die Zusammenarbeit mit externen klinischen Forschungsorganisationen.
In diesen Handlungsfeldern lassen sich signifikante Potenziale durch den zielgerichteten Einsatz von IT-Lösungen erschließen. So unterstützen die Lösungen der cProjects-Suite eine partnerschaftliche Produktentwicklung. mySAP PLM als Laborinformations-Management-System stellt die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung und steuert die notwendigen Prozesse wie Testplanung, Analyse und Dokumentation. SAP bietet zudem eine pharmaspezifische Erweiterung für mySAP PLM, mit der sich alle erforderlichen Informationen und Dokumentationen entsprechend den Richtlinien der Food and Drug Administration (FDA) Part 11 durchgängig verwalten lassen.
In der Entwicklungs- oder Produkt-Launch-Phase unterstützt mySAP PLM sämtliche Trial-Aktivitäten, vom Labor-Versuch bis zur serienreifen Pilotproduktion und dem Fabrik-Testlauf. Hierbei sind alle Schritte abgedeckt: die Test-Planung, die Ermittlung des Materialbedarfs auf Basis der Rezepturen, die Beschaffungs- und Kapazitätssteuerung und die Dokumentation der Ergebnisse. Mit Hilfe der SAP-R/3-Funktionalität Projekt System lassen sich außerdem Trial-Hierarchien definieren, die sicherstellen, dass alle erforderlichen Testzyklen durchlaufen wurden.
Auch bei der Markteinführung neuer Arzneimittel besteht Optimierungspotenzial. Projekterfahrungen von Capgemini zeigen, dass sich mit einem schnelleren Launch, der zeitgleich mit dem anderer Medikamente erfolgt, fünf bis zehn Prozent höhere Umsatzspitzen drei bis neun Monate früher erreichen lassen. Selbst bei Medikamenten, die keine „Blockbuster“ sind, können somit mehrstellige Millionenbeträge erwirtschaftet werden. Großes Potenzial für PLM-Aktivitäten bietet sich auch in der Phase der Produktkommerzialisierung. Ein Beispiel sind optimierte Außendienstkonzepte, die das Informationsbedürfnis von Ärzten zu Risken und Nebenwirkungen befriedigen, etwa über das Internet oder mit Hilfe von Call-Centern. Hier haben sich Portal-Lösungen bewährt, die dem Behandlungspersonal unter anderem über Indikationsdatenbanken zusätzliche Informationen bereitstellen. Darüber hinaus können gezielte Patienten-Programme die verschreibungsgemäße Einnahme der Medikamente unterstützen und damit den Behandlungserfolg verbessern.
Aber auch die Einführung von Packungsstandards und eine konsequente Stammdatenverwaltung bieten Ansatzpunkte für PLM. Dabei gewährleistet SAP Master Data Management (SAP MDM) über nationale Grenzen hinweg einheitliche Produkt-, Kunden- und Marktdaten und stellt sie den verschiedenen Prozessen zur Verfügung.
Effektives Monitoring
PLM-Strategien werden in den meisten Unternehmen global entwickelt und regional umgesetzt, da die Präferenzen etwa in Bezug auf Darreichungsformen oder Therapien in den einzelnen Ländern verschieden sind. Der Überwachung der jeweiligen PLM-Aktivitäten kommt eine Schlüsselrolle zu, denn der Erfolg oder Misserfolg einzelner Maßnahmen gibt Hinweise für die Entwicklung und Umsetzung weiterer Schritte.
Eine Voraussetzung für ein regelmäßiges Monitoring ist eine IT-Infrastruktur, die verteiltes, überregionales Arbeiten unterstützt, Systemgrenzen überwindet und auch eine anwenderfreundliche Benutzerschnittstelle bietet. SAP NetWeaver ist hierfür eine gute Grundlage. Mit der neuen Funktionalität der „Guided Procedures“ in Verbindung mit Adobe-basierten interaktiven Formularen lassen sich Prozesse mit anwenderorientierten Eingabeformularen („digitales Papier“) flexibel gestalten. Die Adapter-Technologie erleichtert unternehmensübergreifende Prozesse, da sich Fremdsysteme einfach integrieren lassen.
Die Studie „Unlocking the Value of Pharmaceutical Products: A New Perspective for Product Lifecycle Management” ist bei Capgemini kostenfrei erhältlich über Monika Hespe, Telefon +49 (0)30 8 87 03 -1 75.


