>

Viele Mittelständler haben inzwischen die natürliche Grenze erreicht, bis zu der sich Kosten intern reduzieren lassen. Das gilt sowohl für die operative Ebene (Maschinenauslastung, Automatisierung und Flexibilisierung von Lieferketten) als auch für die strategische Ebene, also für die Produktentwicklung, die Optimierung von Service-Angeboten sowie eine systematische Verankerung von Plan- und Zielwerten.

Keine Patentrezepte

Angesichts des weiter wachsenden Kostendrucks stellt sich für mittelständische Firmen daher die Frage, ob und vor allem welche Prozesse sie auslagern sollen. „Prinzipiell diejenigen, welche sie aufgrund mangelnder Ressourcen nicht oder nur auf Kosten ihres eigentlichen Kerngeschäftes erbringen können“, antwortet Karsten Leclerque, Consultant bei Pierre Audoin Consultants (PAC). Ob sich ein bestimmter Geschäftsprozess für das Business Process Outsourcing (BPO) eignet, hängt laut der IT- und Strategieberatung Capgemini hauptsächlich von zwei Faktoren ab: von der strategischen Bedeutung des Prozesses für das Unternehmen und vom Grad seiner Standardisierung.

Für BPO eignen sich in der Regel horizontale Prozesse, die nicht zum Kerngeschäft gehören und keine Wettbewerbsdifferenzierung darstellen. Darunter fallen in erster Linie Personalwesen und Buchhaltung sowie branchenspezifische Vorgänge wie etwa das Billing bei Telekommunikations-Unternehmen oder Energieversorgern. Holger von Jouanne-Diedrich, Outsourcing-Experte am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen, zählt zu den klassischen BPO-Themen auch Logistik, Beschaffung (zum Beispiel E-Procurement) und bestimmte Geschäftsprozesse im Customer Relationship Management (CRM) wie Call-Center-Dienstleistungen.

Nach einer Analyse der PAC-Berater zum BPO-Markt in Deutschland kann aber auch im vertikalen Bereich ausgelagert werden. Am Beispiel des Bankwesens nennen die Fachleute explizit Kernprozesse wie Wertpapierabwicklung, Zahlungsverkehr und Kreditgeschäft. „Ob horizontales oder vertikales BPO: Mittelständler, die Geschäftsprozesse auslagern wollen, sollten in jedem Fall die Angebote von BPO-Dienstleistern mit der Qualität und den Kosten ihrer eigenen Geschäftsprozesse vergleichen“, rät Jouanne-Diedrich. Allein dieser Schritt kann bereits für mehr Kosten-Transparenz sorgen und BPO als Alternative zum Eigenbetrieb attraktiv machen. „Ein Patentrezept, wann ein Mittelständler welche Geschäftsprozesse auslagern soll, gibt es jedoch nicht“, warnt der Experte. „Das hängt oft vom Einzelfall ab.“

Aus den Kinderschuhen wachsen

Betrachtet man die Studien einschlägiger Marktbeobachter wie IDC oder Gartner, so werden dem BPO-Markt auf internationaler Ebene für die nächsten Jahre hohe Wachstumsraten vorausgesagt. Laut Gartner soll der BPO-Markt 2005 weltweit auf knapp 134 Milliarden US-Dollar ansteigen (2004: 123,8 Milliarden US-Dollar). Nach IDC wird der Markt bei einer durchschnittlichen Wachstumsrate von elf Prozent bis 2008 sogar ein Volumen von 682,5 Milliarden US-Dollar erreichen. „Das aktuelle Wirtschaftsklima verleiht der Nachfrage nach BPO einen deutlichen Schub“, konstatierte IDC-Analystin Romala Ravi in der 2004 veröffentlichten Untersuchung des US-Marktforschungsunternehmens.
Heruntergebrochen auf einzelne Länder ergibt sich jedoch ein differenzierteres Bild. Verglichen mit den angelsächsischen Ländern stecke der Markt in Deutschland noch in den Kinderschuhen, bilanziert das Outsourcing-Beratungsunternehmen Clearview anhand einer im Herbst 2004 durchgeführten Online-Umfrage. Katharina Grimme, Deutschland-Chefin des Marktforschungsinstituts Ovum, rechnet in einem Beitrag auf dem Online-Dienst „Silicon.de“ für Deutschland mit einem BPO-Volumen von 710 Millionen Euro für 2004. PAC erwartet zwar in einer unlängst veröffentlichten Untersuchung für Deutschland im Jahr 2005 ein Wachstum von 17 Prozent, und auch die Folgejahre sollen zweistellige Zuwachsraten bringen. Im Moment sei dieser Bereich aber noch geprägt von „emotionalen Hemmschwellen und der zögernden Bereitschaft in den Unternehmen und Organisationen, als ‚mission critical‘ empfundene Kompetenzen abzugeben“, so das Fazit von Clearview.

BPO ja, aber mit System

Mittelständlern, die Geschäftsprozesse auslagern wollen, empfiehlt PAC-Berater Karsten Leclerque, in jedem Fall mehrstufig und systematisch vorzugehen. Im ersten Schritt gilt es, die Prozesse zu identifizieren, welche Wettbewerbsvorteile bedeuten und im Unternehmen verbleiben müssen. Anschließend müssten die Betriebe ihre nicht wettbewerbsrelevanten Prozesse durchleuchten und deren interne Kosten und Effizienz ermitteln. Ergibt die Analyse, dass die Auslagerung dieser Arbeitsschritte Vorteile bringen kann, muss im nächsten Schritt ein geeigneter BPO-Anbieter gefunden werden. „Gerade im Mittelstand spielen psychologische Aspekte wie etwa Vertrauen eine wichtige Rolle“, erklärt Leclerque.
Nach Leclerques Erfahrung legen Mittelständler Wert darauf, sich mit dem künftigen Vertragspartner „auf einer Augenhöhe zu bewegen“, das heißt, der Anbieter sollte entweder selbst Mittelständler sein oder entsprechende Strukturen, etwa in Form einer Mittelstands-Einheit, besitzen. „Denn gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen sind Prozess- und Branchen-Kenntnisse unabdingbar“, so der Consultant. Ist ein Mittelständler international tätig, sollte auch der IT-Dienstleister international aufgestellt sein und Erfahrung aus entsprechenden BPO-Projekten mitbringen. „Um die letzte Hürde zum BPO zu überwinden, muss für einen Mittelständler schlussendlich auch das Preis-Leistungs-Paket inklusive transparenter und flexibler Vertragsgestaltung stimmen“, macht Leclerque deutlich.

Brille schärfer gestellt

Die Firmen stellen inzwischen hohe Anforderungen an ihre BPO-Dienstleister. „Die Brille, mit der BPO-Verträge bewertet werden, wurde schärfer gestellt“, so IDC-Analystin Ravi. Damit beschreibt sie bereits das Spannungsfeld, innerhalb dessen sich die Unternehmen bewegen, die Geschäftsprozesse an einen externen Dienstleister auslagern (wollen). Für einen mittelständischen Betrieb ist es daher attraktiv, Vorgänge wie die Personalabrechnung, die Buchhaltung oder den Einkauf an einen qualifizierten externen SAP-Dienstleister wie AC-Service (BPO HR), ORGA, saardata oder TDS auszulagern. Sie bringen die erforderlichen Branchenkenntnisse mit, sind mittelstandskonform und unterliegen aufgrund der Zertifizierungsrichtlinien von SAP strengen Qualitätsnormen. Überdies hat SAP mit „BPO Services Powered by SAP“ ein neues Programm für die Auslagerung von Geschäftsprozessen vorgestellt. In enger Zusammenarbeit mit führenden Outsourcing-Anbietern unterstützen die „BPO Services Powered by SAP“ Aufbau und Betrieb so genannter BPO Delivery Platforms, die den effizienten und standardisierten Einsatz aktueller SAP-Lösungen mit dem Service-Portfolio der BPO-Anbieter kombinieren. Ihre Kunden profitieren damit von automatisierten sowie innovativen Prozessen bei der Auslagerung.

Einsparpotenziale nutzen, wettbewerbsfähig bleiben

Das Beratungsunternehmen PAC erwartet, dass deutsche Unternehmen durch BPO immerhin zwischen 25 und 30 Prozent an Kosten sparen können. Firmen, die Geschäftsprozesse auslagern, wollen laut Capgemini aber zugleich die Qualität ihrer Prozesse verbessern und damit ihre Effizienz steigern. Anders ausgedrückt: „Unternehmen, die bestimmte Geschäftsprozesse auslagern, befreien sich von Investitionen, und Fixkosten werden in variable, nutzungsabhängige Kosten umgewandelt. Damit konzentrieren sich die Firmen wieder auf ihr Kerngeschäft, agieren flexibler am Markt und bleiben wettbewerbsfähig“, bilanziert Karsten Leclerque abschließend.

Weitere Informationen:

Allgemein: www.ephorie.de/bpo-beitraege.htm (Sammlung verschiedener Fachartikel zu BPO), www.silicon.de/cpo/hgr-tdm/detail.php?nr=17961
Studien: www.capgemini.de, www.clearview.de, www.gartner.com, www.idc.com/germany, www.pac-online.de
SAP AG: www.sap.com/company/press/press.aspx?PressID=4467

Dr. Andreas Schaffry
Dr. Andreas Schaffry