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KarstadtQuelle
KarstadtQuelle

Tag für Tag werden nicht nur 2,5 bis 3 Millionen Kunden in den Kaufhäusern und im Versandhandel der KarstadtQuelle AG bedient, auch die über 90.000 Mitarbeiter benötigen vielfältige Produkte für ihre Arbeitsplätze. Das reicht von der Druckerpatrone bis zum PC und vom Versandkarton bis zur Schaufensterpuppe. Bisher mangelte es an einer konzernweiten Bündelung des Einkaufs von Nichthandelsware. Eine Gesamtaufstellung, wer wo was und wie viel in den Einzelunternehmen einkauft, war nicht auf Knopfdruck möglich, weil es an Transparenz und Standards fehlte. Artikelbezeichnungen, Nummernsysteme und Warengruppen ließen sich in den Konzernunternehmen nur mit großen Mühen vereinheitlichen. Die Folge: In verschiedenen Bereichen von KarstadtQuelle wurden ähnliche Sortimente mit Lieferanten ausgehandelt und gleichartige Artikel zu unterschiedlichen Einkaufspreisen angeboten.

Zentral verhandeln, dezentral beschaffen

Den Einkauf transparent gestalten, die Marktposition nutzen, Beschaffungsprozesse vereinfachen und die Einkaufskosten deutlich senken, das waren die Ziele von KarstadtQuelle. “Voraussetzung für die Optimierung im Einkauf ist die Transparenz über Artikel, Sortimente, Lieferanten, Mengen- und Werteflüsse, Verträge und Konditionen”, so Gregor Blauermel, Leiter Logistik/ Services und verantwortlich für den Einkauf Nichthandelsware und Dienstleistungen der KarstadtQuelle AG. Um dies zu erreichen, entschied sich der Handelskonzern, das Lead-Buyer-Prinzip als virtuelle Organisation einzuführen. Diese sollte durch eine zentrale Einkaufsplattform auf Basis von mySAP Supplier Relationship Management (mySAP SRM) unterstützt werden.
Der Lead-Buyer-Ansatz funktioniert wie folgt: Einkaufsprojekte werden konzernweit harmonisiert und jeweils einem Lead-Buyer zugewiesen. Für die ihnen zugeteilten Einkaufsprojekte übernimmt der Lead-Buyer nach dem Prinzip “einer für alle” die Einkaufsfunktion für alle Unternehmen der KarstadtQuelle AG. Jeder Lead-Buyer ist damit konzernweit für die Einkaufsverhandlungen mit Lieferanten, die Aushandlung von Rahmenverträgen und die zentrale Listung von Artikeln einer Warengruppe verantwortlich. Die zentrale Einkaufsplattform unterstützt sie dabei. Sie sorgt aber zugleich auch dafür, dass die einzelnen Beschaffungsvorgänge dezentral bleiben und die Abteilungen in der Lage sind, ihre Einkäufe – anhand der ausgehandelten Rahmenbedingungen – selbst durchzuführen.
“Uns war es wichtig, die Vorteile sowohl einer dezentralen als auch einer zentralen Beschaffung zu nutzen. Daher haben wir uns entschieden, die neue virtuelle Organisation einzuführen und den Konzerngesellschaften als Angebot zur Verfügung zu stellen”, erklärt Gregor Blauermel. “Damit ist sichergestellt, dass zentral ausgehandelte Verträge auch die tatsächliche Bedarfssituation vor Ort treffen.”

Lead-Buyer eingeführt

KarstadtQuelle beauftragte das Beratungshaus axentiv AG, eine Anwendungslösung für die Unterstützung des Lead-Buyer-Prinzips zu konzipieren und zusammen mit der Itellium GmbH, dem IT-Dienstleister des Handelskonzerns, auf Basis von SAP-Software zu realisieren. Anfang 2004 wurde im Rahmen einer Vorstudie das Konzept zur Unterstützung des Lead-Buyer-Prinzips erstellt. Das wurde angenommen und vom gemeinsamen Beraterteam von axentiv und Itellium von April bis Oktober 2004 umgesetzt. KarstadtQuelle entschied sich ferner, mit eClass einen international bewährten Klassifikationsstandard für Warengruppen und Warenmerkmale einzuführen. Diese Aufgabe wurde von einem Team zeitgleich mit der Implementierung von mySAP SRM erledigt.
Für die Anwendungsplattform kommt modernste SAP Softwaretechnologie und -architektur zum Einsatz. Neben mySAP SRM und SAP NetWeaver Business Intelligence werden auch die Möglichkeiten von SAP NetWeaver Portal genutzt. Eine besondere Herausforderung ist die Integration einer Vielzahl von SAP- und Nicht-SAP Beschaffungssystemen.

Kataloge und Kontrakte

Lead-Buyer-Plattform
Lead-Buyer-Plattform

Wichtiger Bestandteil des Konzepts ist eine übergreifende Plattform, die aus den mySAP-SRM-Komponenten Zentrales Katalog- und Contentmanagement, Kontraktmanagement, Self Service Procurement und Zentrales Einkaufsreporting besteht. Im Kontraktmanagement der Einkaufsplattform werden sämtliche einkaufsrelevanten Informationen und Daten über Lieferanten, Verhandlungsergebnisse, Rahmenverträge, Konditionen, Sortimente und Artikel sowie die für das Controlling wichtigen Werteflüsse im Rechnungswesen aufbereitet und den operativen Beschaffungseinheiten und -systemen zur Verfügung gestellt.
Im Rahmen des Self Service Procurement lassen sich zentrale Kataloge für den Konzern anlegen, die sowohl Sortimente für den Gesamtkonzern als auch für dessen Teile abbilden und externe Kataloge der Lieferanten einbinden. Browsertechnologie reicht aus, um sich sich die Kataloge anzusehen und Bestellvorgänge direkt zu starten.
Mit der Business-Intelligence-Komponente des zentralen Reportings ist KarstadtQuelle in der Lage, über Kennzahlen zu analysieren und Abweichungen sofort zu erkennen. Aufgrund dieser Informationsbasis lassen sich beispielsweise Sortimente reduzieren und standardisieren.

Vorreiterstellung

Nach nur sechs Monaten Projektlaufzeit wurde das DV-System bei der KarstadtQuelle AG Ende 2004 im Bereich Nichthandelsware und Dienstleistungen eingeführt. Dem Handelskonzern gelang es, die Beschaffungskosten deutlich zu senken. Bei gleichen Artikelanforderungen werden die Sortimente und Rahmenverträge vereinheitlicht. Die Zahl der Lieferanten lässt sich ebenfalls senken. Auch Prozesskosten reduziert KarstadtQuelle durch eine integrierte Prozesskette von Bedarfsmeldung über Freigabe und Bestellung bis zur Regulierung. Alle Beteiligten greifen auf dieselbe Datenbasis zu. Damit entfällt die mehrfache manuelle Pflege von Stammdaten, ebenso wie die Erstellung pflegeaufwändiger Papierkataloge.
In einer nächsten Stufe soll das Lead-Buyer-Prinzip auch auf andere Organisationen und Warengruppen ausgedehnt werden. “Das innovative Projekt Lead-Buyer-Plattform klingt sehr komplex, ist aber mit weniger Aufwand zu realisieren, als man meinen könnte”, betont Oliver Siepers, Projektleiter der axentiv AG. “Das Projekt ist nicht nur technologisch, sondern insbesondere von der betriebswirtschaftlichen Zielsetzung hochinteressant. Denn der Einkauf birgt für viele Konzerne ein großes Potenzial, um Kosten dauerhaft weiter zu senken, die Margen zu vergrößern und den Gewinn deutlich zu erhöhen. KarstadtQuelle nimmt hier im Bereich der Nichthandelsware eine Vorreiterstellung ein”.

Frank Braun
Frank Braun