Die Zulieferindustrie im Automotive-Bereich steht vor weit reichenden Veränderungen. Laut einer aktuellen Untersuchung der Roland Berger und Partner GmbH wird beispielsweise die Konzentration im Umfeld der Erstausrüster (Original Equipment Manufacturer, OEM) weiter zunehmen. Danach soll die Zahl der Zulieferer bis zum Jahr 2010 auf 3.500 sinken; im Jahr 2000 waren es noch 5.600. Zudem geht die Studie davon aus, dass sich bis dahin nur noch acht Automobilhersteller den gesamten Weltmarkt teilen.
Will ein Zulieferer in diesem Konzentrationsprozess bestehen, muss auch er verstärkt global agieren und kooperieren. Dies ist umso dringlicher, als die Zulieferunternehmen bis 2015 große Teile der Forschung, des Engineerings sowie der Produktion von den Herstellern übernehmen werden, wie eine Untersuchung der Unternehmensberatung Mercer Inc. sowie der Fraunhofer Institute für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und für Materialfluss und Logistik (IML) ermittelte. Diese Verlagerung eröffnet ihnen dann ein Wachstumspotenzial von insgesamt 70 Prozent.
IT-Plattformen für die Zusammenarbeit
Die Unternehmen kommen daher nicht umhin, künftig noch mehr Verantwortung für das Management und die Systemintegration von Prozessen, etwa entlang der Lieferkette, zu übernehmen. Durch die noch engere Zusammenarbeit mit den Automobilherstellern und anderen Zulieferern entstehen dynamische, stark verzahnte Netzwerke, in die alle möglichen Bereiche, von der Entwicklung bis hin zu den After-Sales-Dienstleistungen, eingebunden sein können. Inzwischen haben sich sogar die ersten Händler (Retail Business Management) eingereiht.
Für diese Form der Zusammenarbeit sind von technischer Seite her einheitliche Internet-basierte Plattformen erforderlich, die eine lückenlose Prozess-Kommunikation und den Informationsaustausch über die Unternehmensgrenzen hinweg ermöglichen. Die Herausforderung, die sich daraus für die Unternehmen im Automotive-Umfeld ergibt, lässt sich auf einen einfachen Nenner bringen: Collaboration und Integration. Es gilt, sich verändernde Geschäftsprozesse und neue Partner möglichst rasch in die Zusammenarbeit einzubinden. Nach einer Untersuchung von SAP stufen es rund 48 Prozent aller befragten Unternehmen als sehr relevant ein, schnell auf neue Bedingungen zu reagieren. Ohne eine effiziente und flexible IT lässt sich dies allerdings nicht umsetzen.
Gleichwohl gelten Investitionen in eine neue System-Landschaft aufgrund des meist unsicheren Zeit- und Kostenrahmens immer noch als schwer kalkulierbar. Ferner sind, so die Gartner-Studie “Enlightened IT Use Survey”, in der Regel mehr als 80 Prozent des IT-Budgets einer Firma bereits in bestehenden Systemen gebunden. Dadurch wächst der ohnehin starke Druck auf die Betriebskosten – bei gleichzeitiger Forderung nach mehr Flexibilität und Innovationen.
Mehr Flexibilität durch Serviceorientierung

Dieses Dilemma lässt sich lösen, indem bereits vorhandene Services innerhalb der Unternehmens-IT, beispielsweise die Arbeitswertermittlung oder auch Stammdaten-Funktionen, neu kombiniert werden – und zwar über Unternehmensgrenzen hinweg. Die Grundlage dafür liefert eine serviceorientierte Architektur für anpassungsfähige Unternehmenslösungen, zum Beispiel die Enterprise Service-Oriented Architecture (Enterprse SOA) von SAP. Enterprise SOA bildet gewissermaßen den Bauplan, um die bestehenden Lösungen zu integrieren und neue Services zu entwickeln. Dabei lassen sich sowohl strukturierte Informationen in Form von Stücklisten als auch unstrukturierte Informationen wie Prüfdokumente aus SAP- und Nicht-SAP-Systemen einbinden und steuern.
Die technologische Grundlage von Enterprise SOA ist SAP NetWeaver. Diese Plattform setzt mit Web-Services oder Java auf zukunftsweisende Technologien und unterstützt alle gängigen Standards, beispielsweise XML (Extensible Markup Language). Damit stellt SAP NetWeaver das Gerüst, mit dem sich eine bestehende IT-Landschaft in Richtung Enterprise SOA entwickeln lässt. Web-Services sind eine geeignete Technologie, um eine serviceorientierte IT-Architektur wie Enterprise SOA unter Einsatz sämtlicher geläufiger Kommunikationsmechanismen – darunter das Simple Object Access Protocol (SOAP) sowie http – zu implementieren. Beliebige Software-Komponenten, beispielsweise SAP-Lösungen oder die Applikationen eines anderen Anbieters, lassen sich als Web-Services über das Internet miteinander verbinden. Dank des offenen Aufbaus der Enterprise Service-Oriented Architecture können sie leicht angepasst und miteinander kombiniert werden. Auf diese Weise kann ein Unternehmen schneller auf sich verändernde Geschäfts- und Kooperationsmodelle reagieren.
Eine Roadmap erleichtert die Orientierung

Welche Maßnahmen notwendig sind, um die firmeneigene IT zur Enterprise SOA weiterzuentwickeln, zeigt eine so genannte Roadmap auf. Die auf den Automotive-Sektor spezialisierte Management- und IT-Beratung Mieschke Hofmann und Partner (MHP) zum Beispiel erstellt solche Roadmaps nach einem selbst entwickelten Vorgehensmodell. Damit lassen sich entlang der Prozessketten die notwendigen Enterprise-Services identifizieren. Zusätzlich werden für jeden Service die IT-Systeme für seine Implementierung bestimmt und diese Systeme hinsichtlich ihrer Prozessrelevanz und Informationsgüte bewertet.
Auf diese Weise ist es möglich, eine langfristige und serviceorientierte IT-Strategie für das jeweilige Unternehmen aufzubauen, die bestehende Systeme, Services und Investitionen berücksichtigt. Anhand der Analyse lassen sich Prozesse und Informationen im Hinblick auf ihre strategische IT-Relevanz und den Lebenszyklus der Software-Lösungen überprüfen. Da vorhandene Systeme im Zuge der Migrationsplanung wiederverwendet oder gegebenenfalls gezielt ersetzt werden können, verringert sich das Investitionsrisiko auf ein Minimum. Gleichzeitig sinken die Betriebskosten. Dazu tragen auch die vorkonfigurierten Inhalte der Business-Szenarien von SAP NetWeaver bei, die in Form von fertigen Enterprise-Services vorliegen.
Das Beratungsunternehmen MHP entwickelte seine prozessorientierte und strategische Vorgehensweise für die Einführung der Enterprise SOA auf der Grundlage zahlreicher erfolgreicher Projekte etwa bei Porsche, BMW, Georg Fischer Automotive und Knorr Bremse. Mit einer serviceorientierten IT-Architektur sind die Unternehmen der Automobilindustrie für künftige Aufgaben gut gerüstet.
