
Herr Ma, wie kam es zu dem Namen Alibaba?
Ma: Als wir mit dem Aufbau des Portals begannen, wollten wir eine Weltfirma schaffen, die Käufer und Verkäufer in der ganzen Welt miteinander verbindet. Wir wollten einen Namen finden, den weltweit jeder kennt und der leicht zu merken ist. Jemand schlug “Alibaba” vor und als ich Freunde von überall aus der Welt danach fragte, stellte sich heraus, dass alle diesen Namen kannten – ganz gleich, aus welchem Land sie kamen. So dachten wir, dass es der perfekte Name für ein weltweit operierendes Unternehmen wäre.
Wie überall sonst auch, assoziiert man in China den Namen Alibaba mit der sagenhaften Schatzhöhle und dem Zauberspruch “Sesam, öffne dich”. Das Internet bietet vielen Geschäftsleuten etwas Vergleichbares: Es kann verborgene Schätze erschließen.
Hat Alibaba einen besseren Zugang zu den chinesischen Kunden als Ebay?
Ma: Ebay ist ein internationales Unternehmen, das in den USA gegründet wurde – und Alibaba ist ein ebensolches mit chinesischem Hintergrund. So wie Ebay mit dem amerikanischen Markt vertraut ist, kennen wir den chinesischen. Wir sind hier aufgewachsen, wir verstehen die Kultur und, was vielleicht am entscheidendsten ist, wir verstehen die Kunden. Ja, ich denke, wir genießen hier in China schon einen großen Wettbewerbsvorteil.
Welche Vorteile bietet das Portal seinen Nutzern, verglichen mit anderen Unternehmen?
Ma: Wir haben uns schon auf den Business-to-Business Handel spezialisiert, bevor der Begriff “B2B” zum Schlagwort im E-Commerce wurde. Die meisten großen US-Unternehmen haben sich darauf konzentriert, internationale Großkunden mit E-Commerce-Angeboten zu bedienen. Unsere Zielgruppe dagegen sind die kleinen Firmen – Privatunternehmer und mittelständische Unternehmen, denen es immer schwer fiel, Kunden und Partner zu gewinnen, bevor es das Internet gab. Deshalb waren wir etwa gegenüber Ariba und Commerce One im Vorteil: Wir konzentrierten uns ganz gezielt auf die SMEs, und damit auf die Firmen, die am meisten vom Internet profitieren können.
Warum wird in China so viel über das Internet gekauft und verkauft?
Ma: Für China ist das ja alles neu. Vor dem Internet-Zeitalter waren Marktplätze, Einkaufszentren und auch das Produktangebot sehr beschränkt. Weil China sich so schnell entwickelt hat, bieten wir einen Service, für den es keine Alternative gab. Wohl deshalb ist man in China derart schnell auf den Zug aufgesprungen, während sich die Entwicklung im Westen viel langsamer vonstatten ging.
Warum ist der chinesische Markt auch für Unternehmen aus dem Ausland so lukrativ?
Ma: In China gibt es ein stabiles Geschäftsumfeld, niedrige Arbeitskosten, gute Qualität und einen ausgeprägten Unternehmergeist. Kein Wunder, dass China zur Produktionsstätte der Welt geworden ist.
Welche Vorteile bringt die Partnerschaft mit Yahoo für Alibaba mit sich?
Ma: Damit kommt ein weltweit agierender Partner mit hoch entwickelter Technologie und weltbekannten Namen ins Boot. Auf China bezogen bedeutet das, dass wir unserem bereits eingeführten E-Commerce-Portfolio nun auch eine Suchmaschine zufügen können. Durch die integrierte Suchmaschine können wir unseren Kunden nun erweiterte Möglichkeiten zum Vertrieb ihrer Produkte und Dienstleistungen bieten. Hierzu gehört auch die Abwicklung aller finanziellen Transaktionen über unseren Dienst AliPay.
Sehen Sie Ihre Partnerschaft als Modell für internationalen Geschäftserfolg in China?
Ma: Ja, ich denke, zumindest auf das Internet bezogen, lässt sich dies sagen. Bis heute ist kein US-Unternehmen Marktführer in China geworden, weil es ihnen nicht gelungen ist, ihre Produkte den chinesischen Bedürfnissen ausreichend anzupassen. Das Internet ist wie Wasser: Es passt sich dem kulturellen und ökonomischen Umfeld mehr an als jedes andere Produkt oder Dienstleistung. Aus Sicht von Yahoo ist es also eine strategisch gute Entscheidung, ihr lokales Geschäft in die Hände eines lokalen Partners zu legen. Ich kann mir vorstellen, dass mehr Unternehmen diesem Beispiel folgen werden.
Sehen Sie sich selbst als Wettbewerber der chinesischen Suchmaschine Baidu? Warum streben Sie keine Partnerschaft mit Baidu an?
Ma: Im Feld der Suchmaschinen konkurrieren wir in der Tat mit Baidu. Allerdings arbeiten wir in anderen Bereichen sehr eng mit Baidu zusammen. Im Internet-Geschäft ist es ja heute nicht unüblich, mit ein und demselben Unternehmen zugleich im Wettbewerb zu stehen und zu kooperieren.
Wie Google und Baidu hat sich auch Yahoo dazu verpflichtet, politisch unerwünschte Suchergebnisse nicht weiter zu geben. Schränkt dies nicht das Geschäftspotenzial eines E-Commerce-Unternehmens wie Alibaba ein?
Ma: Es ist doch ganz natürlich, dass Unternehmen sich nach den Gesetzen der Länder richten, in denen sie operieren. Wir befassen uns nicht mit Politik: nicht etwa aus politischen Gründen, sondern einzig aus ökonomischen. Was uns interessiert, ist allein E-Commerce. Davon verstehen wir etwas und das können wir am besten.