Benutzerfreundliche Oberflächen sind gerade für mobile Lösungen unverzichtbar. Um Außendienstmitarbeiter sinnvoll zu unterstützen, muss die Software unter anderem ihre spezielle Arbeitssituation berücksichtigen: Für Wartungstechniker beispielsweise wäre es wichtig, die Anwendung auch mit nur einer Hand bedienen und so bei Bedarf gleichzeitig mit anderen Geräten hantieren zu können. Auch die Besonderheiten der mobilen Endgeräte, etwa eine geringere Auflösung von PDA-Displays, stellen Anforderungen an die Benutzerfreundlichkeit einer Lösung.
Wie schon kleine Ergänzungen am Graphical User Interface (GUI) die Ergonomie mobiler Anwendungen verbessern, zeigt ein Projekt am Hasso-Plattner-Institut (HPI), einem privat gestifteten Fachbereich für IT-System-Engineering an der Universität Potsdam. Für ihre Abschlussarbeit entwickelten acht Studenten innovative grafische Elemente für mobile Benutzeroberflächen, so genannte Widgets, und integrierten sie in die Standardsoftware für Anlagenwartung SAP xApp Mobile Asset Management. Widgets stellen Informationen bereit oder ermöglichen es, mit der Anwendung zu kommunizieren. Beispiele sind Icons, Auswahlboxen, Fortschrittanzeigen oder Scroll-Balken. Zu den acht neuen Widgets für das xApp gehören unter anderem anwenderfreundliche Erfassungsmöglichkeiten für Termine und Wartungsdaten sowie eine überblicksartige Darstellung der Navigation. Diese sinnvollen Ergänzungen zu der Wartungslösung sind einfach zu implementieren und laufen auf unterschiedlichen Betriebssystemen auf PDAs und Laptops.
Der Quelltext bleibt unverändert
In dem sechsmonatigen Projekt, bei dem das HPI mit der SAP-Niederlassung in Berlin zusammenarbeitete, untersuchten die Studenten in einer Machbarkeitsstudie die tragbaren Endgeräte – PDAs mit den Betriebssystemen Microsoft PocketPC und Windows Mobile sowie Laptops mit Windows XP –, verglichen die Leistungsfähigkeit der Betriebssysteme und erstellten das Feinkonzept für die Umsetzung (Business Blueprint). Bei der Entwicklung der Widgets setzten sie auf dem SAP-Konzept für modifikationsfreie Erweiterungen der Funktionalität von mobilen Applikationen auf. Dieses Konzept ermöglicht es, eigenprogrammierte Logik in den Standard einzubauen, ohne den originalen Quelltext zu verändern. Damit lässt sich die Software problemlos an spezielle Kundenanforderungen, etwa an die Reihenfolge von Screens oder die Art der dargestellten Felder anpassen oder um neue Hilfsmittel für die Eingabe und Bedienung ergänzen.
JSP-Anwendungen (Java Server Pages) wie SAP xApp Mobile Asset Management werden im Framework der SAP Mobile Infrastructure, bestehend aus dem JSP-Server Tomcat Servlet Container, bereitgestellt. Für die Entwicklung der Widgets verwendeten die Studenten unterschiedliche Technologieansätze, etwa Java Server Pages und Asynchronous JavaScript and XML (AjaX) sowie Java-Bibliotheken wie das Standard Widget Toolkit (SWT). JSP-Widgets lassen sich nach dem SAP-Erweiterungskonzept nahtlos in das SAP xApp integrieren, SWT-Widgets mit Hilfe eigenprogrammierter Methoden.
Zeiterfassung ohne Verzug

Eines der neuen Widgets für SAP xApp Mobile Asset Management ist eine Zeiterfassung, mit dem beispielsweise Termine angelegt werden können. Grafisch erinnert es an eine Analoguhr und besteht aus zwei Ringen. Im äußeren Ring erfassen Anwender die Stunden, im inneren die Minuten. Die Anzeige der Minuten und Stunden ist frei definierbar. Da das Widget den Platz auf dem Display optimal ausnutzt, lässt es sich bequem bedienen, bei einem PDA genügt dazu sogar der Daumen. Bislang war die Eingabe weniger komfortabel, da für die Zeitauswahl nur zwei relativ kleine Spalten zur Verfügung standen.
Die Laptop-Version des Widgets basiert auf dem AjaX-Konzept. Dabei kommunizieren Client und Server asynchron und verhindern, dass das HTML-Dokument nach jeder Zeitauswahl komplett neu geladen werden muss. Dies würde zu längeren Wartezeiten führen, die nicht mehr vertretbar sind.
Da der in die Microsoft-Betriebssysteme Windows Mobile und PocketPC integrierte Browser die notwenigen Befehle zur Programmierung der Widgets nicht unterstützt, griffen die Studenten bei der PDA-Version auf die Java-SWT-Bibliothek zurück. Damit können grafische Benutzeroberflächen mit Hilfe systemeigener Darstellungsformen erstellt werden, so dass sich die Oberflächen an das “Look and Feel” des jeweiligen Betriebssystems anpassen.
Damit die JSP-Anwendung mit der neuen Bibliothek zusammenarbeitet, sind die SWT-Widgets von einem eigenen Framework umgeben, das eine Vermittlerfunktion übernimmt. So lassen sich die Widgets ereignisgesteuert und mehrfach innerhalb einer Applikation aufrufen.
Orientierungshilfe für die Navigation

Außerdem entwickelten die Studenten eine Fortschrittsanzeige (Breadcrumb-Navigation) für PDAs und Laptops und ermöglichten eine überblicksartige Darstellung der Navigation, die so genannte “MenuMap”. In der MenuMap lassen sich alle wichtigen “Absprungpunkte” innerhalb der Lösung, etwa zu bestehenden Aufträgen, Meldungen oder technischen Objekten, übersichtlich darstellen. Neue Aufträge und Meldungen werden deutlich sichtbar als solche gekennzeichnet.

Die Fortschrittsanzeige lässt sich jederzeit in SAP xApp Mobile Asset Management einblenden oder als Startbildschirm für die Spezialanwendung “MAMToday” einrichten. Ähnlich wie Outlook stellt MAMToday alle Aufgaben des Tages in einer Ansicht dar und unterstützt so die Arbeitsplanung.
Listen übersichtlich sortieren
Neu für das GUI der Laptop-Version ist außerdem die Möglichkeit, Listen in mehreren Spalten und nach verschiedenen Kriterien zu sortieren. In der Standardeinstellung ist das bislang nicht möglich, wodurch die Suche nach bestimmten Informationen erschwert wird, vor allem bei Listen mit mehreren tausend Einträgen. Daher implementierten die Studenten einen Sortiermodus, mit dem sich die Sortiereinstellungen, etwa die Reihenfolge und Anzahl der Spalten, ohne Neuladen ändern lassen. Um den Sortiermodus zu aktivieren, klickt der Anwender in den Kopfbereich einer Spalte und macht sie dadurch zum Bestandteil der Sortierung. Ein aktiver Sortiermodus ist grafisch durch eine andere Hintergrundfarbe gekennzeichnet, die ausgewählten Spalten erhalten einen Rahmen.

Um Anwendern vor allem bei großen Listen, etwa einer Geschäftspartnerliste mit mehreren hundert Kundeneinträgen, die Auswahl des richtigen Elements zu erleichtern, wurde zusätzlich eine Fokuslinse entwickelt. Sie ist an eine so genannte Fish-Eye-Lens angelehnt und vergrößert alles, was in ihrem Mittelpunkt steht, während die Randbereiche verkleinert werden.
Ein Plus für die Usability
Sämtliche Widgets sind frei konfigurierbar, einfach zu bedienen und leicht zu implementieren. Sie stehen allen Kunden von SAP xApp Mobile Asset Management zur Verfügung und werden auf Anfrage im Rahmen eines Service-Offerings bereitgestellt. Derzeit implementiert ein großer deutscher Energieversorger einzelne Widgets, unter anderem MAMToday, in seiner mobilen Wartungslösung, um den Bedienkomfort für seine Mitarbeiter zu verbessern.
Das Projekt am HPI zeigt, wie gewinnbringend die enge Zusammenarbeit zwischen SAP und den Hochschulen für beide Seiten ist. Der Software-Hersteller arbeitet im Rahmen seines University-Alliance-Programms mit weltweit mehr als 500 Institutionen aus Forschung und Lehre zusammen. SAP stellt dabei unter anderem kostenlos Software und Schulungen zur Verfügung und profitiert auf der anderen Seite von den Arbeiten der Studenten und Forscher.

