Lange Antwortzeiten von IT-Systemen sind nicht nur lästig, sondern bremsen auch die Produktivität eines Unternehmens. Daher sind performante, hochverfügbare Lösungen unerlässlich. Dies gilt natürlich auch für den Energieversorger Enso Energie Sachsen Ost GmbH in Dresden. Die Firmengruppe, die Anfang 2006 aus dem Zusammenschluss der Enso Strom AG und der Enso Erdgas GmbH entstand, beliefert mehr als eine halbe Million Kunden im Raum Ostsachsen mit Strom, Gas, Wasser, Wärme und energienahen Dienstleistungen wie Abrechnungsservices und Services im Zählerwesen oder zur Energieoptimierung.
Für die Abrechnung und Fakturierung von Klein- und Großkunden sowie für das Zählerwesen und Vertragskontokorrent nutzt der Energieversorger SAP R/3 4.6C; im Jahr 2001 erweiterte er seine Installation um die SAP-Branchenlösung für Versorgungsunternehmen (ehemals: SAP IS-U). Verkaufsstatistiken, Hochrechnungen sowie konsolidierte Berichte der Monats- und Jahresabschlüsse werden mit SAP Business Information Warehouse 3.5 (SAP BW) erstellt.
Enso betreibt eine Systemlandschaft mit sechs SAP-R/3-Linien – also die Kombination aus jeweils einem Entwicklungs-, einem Qualitätssicherungs- und einem Produktivsystem – sowie einer SAP-BW-Linie. Seit Anfang 2003 lief die Unternehmenssoftware auf einer SUSE-zLinux-390-Großrechner-Architektur mit DB2-Datenbank. Mit zunehmendem Geschäftsaufkommen stieß die Plattform allerdings bei bestimmten Arbeiten an ihre Grenzen, was zu langen Antwortzeiten führte. Dies galt beispielsweise für Hochrechnungs- und Statistikläufe bei Abfragen oder Pflegeaktionen mit sehr vielen Kundendaten oder für Mandantenkopien oder Läufe zur Zusammenführung von Geschäftspartnern. Besonders problematisch wurde es bei den Turnusabrechnungen von Privatkunden, die teilweise bis zu 13 Stunden dauerten. Dann reichte die Zeit nicht aus, um die Batchverarbeitung über Nacht durchzuführen und die Daten vor dem Dialogbeginn am nächsten Morgen um sieben Uhr zur Verfügung zu stellen. So konnte Enso nicht rechtzeitig mit der Dialogarbeit beginnen. Aus diesem Grund musste das Unternehmen einige Batchverarbeitungen auf das Wochenende verlegen. Doch auch die Arbeit im Dialog litt gelegentlich unter mangelnder Performance.
Anstatt jedoch in zusätzliche Hardware zu investieren, beschloss der Energieversorger, seine 19 SAP-Systeme auf eine neue 64-Bit-Linux-Plattform zu migrieren. Damit wollte das Unternehmen die Grundlage für künftige Releasewechsel schaffen. So ist zum Beispiel für 2006/2007 der Upgrade auf mySAP ERP geplant. Leistungsfähigere Server kommen darüber hinaus auch den Erweiterungen an der SAP-Branchenlösung zugute, die durch das Energiewirtschaftsgesetz notwendig werden. Dazu zählt etwa der Umstieg auf das so genannte Zwei-Mandanten-Modell, um die Bereiche “Netz” und “Vertrieb” zu trennen. Und schließlich senkt der Wechsel von Großrechner-Architektur auf Standard-Server auch die Hardware-Kosten.
Erfahrung aus 350 Migrationsprojekten im Team
Im Frühjahr 2005 fiel der Startschuss für das Projekt. Als Beratungs- und Migrationspartner hatte Enso den SAP-Technologiespezialisten Realtech ins Team geholt. Für den Walldorfer Dienstleister sprachen unter anderem seine Erfahrung aus rund 350 Migrationsprojekten sowie sein Know-how im Bereich der Open-Source-Software: Realtech ist Mitgründer des SAP Linux Labs und engagiert sich kontinuierlich in dieser Expertenrunde.
Gemeinsam mit dem Beratungspartner stellte Enso die neue Plattform zusammen. Da der Energieversorger mit SUSE zLinux (SUSE Enterprise Server 8.0) grundsätzlich gute Erfahrungen gemacht hatte, lag die Entscheidung nahe, auf der neuen Hardware – die Wahl fiel auf Server aus der HP-Proliant-Serie basierend auf x86_64 Architektur – SUSE Linux Enterprise Server 9.0 einzusetzen. Die Server wurden mit AMD-Opteron-Prozessoren ausgestattet, die Enso durch ihr günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugten. Bei der Datenbank entschied sich das Unternehmen für die von SAP entwickelte MaxDB, die mit ihren Eigenschaften “wartungsarm, pflegeleicht und robust” den Anforderungen entsprach. Gleichzeitig bot MaxDB spürbare Kostenvorteile im Vergleich zu anderen Datenbanksystemen. Dank der einfachen, wartungsarmen und auf SAP abgestimmten Betriebskonzepte entsteht beispielsweise ein wesentlich geringerer Betreuungsaufwand.
Hochverfügbarkeit durch Virtualisierung
Realtech hatte kurz zuvor an der Validierung und Freigabe von SUSE Linux x86_64 auf AMD-Opteron-Basis durch SAP mitgewirkt und war daher bestens mit der Zielplattform vertraut. Dies kam Enso unter anderem bei der Frage zugute, wie sich ein kostengünstiges Hochverfügbarkeitskonzept ohne komplexe Clustersysteme realisieren ließe. Die Lösung heißt: Virtualisierung der Applikation und der Datenbank. Dabei werden die Anwendungen zum Starten oder Stoppen durch virtuelle Hostnamen angesprochen und lassen sich dadurch physikalisch vom Server unabhängig behandeln. Die Virtualisierung hat den Vorteil, dass die Applikationen – etwa im Falle einer Störung oder nicht ausreichender Leistungsfähigkeit der Hardware – mit sämtlichen Daten auf einen anderen Server verschoben werden können. Dies steigert die Systemverfügbarkeit und verringert sowohl den administrativen Aufwand als auch Downtimes. Das Migrationsteam erstellte die notwendigen Skripte, um die SAP-Anwendungen auf einem Server herunterzufahren, alle damit verbundenen Ressourcen auf einen anderen Server zu verschieben und dort neu zu starten.
Reibungslose Umstellung
Die Migration verlief nahezu reibungslos innerhalb des geplanten Zeitrahmens. Zwischen Oktober 2005 und März 2006 standen dafür jeweils die Wochenenden zur Verfügung. Bei jeder einzelnen Anwendung exportierte das Team die Datenbank auf die Quellplattform, installierte die SAP-Lösung auf der Zielplattform und importierte die Datenbank. Nur bei einem SAP-System musste die Migration wiederholt werden, weil ein Fehler im Betriebssystem aufgetreten war. Bei den kleineren Systemen mit einer Datenbankgröße bis zu 100 Gigabyte (GB) erfolgte der Plattformwechsel einschließlich der Nachbereitung, also Backup, Anpassung von Schnittstellen und Konfiguration des Transportsystems, innerhalb eines einzigen Wochenendes.
Beim größten SAP-System, dessen Datenbank ein Gesamtvolumen von 900 GB beanspruchte, reichte die Zeit an dem für die Migration zur Verfügung stehenden Wochenende allerdings nicht aus. Daher hatte das Projektteam mit den Anwendern, den Mitarbeitern der kaufmännischen und technischen Abteilungen der Enso Strom AG, bereits im Voraus eine verlängerte Downtime vereinbart. Sie mussten auch am darauffolgenden Montag auf ihre SAP-Anwendung verzichten, konnten in dieser Zeit aber zumindest lesend auf den alten Datenbestand zugreifen.
Alle Anforderungen erfüllt
Bereits mit Abschluss der Migrationen im April 2006 konnte der Energieversorger von den Vorteilen der neuen Plattform profitieren: Obwohl sich mehrere SAP-Systeme einen Server teilen, fallen die Antwortzeiten sowohl im Dialog als auch in der Batchverarbeitung sehr gut aus. Die absoluten Laufzeiten in der Batchverarbeitung haben sich um bis zu 50 Prozent verringert.
Das Virtualisierungskonzept sichert Enso eine hohe Systemverfügbarkeit bei überschaubaren Kosten. Die Linux-Funktionalität für die Wiederherstellung (Recovery) gewährleistet bei Ausfällen, dass die Anwendungen in kurzer Zeit wieder verfügbar sind. Schnellere Entwicklungs- und Qualitätssicherungssysteme erleichtern die Durchführung von Testläufen sowie von Mandanten- und Systemkopien. An den Umgang mit MaxDB haben sich die Mitarbeiter der SAP-Basis rasch gewöhnt, zumal sich die neue Datenbank deutlich einfacher verwalten lässt.
Enso ist mit dem Projekt durchweg zufrieden. Insgesamt verringert die neue Plattform mit ihrer Kombination aus SUSE Linux, MaxDB und AMD-Opteron-Prozessorarchitektur die IT-Kosten erheblich. Vor allem durch den Wechsel auf Standard-Server sind die Hardware-Investitionen und der Aufwand für Wartung und Betreuung der Systemlandschaft gesunken. Entsprechend positiv fällt das Fazit von Dirk Erler aus, dem Fachgruppenleiter Systemadministration bei Enso: “Mit der neuen Lösung unter Linux haben wir unsere IT-Kosten gesenkt und gleichzeitig ein stabiles und optimiertes SAP-System erhalten.”