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Pierre Audoin Consultants
Pierre Audoin Consultants

“In CRM on Demand schlummert großes Potenzial”, ist sich Christian Glas, Senior Consultant bei PAC, sicher. In den USA und Großbritannien beobachten Analysten eine regelrechte “CRM-on-Demand-Welle”. In Europa, namentlich in Deutschland, Frankreich und Italien, sind die Reaktionen jedoch eher zurückhaltend. Zwar gibt es bereits seit einigen Jahren solche Lösungen auch für den europäischen Markt. Doch die PAC-Studie “CRM 2006 Germany” belegt, dass trotz der guten Aussichten, die die Analysten dem Modell bescheinigen, der Umsatz mit CRM on Demand in Deutschland bisher recht gering ausgefallen ist.

“On Demand” oder “on Premise”?

Bei einer CRM-on-Premise-Lösung verfügen die Anwender über eine gekaufte CRM-in-House-Lösung, für deren Betrieb sie selbst verantwortlich sind – etwa das Angebot eines Softwareherstellers oder eine eigenentwickelte Individualsoftware. Bei CRM on Demand hingegen verwendet ein Unternehmen die Lösung eines Anbieters, ohne eigene CRM-Installationen zu besitzen. Hosting, Betrieb, Wartung und Weiterentwicklung übernimmt der Anbieter. Der Kunde arbeitet lediglich mit der Applikation und zahlt hierfür eine über Preismodelle festgelegte Gebühr.
Die Vorteile für Kunden bestehen darin, dass On-Demand-Lösungen in der Regel einfacher und schneller einzuführen sind, sich leichter bedienen lassen und einen geringeren Betreuungsaufwand erfordern als On-Premise-Lösungen. Doch auch hier gibt es Unterschiede – abhängig von Unternehmensgröße, Branche und Lösung. Das On-Demand-Modell eignet sich weniger für Branchen, die sehr spezifische und individualisierte Prozesse aufweisen wie Industrie und Finanzbranche, Marketing und Kundenservice. “Im Vertrieb hingegen reicht die begrenzte Flexibilität einer solchen Lösung völlig aus. Denn hier sind die Prozesse weniger vertikalisiert und bedürfen daher geringerer Anpassungen”, erläutert Christian Glas. Eine wichtige Rolle spielt auch die Integrierbarkeit. “Im Finanzbereich etwa würde eine Integration mit den Kernsystemen und -prozessen sehr lange dauern, da diese Systeme dort oft sehr veraltet sind”, ergänzt er. “Eine kleine Firma jedoch, die zum ersten Mal mit CRM arbeiten möchte, hätte wahrscheinlich einen sehr geringen Integrationsaufwand.”
Kurzfristig lassen sich mit CRM on Demand Kosten einsparen. “Allerdings rechnet sich eine On-Premise-Lösung langfristig oft mehr, da die Nutzungsgebühren bei CRM on Demand über die Zeit konstant bleiben”, erläutert Glas. Darüber hinaus erfordern komplexe CRM-Projekte aufgrund des hohen Anpassungsbedarfs oft beträchtliche Investitionen und unterscheiden sich daher nur wenig von einer Standardlösung. Zudem lassen sie sich manchmal nur schwer individualisieren. “Wenn man allerdings nahe am Standard bleibt, ist CRM on Demand eine interessante Alternative”, meint Glas. “Grundsätzlich gilt: Wer CRM als strategischen Wettbewerbsfaktor betrachtet, wird feststellen, dass On-Demand-Lösungen nicht immer die eigenen Anforderungen abbilden. Wer CRM allerdings nutzt, um operativ Prozesse zu beschleunigen, Kundendaten zu konsolidieren und den Zugriff auf sie zu ermöglichen, ist gut mit einer On-Demand-Lösung bedient”, lautet sein Fazit.

Der kleine Unterschied

In den USA ist CRM on Demand schon seit vielen Jahren anerkannt. “Dort tun sich die Anwender einfach leichter, das Konzept zu akzeptieren”, weiß Peter Russo, Berater bei PAC US. Viele amerikanische Unternehmen haben sogar in die Neuheit CRM investiert, ohne Kosten und Nutzen ausreichend im Blick zu haben – mit oft enttäuschendem Resultat. Doch sie haben aus den Fehlern gelernt und investieren wieder in CRM – allerdings nur mit einer detaillierten Kostenanalyse sowie einer ROI-Berechnung.
Trotz des beträchtlichen Potenzials, das PAC in Deutschland für CRM on Demand sieht, ist der deutsche Markt bisher eine harte Nuss für die Anbieter solcher Lösungen. “Das liegt zum einen an der Mentalität. Der deutsche Markt braucht immer länger, um ‚Neuheiten’ anzunehmen. Schon Outsourcing hat sich in Deutschland wesentlich langsamer entwickelt als in den USA oder England”, begründet Glas. “Zudem wählen viele deutsche Unternehmen, die bereits über ein ERP-System verfügen, in der Regel die integrierte CRM-Lösung desselben und nicht die eines anderen Anbieters.” Außerdem sei es für deutsche Firmen oft problematisch, ihre vertraulichen Kundendaten an Dritte weiterzugeben, vor allem dann, wenn CRM zu ihren Kernkompetenzen gehört.

CRM on Demand von SAP
CRM on Demand von SAP

Ein weiterer Unterschied: die Rolle der SAP. “Der deutsche Markt ist sehr stark von SAP geprägt. Im Allgemeinen warten deutsche Unternehmen erst einmal die Reaktion des Softwareherstellers ab. Speziell ausländische Firmen haben es demnach sehr schwer, sich in Deutschland zu etablieren”, erklärt Glas. “Die Lösungen von SAP genießen grundsätzlich viel Vertrauen. Wenn von dort eine entsprechende Lösung kommt, muss an dem neuen Thema etwas dran sein.”
Daneben unterscheidet sich auch das Selbstverständnis amerikanischer Anbieter von CRM-on-Demand-Lösungen von dem der europäischen. “Sie sehen sich eher in einer Reihe mit den stärker verbraucherorientierten E-Business-Anbietern wie Amazon, eBay oder Google. Deren Online-Dienste gelten bei Endanwendern als solide und sicher”, erklärt Russo. “Dadurch verfügen CRM-on-Demand-Anbieter in den USA über eine Art “Vertrauensbonus”, der ihnen eine wesentlich bessere Ausgangsposition verschafft als ihren europäischen Kollegen.” Hinzu kommt, dass sie ihre Lösungen stärker bewerben, um ihre Plattformen als Infrastruktur für sämtliche Geschäftsanwendungen, etwa kundenspezifische Entwicklungen, Partnerlösungen oder Erweiterungen von Endanwendern, zu etablieren.

Nicht nur Unterschiede

CRM on Demand gilt sowohl in Europa als auch in den USA als Mittelstandsdomäne. “Im Allgemeinen eignet sich das Modell eher für kleine und mittelständische Unternehmen. Die in den Lösungen hinterlegten Standardprozesse lassen sich mit wenig Aufwand an die einfacheren, unspezifischen Prozesse dieser Kunden anpassen”, erläutert Russo. Zudem kommt CRM on Demand dem Wunsch des Mittelstands nach einfachen, benutzerfreundlichen und kostengünstigen Lösungen entgegen. Ein geringer Betreuungsaufwand ist ebenso wichtig, da oft kein CRM-Know-how in den IT-Abteilungen existiert.
Doch auch für große Unternehmen, die langfristig ein CRM-Projekt planen, kurzfristig jedoch schon erste Funktionen nutzen wollen, ist das Modell als temporäre Lösung interessant. Firmen, die neu in das Thema CRM einsteigen, können später jederzeit auf eine On-Premise-Lösung umsteigen. Bei großen Unternehmen bietet sich die Einführung von CRM on Demand zudem für einzelne Tochtergesellschaften oder Geschäftsbereiche an. Die Realisierung einer konzernweiten CRM-on-Demand-Strategie ist dagegen kaum denkbar, vor allem dann, wenn als Kernanwendung bereits eine ERP-Lösung existiert. “Hier werden die Unternehmen eher auf das On-Premise-Modell setzen, um alles aus einer Hand zu bekommen und ein ausgereiftes On-Premise-Umfeld zu besitzen”, erklärt Glas.

Wie sieht die Zukunft aus?

Immer mehr große Softwareanbieter gehen dazu über, On-Demand-Lösungen anzubieten. “Für CRM-Anbieter scheint es kaum mehr möglich zu sein, keine On-Demand-Lösung im Portfolio zu haben, wenn sie als innovativ und up-to-date gelten wollen. Anwender erwarten mittlerweile von ihnen, eine entsprechende Lösung vorzuhalten”, erläutert Russo. “Das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass On-Demand-Lösungen deshalb stärker nachgefragt werden.” Dennoch sind die Aussichten laut PAC für CRM on Demand nicht schlecht. “Wir gehen davon aus, dass On-Demand-Lösungen langfristig eine gute Chance haben, vor allem im Mittelstand”, ergänzt Glas.
SAP prognostizieren die Analysten eine positive Entwicklung auf den Märkten für On-Demand- und On-Premise-Lösungen. “SAP kann mit CRM-on-Demand-Lösungen vor konkurrierenden Anbietern punkten, weil der Softwareanbieter über ein stabiles Vertrauen der Anwender verfügt”, erläutert Glas. “Das stellt sicherlich einen Vorteil gegenüber den noch jungen On-Demand-Anbietern dar.” Die CRM-Lösung von SAP habe immer dann sehr gute Karten, wenn bereits mySAP ERP als Kernanwendung implementiert ist. Glas geht davon aus, dass die SAP-on-Demand-Lösung primär eingesetzt wird, um die SAP-Lösung schnell und ohne großes Risiko genauer kennen zu lernen sowie erste Vorteile daraus zu ziehen. Das Ziel werde aber in den meisten Fällen sein, mittelfristig auf die On-Premise-Lösung umzusteigen.
Weder in den USA noch in Europa werden nach Einschätzung von PAC On-Demand-Lösungen die In-House-Variante ablösen. “Auch wenn der Hype um CRM on Demand im Moment sehr groß ist, gehen wir nicht davon aus, dass es in ein paar Jahren nur noch eine “On-Demand-Welt” geben wird”, erklärt Glas. “Es gibt gute Gründe für beide Ansätze, die jedoch von den Rahmenbedingungen sowie den Zielen abhängen. So muss die Entscheidung zwischen dem On-Demand- und dem On-Premise-Modell in jedem Fall individuell getroffen werden. In Zukunft werden wohl beide Formen nebeneinander existieren.”

Gabriele Jörg