>

Autor: Sabine Höfler

Die Instant-Messaging-Technologie (IM) vereinfacht nicht nur die private Kommunikation von Teenagern, sie lässt sich auch in Unternehmen sinnvoll einsetzen. Wie das Beratungsunternehmen Radicati Group ermittelte, verwenden zum Beispiel mehr als 85 Prozent der Firmen in den USA neben Telefon und E-Mail auch Instant-Messaging für die berufliche Kommunikation. Laut einer Studie von FaceTime, einem Anbieter von Sicherheitslösungen, nutzen die meisten Anwender (76 Prozent) IM in erster Linie, wenn sie rasch eine Antwort von einem Kollegen benötigen. 62 Prozent der Befragten erklärten, damit produktiver arbeiten zu können und für 33 Prozent ist E-Mail schlicht zu langsam.

Dieser Trend könnte sich auch auf Deutschland ausdehnen, meint das Berliner Analystenhaus Berlecon Research. „Ähnlich wie Voice over IP oder Mobile-E-Mail hat IM auch in Deutschland das Potenzial, sich durch die Hintertür einen Weg ins Unternehmen zu bahnen“, erklärt Analyst Philip Bohn. „Je mehr junge Mitarbeiter privat mit diesen Technologien kommunizieren und gewohnt sind, immer erreichbar zu sein, umso stärker wächst die Erwartung, sie auch im Berufsleben zu nutzen. Und der Netzeffekt kann für eine immer raschere Ausbreitung dieses neuen Kommunikationsinstruments sorgen.“

Zurückhaltung in Deutschland

Zunächst hält sich das Interesse an dem Thema in Deutschland allerdings in Grenzen. Die meisten deutschen Unternehmen sehen noch keine Notwendigkeit, dem Trend aus den USA zu folgen und IM in ihrer Kommunikationsinfrastruktur zu berücksichtigen. Nach einer Umfrage von Berlecon Research nutzen etwa 17 Prozent der Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern die Technologie, weitere fünf Prozent planen eine Implementierung. Philip Bohn erklärt das mit der generell konservativeren Haltung deutscher Unternehmen in Bezug auf neue Technologien: „Viele wollen erst einmal wissen, ob es einen ROI gibt, und ordnen die Chat-Funktion von IM eher dem Bereich der privaten Kommunikation zu“, meint er.

Dabei, so Bohn weiter, könnten die Unternehmen von dem neuen Medium profitieren, wenn sie das Thema strategisch angehen. „Natürlich lassen sich die unmittelbaren Folgen von Innovationen im Bereich Kommunikationstechnologie nur schwer in Prozenten oder Euros ausdrücken. Einige Vorzüge liegen jedoch auf der Hand.“

Kommunikationshilfe für weltweite Teams

Der große Vorteil von IM ist seine Unmittelbarkeit. Terminabsprachen beispielsweise lassen sich damit in Sekundenschnelle regeln. Außerdem eignet sich die Technologie sehr gut, um Dokumente oder Links zu interessanten Artikeln weiterzuverbreiten und ein direktes Feedback darauf zu erhalten. Damit kombiniert IM die Vorzüge der Echtzeit-Kommunikation, die das Telefon bietet, mit der Möglichkeit zum zügigen Dokumentenaustausch, wie man das von E-Mails kennt. „Die unmittelbare Kommunikation ist vor allem für Unternehmen wichtig, bei denen Teams häufig standortübergreifend zusammenarbeiten. Hier werden Effizienzgewinne auf der Stelle spürbar“, erläutert der Berlecon-Analyst.

Die Presence-Funktionalität in IM zeigt an, ob ein Ansprechpartner erreichbar ist beziehungsweise sein möchte. Vergebliche Kontaktversuche oder Störungen – etwa in der „heißen“ Phase eines Projekts – können auf diese Weise vermieden werden, fügt Bohn hinzu.

Und die gängigen Clients bieten noch weitergehende Funktionalitäten, die die Prozesseffizienz steigern. So können die Mitarbeiter ganz leicht Dateien austauschen, an denen sie gemeinsam arbeiten. Sie ziehen die entsprechende Power-Point-Präsentation oder das Word-Dokument einfach auf das Dialogfenster und stoßen damit den Versand an. Bei einer E-Mail sind für diesen Vorgang im Vergleich dazu mehrere Schritte notwendig: Der Anwender muss ein neues Mail-Dokument öffnen, Adresse und Betreff einfügen, den Text verfassen, das Dokument anhängen und die Mail schließlich absenden.

Mit IM-Lösungen lassen sich also bestimmte Prozesse beschleunigen. Bohn empfiehlt daher, in Customer-Relationship- oder Supply-Chain-Management-Lösungen einen Link für ein IM-Chat-Fenster zu integrieren. Auf diese Weise kann der Mitarbeiter für eine kurze Nachfrage ganz leicht Kontakt mit einem Kunden oder Lieferanten aufnehmen. Dank der Präsenzanzeige ist immer zu erkennen, ob der Betreffende erreicht wurde.

Lösungen für Unternehmen

Unternehmen, die Instant Messaging einführen wollen, tun gut daran, dafür eine Strategie zu entwickeln und zu ermitteln, wer IM zu welchem Zweck verwendet. IM-Anwendungen für Unternehmen stehen als Stand-alone-Programme oder alternativ als Lösungen zur Verfügung, die im Rahmen einer Unified-Communication-Strategie in die IT- und Kommunikationsinfrastruktur integriert werden. Dann lässt sich eine IM-Sitzung beispielsweise aus Outlook oder aber aus der ERP-Anwendung heraus starten. Für kleinere Firmen genügen nach Ansicht von Philip Bohn durchaus Stand-alone-Programme, die auf dem zentralen Server laufen. Die Clients lassen sich dann ohne großen Aufwand am Arbeitsplatz der Mitarbeiter implementieren.

Je größer das Unternehmen, desto wichtiger ist allerdings die Unterstützung durch die Infrastruktur. Hier sollten die Firmen zum einen prüfen, in welchem Bereich es Bedarf für IM gibt, und dort eine Pilotinstallation durchführen, erklärt Bohn. Diese kann schließlich schrittweise auf das ganze Unternehmen ausgedehnt werden. Zum andern wäre zu klären, ob der Anbieter der Telekommunikationsinfrastruktur eine integrationsfähige IM-Lösung anbietet oder ob es sinnvoll ist, zu einer neuen Telekommunikationslösung zu wechseln. Verwendet ein Unternehmen bereits Voice over IP (VoIP) für seine Telefonie, ist keine zusätzliche Middleware notwendig. In der Regel fallen auch keine weiteren Investitionen in Hardware an. Bei Unternehmen, die gleichzeitig auf Internet-Telefonie umsteigen wollen, bietet es sich dagegen an, die IM-Technologie in einem Schritt einzuführen.

Kein größeres Sicherheitsrisiko

Laut Bohn ist das Thema Sicherheit beim Instant Messaging ebenso wichtig wie bei anderen Technologien. Neben einer dichten Firewall, Virenschutzprogrammen und der Verschlüsselung der Inhalte sollten in jedem Unternehmen bindende Richtlinien zum Umgang mit IM etabliert werden. So können IM-Anwendungen, ebenso wie E-Mail, Einfallstore für Viren und Malware sein. Auch besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter bewusst oder unbewusst Dokumente verbreiten, die nicht für den externen Gebrauch bestimmt sind. Darüber hinaus gibt es auch spezielle Sicherheitslösungen wie IMAuditor von FaceTime. Im besten Fall sind die Security-Lösungen aber bereits Teil der IM-Lösung – so wie bei Lotus SameTime.

Grundsätzlich ist, so Bohn, das Instant Messaging kein Ersatz für E-Mails, Briefe oder Telefonate, sondern lediglich eine Ergänzung der Kommunikationsinfrastruktur. Daher rät er den Unternehmen, sich rechtzeitig mit der systematischen Verwendung dieser Technologie auseinanderzusetzen und eine Strategie zu entwickeln, wie sinnvoll und sicher damit umgegangen werden kann. Am klügsten wäre es, unternehmenstaugliche IM-Programme mit anderen Anwendungen wie Outlook, Office-Anwendungen, Lotus Notes, CRM- und ERP-Lösungen, aber auch VoIP zu einer einheitlichen Kommunikationslösung zu verbinden, meint der Analyst. Denn nicht zuletzt eine moderne Kommunikationsinfrastruktur macht ein Unternehmen attraktiv für die High-Potentials der so genannten „Generation Y“.