Wer gerne Heidelbeer- und Himbeer-Müsliriegel nascht oder seinen Eisbecher mit Schokoladensirup genießt, hat höchstwahrscheinlich schon Bekannschaft mit den Produkten von Sweet Ovations gemacht. Die Firma mit Sitz in Philadelphia produziert verschiedene süße Zutaten für Nahrungsmittel und Getränke. Auch Kaffeesirup, gefrorene Fruchtshakes und Garnierungen gehören zur Produktpalette, die aus den besten Rohstoffen hergestellt wird. Sweet Ovations hält höchste Qualitätsstandards ein – mit Geschäftsprozessen, die auf SAP-Software basieren.
Nicht nur für die Herstellung wohlschmeckender Produkte muss Sweet Ovations das richtige Rezept parat haben. Die Migration seiner SAP-Anwendungen war eine einmalige Herausforderung für das Unternehmen, als es 2005 aus dem deutschen Chemieriesen Degussa AG ausgegliedert wurde. Um den Übergang von einem Bestandteil eines großen, börsennotierten Unternehmens zu einer kleinen Firma in Privatbesitz zu vollziehen, musste Sweet Ovations die vorhandene SAP-Landschaft verkleinern. Die IT-Infrastruktur, die zuvor ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz von etwa 12 Milliarden Euro unterstützt hatte, sollte den Anforderungen der neuen Firma entsprechen, die 2005, zum Zeitpunkt ihres Verkaufs, einen Umsatz von rund 70 Millionen Euro pro Jahr erwirtschaftete.
Verkleinerung ohne Störung
„SAP kann sehr erfolgreich in einem kleinen Unternehmen eingesetzt werden“, sagt Joe Cleary, Vice President Finanzen bei Sweet Ovations. Cleary, dem bei der Migration eine Schlüsselrolle zufiel, war von Anfang an überzeugt, dass die Umstellung der SAP-Anwendungen auf die kleinere Organisation möglich sein würde. Das Beispiel Powell Electronics war für ihn nur einer von vielen Belegen dafür, wie kleine Firmen SAP-Software mit großartigen Ergebnissen verwenden. „Wir waren überzeugt davon, SAP kontrolliert und ohne übermäßige Kosten einsetzen zu können“, sagt er.
Von Februar bis Dezember 2005 stellte Degussa übergangsweise IT-Support zur Verfügung. Auch danach arbeitete der Konzern eng mit Sweet Ovations zusammen, um die Migration vorzubereiten. Gleichzeitig baute Sweet Ovations eine eigene kleine IT-Abteilung auf und engagierte zusätzlich externe Dienstleister. Die endgültige Migration ging am Memorial Day Ende Mai 2006 reibungslos über die Bühne.
„Die Anwender nahmen kaum Notiz davon“, sagt Cleary. Dank einer sorgfältigen Planung und der gewissenhaften Umsetzung verlief die Migration ohne Störung des Betriebs. Heute setzt Sweet Ovations die Anwendungen der SAP Business Suite für Materialwirtschaft, Bestandsführung, Lagerverwaltung, Produktionsplanung, Qualitätsmanagement, Vertrieb, Buchhaltung, Finanzwesen und andere Aufgaben ein. In der Firma gibt es etwa 140 Anwender an den Standorten in Philadelphia und im kalifornischen Gardena.
Rund ein Jahr nach der Migration erntet Sweet Ovations nun die Früchte transparenter, sorgfältig überwachter Fertigungsprozesse. „Wir sind sehr zufrieden. Die SAP-Anwendungen haben zweifellos dazu beigetragen, dass wir unser Geschäft seit der Trennung von Degussa Jahr für Jahr ausbauen konnten“, sagt Cleary.
Ein entscheidender Vorteil liegt beispielsweise darin, dass Sweet Ovations die Verbindungen zwischen Bestandsmanagement und Produktionsreporting steuern kann. „SAP ist für diese wichtigen Aufgaben in der Lebensmittelverarbeitung ideal geeignet“, so Cleary. Außerdem muss die Firma jeden Prozess Schritt für Schritt überwachen können, um die richtige Handhabung von Zutaten sicherzustellen und die strengen Qualitätsanforderungen zu erfüllen. „Wir haben dabei gute Erfahrungen mit dem SAP-System gemacht“, sagt Keith Pogoda, IT-Leiter bei Sweet Ovations.
Schwerpunkt auf Datenbereinigung
Selbstverständlich gab es während der Migration bei Sweet Ovations auch einige harte Nüsse zu knacken. So bedeutete die Migration der IT-Systeme für die Manager eine zusätzliche Arbeitsbelastung neben dem laufenden Geschäft. Zudem erforderte die Datenbereinigung besondere Aufmerksamkeit, da viele sensible, integrierte Daten von Sweet Ovations und Degussa getrennt werden mussten. Schließlich galt es sicherzustellen, dass nach ihrer endgültig vollzogenen Trennung keine der beiden Firmen mehr über wichtige Daten und Informationen der jeweils anderen verfügte. Erschwerend kam hinzu, dass bei der Degussa AG aufgrund ihrer dezentralen IT-Infrastruktur viele verschiedene Personen an verschiedenen Stellen an dem Prozess beteiligt waren. Beispielsweise befand sich der SAP-Anwendungssupport an fünf Standorten, der Basissupport sogar in mehreren Ländern. All diese Stellen mussten zu einer korrekten Datenbereinigung beitragen.
Besonders wichtig war auch die Dokumentation. Während Degussa viele Mitarbeiter hatte, die über Kenntnisse zu SAP-Anwendungen verfügten, waren die Ressourcen von Sweet Ovations begrenzt: In manchen Fällen gab es nur eine Person mit dem nötigen Wissen. Und auch die Vergabe von Supportdienstleistungen an externe Firmen war für die Mitarbeiter von Sweet Ovations ungewohnt. Sie mussten lernen, mit den neuen Partnern zusammenzuarbeiten, anstatt sich wie bisher mit ihren Anliegen an die IT-Experten von Degussa zu wenden.
Heute ist Sweet Ovations bestrebt, SAP-Wissen und sonstige IT-Kenntnisse intern zu bündeln. „Wir standen vor der Aufgabe, Wissen, Dokumentation und Schulungsangebote auszubauen, damit wir weiter wachsen können und nicht schrumpfen“, sagt Cleary. „Wir wollen nicht riskieren, dass IT-Wissen für uns verloren geht, wenn einer unserer Mitarbeiter die Firma verlässt.”
Im Rahmen der Migration waren zusätzliche IT-Herausforderungen zu bewältigen, etwa das Einrichten eines neuen Wide Area Network, einer neuen Telekommunikationsinfrastruktur und eines neuen E-Mail-Systems. Für eine Firma mit nur drei Vollzeitkräften in der IT bedeuteten diese Aufgaben viel zusätzliche Arbeit. So musste Sweet Ovations neben Hardware und Software auch die Technologielizenzen übertragen. Diese Migration war wegen der komplexen internationalen Auflagen nicht einfach, so dass die Umsetzung der neuen Lizenzvereinbarungen mehr Zeit und Aufwand erforderte als erwartet.
SAP xMII für Echtzeitinformationen
Auf der jährlichen Konferenz der ASUG (Americas’ SAP Users’ Group) schilderten Cleary und Pogoda ihren Umbau vom Groß- zum Kleinunternehmen. Gleichzeitig präsentierten sie eine Liste mit Ratschlägen für andere Firmen, die eine solche Migration in Erwägung ziehen. Die Liste enthält Anregungen für die Dokumentation und bereichsübergreifende Ausbildung von Mitarbeitern, die sicherstellen sollen, dass IT-Wissen dem Unternehmen in jedem Fall erhalten bleibt. Sie empfehlen außerdem, Outsourcing-Projekte sorgfältig auszuwählen und zu priorisieren und alle entsprechenden Verträge auszuhandeln. „Unsere Botschaft ist, dass eine solche Migration erfolgreich sein kann. Voraussetzung ist jedoch, dass sie kontrolliert über die Bühne geht und sämtliche Prozesse genau gesteuert werden“, betont Cleary.
Inzwischen hat Sweet Ovations die Arbeit an der SAP-Landschaft im Wesentlichen abgeschlossen. Zum Ende des dritten Quartals will das Unternehmen allerdings das neue SAP xApp Manufacturing Integration and Intelligence (SAP xMII) einführen. Durch diese innovative Implementierung kann die Firma Echtzeitinformationen aus dem Fertigungsbereich in einem Dashboard bereitstellen, das Produktivitätsdaten und Produktionspläne zeigt.
SAP xMII ermöglicht den Mitarbeitern von Sweet Ovations außerdem den webbasierten Zugriff auf Rezepturen – direkt vom Fertigungsbereich aus. Darüber hinaus wird die Composite Application Qualitätssicherungsfunktionen automatisieren, um sowohl den guten Geschmack als auch die Sicherheit der Produkte zu gewährleisten. Längerfristig will Sweet Ovations die Fertigungsprozesse noch feiner abstimmen, um weiter an Effizienz zu gewinnen.
Wenn den Mitarbeitern dadurch mehr Zeit für Kreativität bleibt, köchelt vielleicht schon bald ein Sirup mit der nächsten leckeren Geschmacksrichtung in den Labors von Sweet Ovations.