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Ein genauer Blick auf die Möglichkeiten und Auswirkungen von Service-orientierten Architekturen kann nicht nur für IT-Experten lohnend sein, sondern auch für Supply-Chain-Spezialisten. Denn sie müssen sich verstärkt mit fragmentierten Lieferketten auseinandersetzen. Der zunehmende Einfluss der Verbraucher und der globale Wettbewerb zwingen die Unternehmen, in immer kürzeren Abständen bessere und billigere Produkte auf den Markt zu bringen. Dies führt zu kürzeren Produktlebenszyklen und erzwingt dynamischere und diversifizierte Lieferketten. Gleichzeitig erhöhen Unternehmen die Zahl ihrer Lieferanten, um die höhere Komplexität der Produkte und die kürzere Entwicklungszeit zu meistern.
Unternehmen müssen also neue Supply-Chain-Netzwerke schaffen oder bestehende umgestalten, um den globalen Markt zu bedienen. Aus Kostengründen lagern Firmen hierbei viele Supply-Chain-Prozesse aus. Dadurch kann sich die IT-Abteilung zwar auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Gleichzeitig aber erhöht die fragmentierte Lieferkette das Risiko von nicht standardisierten Prozessen – und damit von langfristig steigenden IT-Kosten.
Die rasant zunehmende Datenmenge bildet eine weitere Herausforderung für die Lieferkette, denn die steigende Zahl an Produkten, Netzwerkkonfigurationen, Kundendaten und Benutzereinstellungen muss verwaltet werden. Technologien wie RFID, die Einzelheiten zu Produkten, Anlagen und Materialien in Echtzeit erfassen, verschärfen diese Entwicklung. Zwar ermöglichen die Informationen eine größere Kontrolle und erhöhen die Produktivität der Anwender. Doch wenn die Anwendungen nicht die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt und im richtigen Format bereitstellen können, besteht auch die Gefahr, in der „Datenflut“ unterzugehen.

Maximale Flexibilität

Für einen nachhaltigen Erfolg der Lieferkette ist eine IT-Architektur erforderlich, die wachsende Datenmengen über eine kontinuierlich steigende Anzahl von unterschiedlichen und verteilten Prozessen hinweg verwaltet. Als flexible Architektur ist Enterprise Service-Oriented Architecture (Enterprise SOA) von SAP in der Lage, ein Gleichgewicht zwischen Standardisierung und Differenzierung herzustellen. Die Kernfunktionen von Enterprise SOA können anhand der drei Schichten Integration, Komposition und Präsentation beschrieben werden.
Die unterste Schicht der Enterprise SOA ist für die Systemintegration zuständig. Sie verbindet verteilte Supply-Chain-Anwendungen mithilfe von Enterprise Services miteinander. Dadurch können die Lieferkettenpartner ihre Daten rasch untereinander austauschen, ohne jeden Integrationspunkt zu diskutieren oder Schnittstellen an einzelne Anwendungen anzupassen.
Die mittlere Schicht besteht aus Kompositionsservices, die auf eine Geschäftsprozess-Bibliothek zurückgreifen. Beispielsweise sorgt das Enterprise Services Repository von SAP dafür, dass Geschäftsprozesse aus wieder verwendbarem Code komponiert werden können und sich damit schnell an neue Geschäftsanforderungen anpassen lassen.
Die oberste Schicht der Enterprise SOA legt den Schwerpunkt auf die Benutzerfreundlichkeit für Supply-Chain-Fachleute. Dabei entkoppeln Präsentationsservices die Geschäftslogik von der Benutzeroberfläche, die sich damit problemlos an die Anforderungen und Vorlieben unterschiedlicher Anwender anpassen lässt.

Einfache Integration bei geringen Kosten

Im Hinblick auf die Integrationsschicht liegt der Hauptnutzen von Enterprise SOA in der effizienten Kooperation mit Handelspartnern durch Enterprise Services. Dabei lassen sich beispielsweise Web-Services wiederholt verwenden. Um in einer fragmentierten Lieferkette eine hohe Akzeptanz zu gewährleisten, werden bei der Entwicklung von Enterprise Services für die B2B-Kooperation (Business-to-Business) Branchenstandards und Namenskonventionen berücksichtigt. Diese Funktionen stehen mit der Anwendung SAP Supply Network Collaboration bereit, einem Bestandteil von SAP Supply Chain Management (SAP SCM).

SAP Supply Network Collaboration wird mit Prozessen ausgeliefert, die für unternehmensinterne oder B2B-Kommunikation wie Lieferabwicklung, Kundenauftrags- und Bestellabwicklung oder Rechnungsbearbeitung üblich sind. Alle in SAP Supply Network Collaboration abgebildeten Kernprozesse wurden mit robusten Schnittstellen und klaren Interaktionsmustern entwickelt, um eine einfache Integration von Lieferanten und Kunden zu ermöglichen – unabhängig davon, ob sie SAP-Systeme als Backend einsetzen.

Maßgeschneiderte Workflows

Angesichts der zunehmenden Fragmentierung der Supply Chain über Funktionsinseln hinweg müssen mehr Geschäftsprozesse funktionsübergreifend ablaufen. Zur Beschleunigung der Lieferkette ist es beispielsweise wichtig, dass das Unternehmen die Transport- und Lagerprozesse zusammenführt. Die Kompositionsschicht der Enterprise SOA ermöglicht die schnelle Entwicklung von funktionsübergreifenden Workflows mit Enterprise Services als wieder verwendbaren Softwarekomponenten. Dank der Fähigkeit zur schnellen Anpassung kann das Supply Chain Management mit der raschen Veränderung der Geschäftsprozesse Schritt halten.
Enterprise Services werden im Enterprise Services Repository von SAP dokumentiert, um den Geschäftsprozessarchitekten einen umfassenden Überblick zu bieten. Die Enterprise Services lassen sich einfach finden, auswerten und einsetzen, um Geschäftsprozesse anzupassen. Das Repository senkt somit die Kosten von Implementierungsprojekten, da es einen klaren Überblick über die vorhandenen Schnittstellen einschließlich beispielhafter Integrationsszenarien liefert. SAP plant die Auslieferung des Enterprise Services Repository im November 2007.

Bevorzugte Oberfläche

Die unterschiedlichen Anwendungen oder Datenquellen in einer fragmentierten Lieferkette sollten für die Anwender transparent sein. Die Präsentationsschicht der Enterprise SOA gewährleistet mit Enterprise Services wie SAP NetWeaver Visual Composer eine komfortable Bedienung. Mit diesem speziellen Web-Service lassen sich Benutzeroberflächen entwickeln, die an spezifische Bedürfnisse angepasst sind. Dabei wird mit geringem Aufwand die vom Supply-Chain-Partner bevorzugte Interaktionstechnologie unterstützt, zum Beispiel Adobe Forms, Microsoft Excel, grafische Steuerelemente oder andere Frameworks. Mit Design-Werkzeugen wie SAP NetWeaver Visual Composer legt Enterprise SOA den Fokus auf maßgeschneiderte Benutzeroberflächen, die allen Personen entlang der Lieferkette die richtigen Daten bereitstellen – auch über Unternehmensgrenzen hinweg.

Order-Promising-Informationen sind ein Beispiel für Daten, die häufig von unterschiedlichen Partnern benötigt werden. Viele Personen innerhalb und außerhalb des Unternehmens, zum Beispiel Vertriebspartner und Logistik-Dienstleister, müssen mit unterschiedliche Ansichten und Berechtigungen auf dieselben Informationen zugreifen. Planer möchten ausgeklügelte ATP-Regeln zur Verfügbarkeitsprüfung für Teil- und Volllieferungen einsehen. Dagegen wollen Vertriebsmitarbeiter einfach nur wissen, ob und an welchem Standort ein Artikel verfügbar ist.

Bei der Entwicklung einer speziellen Benutzeroberfläche für das Vertriebspersonal mit SAP NetWeaver Visual Composer können die Enterprise Services „Find Material by ID and Description“ und „Check Requirement“ per Drag&Drop in die Modellierungsumgebung aufgenommen werden. Wenige weitere Klicks strukturieren auch die Ein- und Ausgabefelder. Nun kann der Anwender eine Produktbezeichnung und die gewünschte Menge eingeben um festzustellen, an welchem Standort der Artikel verfügbar ist. Die Benutzeroberfläche steht über das Internet zur Verfügung und verwendet Enterprise Services für die Interaktion mit dem SAP-SCM-Backend-System.
Der Modellierungsaufwand für die Anpassung der Ansicht mit SAP NetWeaver Visual Composer ist gering, da keine Programmierung erforderlich ist. Dieselbe Oberfläche kann auch erweitert werden, um direkt einen Kundenauftrag mit der reservierten Menge zu erstellen. Zu diesem Zweck werden in SAP NetWeaver Visual Composer Felder hinzugefügt, die über einen Enterprise Service mit dem SAP-ERP-Backend-System interagieren.

Anpassungsfähige Lieferketten

Die unterschiedlichen Schichten der Enterprise SOA bieten Integrationsfähigkeit, Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit. Dadurch sind IT-Abteilungen und Supply-Chain-Experten in der Lage, die Herausforderungen der Fragmentierung und Veränderung von Lieferketten und der wachsenden Datenmengen zu meistern. Mit der anpassungsfähigen Architektur für Geschäftsprozesse können sie sowohl technologische als auch betriebswirtschaftliche Ziele erreichen und die konkurrierenden Ziele der Differenzierung und Standardisierung miteinander vereinbaren.