Bei vielen weltweit agierenden Konzernen ergänzen sich die Six-Sigma-Methode und Unternehmenssoftware als feste Bestandteile der Unternehmensstrategie. Six Sigma ist ein datengestütztes, systematisches Konzept zur Gestaltung von softwarebasierten Geschäftsprozessen, die auf Kundenanforderungen zugeschnitten sind. Wird die Six-Sigma-Methode mit den Ressourcen der Unternehmenssoftware verknüpft, lässt sich für die Prozessgestaltung ein großes Datenvolumen verarbeiten und analysieren. Six Sigma eignet sich für unterschiedlich große Firmen und für alle Branchen – auch für den Dienstleistungssektor, den Einzelhandel oder die Softwareentwicklung.
Ein wesentlicher Bestandteil der Six-Sigma-Methode ist die DMADV-Methode. Sie eignet sich nicht nur zur Einführung neuer Unternehmensprozesse, sondern auch für die Umgestaltung bestehender Abläufe, die die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben. Die DMADV-Methode umfasst die Projektphasen Festlegung (define), Messung (measure), Analyse (analyze), Gestaltung (design) und Überprüfung (verify).
Ein Six-Sigma-Projekt beginnt mit der Planungsphase. Danach werden externe und interne Kundenanforderungen, zentrale Leistungsindikatoren und qualitätskritische Variablen für die Prozesse ermittelt und definiert. In der Analysephase wird die grobe Prozessgestaltung abgeschlossen. Anschließend wird in der Gestaltungsphase der detaillierte Entwurf ausgearbeitet. In der abschließenden Überprüfung finden der Testbetrieb und die Einführung des Prozesses statt.
Die DMADV-Methode zielt darauf ab, in neu gestalteten Prozessen Fehler von vornherein zu vermeiden. Die Qualität eines Prozesses wird also vorausschauend sichergestellt, anstatt auf Fehler zu reagieren. Die DMADV-Methode gewährleistet, dass neu entworfene Prozesse den Kundenanforderungen und daraus abgeleiteten internen qualitätskritischen Variablen entsprechen. Die Prozesse werden dann mithilfe der Funktionen der Unternehmenssoftware in die Praxis umgesetzt.
Beispielsweise macht die Anforderung der Kunden, bei verschiedenen Automodellen aus einer größeren Palette von Zubehör auswählen zu wollen, die Flexibilität der Produktion zu einer qualitätskritischen Variable des Automobilherstellers. Sie erfordert anpassungsfähige Konstruktions- und Fertigungsprozesse, die durch das Werkzeug zur Variantenkonfiguration in SAP ERP unterstützt werden. Auch in anderen Bereichen, beispielsweise der Produktionsplanung oder dem Ausführen von Bestellungen, ermöglicht SAP-Funktionalität ein flexibles Prozessdesign, das den ermittelten Kundenanforderungen entspricht.
Nicht nur die Fertigung profitiert
Die Six-Sigma-Methode wurde entwickelt, um die Qualität von Prozessen zu messen, zu verbessern und zu kontrollieren – mit dem Hauptziel, Fertigungsfehler so weit wie möglich zu beseitigen. Die Methode umfasst eine Reihe statistischer Werkzeuge. Beispielsweise gibt es ein Analysewerkzeug für Abweichungen, um solche – sowie die damit verbundenen Fehler und Kosten – innerhalb der Prozesse zu vermeiden.
Der Anwendungsbereich der Six-Sigma-Methode ist jedoch längst nicht mehr auf die Fertigung beschränkt. Unternehmen mit langjähriger Six-Sigma-Erfahrung stellen immer häufiger fest, dass auch die Umgestaltung ineffizienter Prozesse jenseits der Produktion großen Nutzen bringt – etwa in den Bereichen Supply Chain Management und Lieferantenbeziehungsmanagement, bei Außenständen sowie Reklamationen und Gewährleistungen.
Lieferantenbeziehungen verbessern
So hat beispielsweise ein großes Unternehmen seine Materialbeschaffung in 15 verschiedenen Ländern dezentral organisiert. Die Kreditorenbuchhaltung jeder Niederlassung vor Ort wickelt die Zahlungen an die Lieferanten ab. Funktionen von SAP ERP automatisieren diesen Prozess bereits komplett. Dann jedoch verlangen die Beschaffungsabteilungen, auch die Weitergabe von Zahlungsinformationen an die Lieferanten zu verbessern. Dies soll ein Six-Sigma-Projekt leisten, das im Rahmen einer Initiative zur Verbesserung der Lieferantenbeziehungen aufgesetzt wird.
Eine Anforderung der Beschaffungsabteilung lautet, dass die Lieferanten zu jeder bezahlten Rechnung detaillierte und genaue Zahlungsinformationen erhalten, beispielsweise über den Rechnungsbetrag, die Zahlungsweise oder die Wertstellung. Unternehmen, die ihre Zahlungsvorgänge zentralisieren, legen als qualitätskritische Variable häufig die Skalierbarkeit, die Genauigkeit sowie die minimale Verzögerung zwischen der Zahlungsabwicklung und der Übermittlung von Zahlungsinformationen an den Lieferanten fest.
Der Prozessplan wird mithilfe einer so genannten SIPOC-Analyse (“supplier, input, process, output and customer”) erarbeitet, welche die Lieferanten und Kunden sowie die Inputs und die Ergebnisse des Prozesses benennt. Der darauf folgende detaillierte Prozessentwurf umfasst die automatische Generierung von Zahlungsinformationen aus den Daten in der Lieferkontenkomponente von SAP ERP. Diese Zahlungsinformationen werden durch elektronischen Datenaustausch (EDI) weiterverarbeitet und den Lieferanten in ihrer jeweiligen Sprache per Fax oder E-Mail übermittelt. Die benötigten Nummern und Adressen liegen in den Lieferantenstammdaten der SAP-Software vor.
Innerhalb dieses Szenarios besteht der konkrete Nutzen darin, dass Sachbearbeiter weniger Zeit damit verbringen, auf Fragen der Lieferanten zu Zahlungen und zum Zahlungsabgleich zu reagieren. Zudem können die Lieferanten ihre Lieferpläne durch eine bessere Finanzdisposition optimieren. Das kommt den Beziehungen des Unternehmens zu den Lieferanten insgesamt zugute. Ein solches Six-Sigma-Projekt im internationalen Kontext wird häufig zunächst als Pilotprojekt in einem Land durchgeführt und anschließend auch in den übrigen Ländern angestoßen.
Der Mentor ist entscheidend
In einem Unternehmen können viele Six-Sigma-Projekte – häufig parallel – von verschiedenen Teams betreut werden. Dies setzt allerdings voraus, dass das Unternehmen gezielt eine Six-Sigma-Infrastruktur fördert und diese auch durch ein IT-System unterstützt. Die Förderung und Initiierung von Six-Sigma-Projekten ist Sache der Vorstandsetage. Zunächst werden die so genannten Champions festgelegt. Dies sind in der Regel die Leiter der strategischen Geschäftseinheiten, die in großen Unternehmen direkt an die Unternehmensspitze berichten.
Der Champion ist für die Entwicklung von Projekten verantwortlich und überwacht die Ergebnisse. Er wählt auch die Mitarbeiter für die weiteren Schlüsselpositionen in den Six-Sigma-Projekten aus, die Master Black Belts (MBBs), Black Belts und Green Belts – diese Nomenklatur ist aus dem Kampfsport entlehnt.
Ein MBB sollte sich in den Bereichen Unternehmensstrategie und Unternehmensprozesse gut auskennen. Zudem sind umfassende Kenntnisse über die Six-Sigma-Methode, das IT-System und dessen Ressourcen unverzichtbar. Ein MBB leitet und überwacht auf Vollzeitbasis üblicherweise eine ganze Reihe von durch Black Belts geführten Projekten und befasst sich mit möglichen Risiken und Problemen.
Ein Black Belt leitet und überwacht sein Projekt und ist für die Zeit- und Ressourcenplanung verantwortlich. Er beaufsichtigt zudem die Bereiche Entwicklung, Testbetrieb und Infrastruktur. In Unternehmen mit langjähriger Business-Software-Erfahrung sind die Black Belts stets ausgewiesene IT-Fachleute. Die Wahl des richtigen Black Belts entscheidet häufig über Erfolg oder Misserfolg des Projekts.
In großen Projekten werden die Black Belts von Green Belts unterstützt, die in der Regel für ein Modul, eine Komponente oder eine Phase des Projekts verantwortlich sind. Green Belts leiten kleinere Projekte auch selbstständig, wobei sie ein Black Belt als Mentor berät. Das Mentoring-Konzept ist der Eckpfeiler der Six-Sigma-Infrastruktur: Die MBBs beraten die Black Belts, die wiederum die Green Belts beraten, damit diese in die Rolle des Projektleiters hineinwachsen.
Das Mentoring-System lässt Six-Sigma-Methode und Unternehmenssoftware im Tandem arbeiten. Dies trägt dazu bei, nachhaltige Fortschritte auf dem Weg zu weniger Fehlern, höherer Prozessqualität und geringeren Kosten zu erzielen.