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Gut sechs Millionen Bürger leben im Bundesland Hessen im Herzen Deutschlands. In mehr als 300 Internetauftritten informieren die Landesbehörden über alle hessenrelevanten Themen, seien sie politischer, sozialer oder kultureller Natur. Pro Tag verzeichnet das Portal rund eine Million Zugriffe. Die spezifischen Anforderungen beim Hausbau, kulturelle Events oder das hessische Bildungsangebot finden dort einen Platz. Außer den 300 Internetauftritten umfasst das so genannte „Hessenportal“ das Mitarbeiterportal für rund 60.000 Beschäftigte, die an einem PC arbeiten.

Um eine möglichst barrierefreie und optisch einheitliche Plattform für sämtliche internen und externen Auftritte zu schaffen, musste Hessen das Portal neu aufstellen. Dieses sollte die Vorgaben der Corporate Identity (CI) von Hessen einhalten. Denn bis zum Projektstart 2004 unterschieden sich Aufbau und Verwaltung der Intranet- und Internetauftritte stark von einander. Die einzelnen Abteilungen pflegten ihre redaktionellen Inhalte mit unterschiedlichen Content Management Systemen (CMS), und das Erscheinungsbild bot nur wenige Wiedererkennungsmerkmale.

Basierend auf einer kundenspezifisch angepassten Version von SAP NetWeaver Portal, die SAP Consulting eingerichtet hat, arbeitet das Softwarehaus CSC Deutschland Solutions GmbH seitdem daran, eine einheitliche Plattform zu entwickeln und zu pflegen. Das Internetportal des Landes Hessen sollte für Bürger, Mitarbeiter, Vertreter der Wirtschaft und für Investoren zu einem zentralen Zugangspunkt zu allen Informationen und Serviceangeboten werden.

Hessische Behörden als Dienstleister

Neben den übergeordneten Zielen, Barrierefreiheit und CI zu etablieren, galt es auch praktische Anwendungen anzubieten. So können Bürger nun Klagen elektronisch einreichen oder landesabhängige Beihilfen über das Internet beantragen.

Neben dem neuen Internetauftritt hat das Land Hessen auch eine Plattform für Portalanwendungen geschaffen. Hier informieren sich Autofahrer über die aktuelle Verkehrslage, und kommunale Mitarbeiter können Informationen zu den Landesstiftungen wie die hessische Sporthilfe pflegen. Außerdem greifen Unternehmen auf die aktuelle Ausschreibungsdatenbank des Landes Hessen zu.

Für Anwendungen gibt es genaue Vorgaben, wie Oberflächen zu gestalten sind. Das Hessenportal hat hierzu fachliche und technische Leitlinien zur Anwendungsintegration definiert. Dazu gehören etwa die Optionen zur Verankerung der Anwendungen im Portal oder der Umgang mit Alt-Anwendungen und Anwendungen externer Anbieter. Zudem gibt es eine Code-Bibliothek mit Beispielimplementierungen und Stilvorlagen. Zusätzlich soll ein Styleguide-Konformitätsabgleich den Wiedererkennungseffekt garantieren. Bei starken Abweichungen zur CI integriert das Hessenportal Anwendungen nicht direkt. Stattdessen verlinkt sie das Portal, damit innerhalb eines Auftrittes die CI des Landes gewahrt bleibt.

Anwendungen wie die Pflege von Stiftungsinformationen binden die Redakteure über die Portalnavigation in den Auftritt ein, wobei ein Teil der Anwendungen erst nach Authentifizierung im Hessenportal sichtbar ist. Um die Performance der Portalplattform nicht zu beinträchtigen, laufen die Anwendungen nicht auf der Portalplattform sondern auf eigenen Servern (PSAP: Portal Shared Application Platform). Zudem lässt sich die PSAP unabhängig vom Portal skalieren, und sie kann mit einem unterschiedlichen Release des Anwendungsserver laufen. Anwendungen können – müssen aber nicht – dabei sämtliche Schichten der PSAP verwenden: Front-end, Back-end und Datenbank.

Kombinierte Lösungen für nahtlose Integration

Um alle Vorgaben zu realisieren, hat sich die Landesregierung für SAP NetWeaver Portal als Portalplattform entschieden. Außerdem nutzt das Bundesland seither die CMS-Plattform IC Content von ICT Solutions AG aus Trier. Dabei integriert das Portal nahtlos die Inhalte des CMS inklusive der Navigationen. Für diese Integration entwickelten SAP und CSC eine Lösung, die den Standard Page Builder des SAP NetWeaver Portals ersetzt. Das von SAP und CSC entwickelte Slim Portal Framework (Slimp) setzt die Hessen-spezifischen Anforderungen um. Entscheidend für die Seitengröße ist jetzt nicht mehr das Framework, sondern nur noch Anzahl und Größe der eingebundenen Grafiken. Dank der schlanken Struktur mit wenig Java Script bauen sich die Seiten schnell auf und die Leistungsfähigkeit steigt.

Redakteure und Barrierefreiheit

Eine Anforderung an das Portal, die das Slimp und die CMS-Templates berücksichtigen mussten, war die Barrierefreiheit für motorisch eingeschränkte Menschen und Sehbehinderte. Eine der grundlegenden Ansprüche ist dabei, dass die Anwender mit einfachen Bewegungen navigieren können. Ferner muss ein Screenreader die Dokumente vorlesen können. Dies ist dann möglich, wenn die Portalausgabe strukturierte html-Seiten liefert. Nur wenn ein Screenreader die Struktur eines Dokuments erkennt, kann ein Leser zu bestimmten Marken springen und muss sich das Dokument nicht sequentiell vorlesen lassen.

Redakteure haben einen großen Einfluss auf die Barrierefreiheit einer Seite: in der Art und Weise, wie sie die Inhalte erstellen, welche Medien sie einbinden und mit welchen Metainformationen sie diese versehen. So müssen Redakteure das Attribut „Alternativtext“ füllen, damit diese Information sichtbar ist, wenn das Bild nicht angezeigt werden kann. Auch das Erstellen von Lesezeichen für die Navigation sowie das Erstellen von Tags für die korrekte Lesereihenfolge bei der Konvertierung von Dokumenten in das PDF-Format beeinflusst den Grad der Barrierefreiheit einer Internetseite.

Hessen will die Barrierefreiheit des Portals weiter erhöhen. Dazu optimiert das Bundesland den Framework des Portals und die Templates für redaktionelle Inhalte, um die html-Ausgabe richtig zu strukturierten. In Schulungen lernen die Mitarbeiter, wie sie „barrierearme“ Inhalte erfassen. Zudem prüfen externe Fachleute die Internetauftritte und das Mitarbeiterportal in regelmäßigen Abständen auf Basis der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BITV).

Logisch aufbauen, einfach verwalten

Um die einzelnen Auftritte einfacher zu verwalten, hat Hessen für das Portal ein Multiauftrittsmanagement eingerichtet. Der Mikroportal-Ansatz ermöglicht es, sämtliche Internetauftritte des Landes über ein „logisches Portal“ abzuwickeln. Dabei hat jede Seite eine eigenständige Navigation, Headerbild, Inhaltsverzeichnis, Impressum und Kontaktmöglichkeit. Jeder Auftritt kann zudem per URL direkt aufgerufen werden.

Bei der Pflege von Inhalten teilen sich das Portal und das CMS-System die Arbeit. Im Portal wird die Basisnavigation gepflegt, den Rest der Navigation pflegen Redakteure im CMS. Dort verbinden sie die Navigation auch mit den redaktionellen Inhalten.

Die Mitarbeiter arbeiten nun mit einem einheitlichen Redaktionssystem und nutzen Synergien weitaus besser als vor der Umstellung. Sie stellen Informationen und Dienstleistungen dadurch zeitnah bereit. Damit einhergehend hat Hessen auch Produktprozesse etabliert, um auch kurzfristig neue Auftritte bereitzustellen. Dies könnte beispielsweise bei Wahlen erforderlich sein, wenn die Hochrechnungen aktuell veröffentlicht werden oder weil etwa Krisensituationen das öffentliche Informationsbedürfnis in die Höhe treiben.

Bei der Anlage von CMS-Inhalten entscheidet der Redakteur, in welchem Auftritt der jeweilige Inhalt erscheinen soll. Dabei verwendet er ein und dasselbe Redaktionssystem für Internetauftritte und Mitarbeiterportal.

Mit dem Multi Site Manager schneller reagieren

In punkto CI und Barrierefreiheit hat das Hessenportal einen weiten Weg hinter sich. Zu ende ist das Projekt aber noch lange nicht. Noch knapp die Hälfte der 300 Auftritte sollen bis 2009 von den alten auf die neue Plattform migrieren. Darüber hinaus will Hessen noch weitere Anwendungen eng in das Portal integrieren. Mit automatisierten Funktionen will das Land noch rascher auf aktuelle Ereignisse – wie 2007 beim Orkan Kyrill – reagieren. Und ein Multi Site Manager, eine portalbasierende Anwendung, soll es den Redakteuren zukünftig ermöglichen, alle redaktionellen Konfigurationen über eine Oberfläche und dort per Knopfdruck vorzunehmen. Dies erleichtert es ihnen, die bestehenden Auftritte zu pflegen und neue Auftritte zeitnah bereitzustellen.

„Mit der Hessenportal-Plattform ist das Land Hessen schon einen großen Schritt Richtung Standardisierung und barrierearmer Bereitstellung der Auftritte gegangen. Das gleiche gilt nun für die Bereitstellung der noch zu integrierenden Anwendungen. Dabei dürfen wir auch die Wirtschaftlichkeit bei der Erstellung und Integration nicht aus den Augen verlieren,“ sagt Produktmanagerin bei der Hessischen Landesregierung, Stefanie Schmidt.