>

Internationale Geschäftsbeziehungen leben vom Datenaustausch zwischen Unternehmen sowie deren ausländischen Niederlassungen und Partnern. Das gängigste Verfahren dazu nennt sich Electronic Data Interchange, kurz EDI. Schon seit den sechziger Jahren übermittelt man damit beispielsweise Bestellungen und Fakturen.

Die dadurch möglichen Einsparungen an Papier und Arbeitskraft sind enorm: Nach einer Faustregel lassen sich die Kosten der Belegverarbeitung durch EDI auf ein Zehntel senken.

Dieser Effizienzgewinn interessierte die Argo-Hytos GmbH aus dem badischen Kraichtal, die Systemlösungen in der Steuer- und Regelungstechnik sowie der Hydraulikfiltration entwickelt. Seit mehr als 50 Jahren zählt das Unternehmen zu den führenden Herstellern von Komponenten für die Industrie- und Mobilhydraulik.

Als IT- und Finanzchef der Argo- Hytos hatte Kai Sievers die Frage zu beantworten, wie man mit elf über den Erdball verteilten Tochtergesellschaften am besten kommuniziert. “Zudem wollten wir die Lieferpläne unserer wichtigsten Kunden möglichst effizient abarbeiten”, fügt er hinzu. Um die betreffenden Geschäftsprozesse zu optimieren und die Verwaltungskosten zu senken, beschlossen die Kraichtaler im Frühjahr 2007 auf EDI umzustellen und die Vorteile des elektronischen Datenaustauschs zu nutzen.

Kostengünstig vernetzt

So weit, so gut, könnte man meinen. Doch das Projektteam hatte eine Hürde zu überwinden: Investitionen in die Übertragungstechnik kamen nicht in Frage. EDI im Eigenbetrieb war deutlich zu teuer und zu wenig zielführend, die benötigten technischen Skills im Hause noch nicht vorhanden.

Deshalb entschied man, sich an einen spezialisierten Dienstleister zu wenden. Die Wahl fiel schnell auf die Crossgate AG, an deren “Business Integration Platform” bereits Argo-Hytos-Kunden wie Krauss- Maffei oder ZF angeschlossen waren. “Dabei handelt es sich um ein Business- Ready-Network zwischen der SAPWelt und allen Geschäftspartnern, mit denen man Daten austauschen möchte”, erklärt Crossgate- Beraterin Andrea König.

Das Besondere: Bei den “B2B 360° Services for SAP Solutions” dockt der Anwender über seine SAP NetWeaver Exchange Infrastructure (SAP NetWeaver XI) an die Plattform des Starnberger Anbieters an. Dies ermögliche die Vernetzung mit über 40.000 Geschäftspartnern branchenübergreifend. “Wer mit SAP NetWeaver arbeitet, kann sich über unsere Services ohne weitere Schnittstellen mit seiner gesamten Geschäftswelt verbinden”, verdeutlicht König.

Bei Argo-Hytos will man auf diese Weise laut Sievers 15 Kunden integrieren. “Unser Ziel lautet, alle Geschäftsprozesse zu elektronisieren und Belege wie Rechnungen oder Lieferscheine digital zu übertragen”, betont er. Als Pilotprozess dienten die Lieferplanabrufe. Initialkunde war das Unternehmen John Deere in Mannheim.

“Es ging darum, die teils wöchentlichen, teils täglichen Änderungen ins SAP-System zu übernehmen”, ergänzt Heiko Weiss, einer der Key User des Hydraulikspezialisten. “An diesem Prozess lässt sich vieles rationalisieren.” Dazu wandelt man gängige EDI-Formate wie Edifact, VDA oder Odette auf der Crossgate-Plattform in das SAPkompatible IDoc um. Bevorzugtes Ausgabeformat sei Edifact – auch in der Kommunikation mit den Schwestergesellschaften im Konzernverbund.

Automatische Lieferplansteuerung

Nach der Feuerprobe mit John Deere und dem Stammwerk hat man das Projekt auf die übrigen Argo-Hytos- Gesellschaften ausgeweitet. “Zuerst kam die französische Niederlassung an die Reihe”, berichtet Sievers.

“Deren Kunde Manitou tauscht seine Lieferplandaten mittlerweile ebenfalls mit unserem Werk in Kraichtal aus.” Die Erfahrungen aus diesem Projekt haben die nächsten SAP-Rollouts in England, Italien, den Benelux-Ländern und Skandinavien sowie den für den Sommer 2008 avisierten Rollout im zweiten Produktionsbetrieb in Tschechien erleichtert.

Manueller Aufwand entfällt

Bisher sei die Bestellabwicklung sehr umständlich gewesen. Die Endkunden der Schwestergesellschaften hätten den eigenen Lieferplan per Web-EDI oder Fax an die regional zuständige Argo-Hytos-Schwester geschickt. Diese habe die angeforderte Menge an das Werk in Deutschland weitergeleitet – ebenfalls per Fax. Dort sind die Daten schließlich ins SAP-System eingegeben worden. Regelmäßige Lieferplanrevisionen hätten den Vorgang erschwert, denn “auch diese Änderungen mussten jedes Mal von Hand eingepflegt werden”.

Heute dagegen erhalten die Kollegen in den Auslandsgesellschaften den Lieferplan im VDA-Format. Dieses wandelt die Crossgate in ein IDoc um, damit alle am Auftrag Beteiligten den Plan einsehen beziehungsweise bearbeiten könnten. “So sind wir in der Lage, den Kunden anhand seines Lieferplans direkt aus Kraichtal zu beliefern”, verdeutlicht der IT-Experte. Lediglich die Rechnung stelle noch die zuständige Niederlassung. Das Beste am neuen Prozess: Sowohl bei Argo-Hytos als auch bei den Geschäftspartnern sinkt der Verwaltungsaufwand auf ein Minimum. Crossgate, erläutert König, verwende ein EDI-Metaformat, an das sich jedes Partnerprofil andocken lasse.

Der Dienstleister generiert dazu sowohl das ERP- als auch das EDI-Profil. Argo- Hytos braucht nur die Kontaktdaten der Partner anzugeben, die angeschlossen werden sollen.

Großes Rationalisierungspotenzial

Neben der Prozessoptimierung bieten die B2B 360° Services einen kaufmännischen Nutzen. So geht man bei der Argo-Hytos davon aus, dass das anhaltende Umsatzwachstum von jährlich zehn bis 15 Prozent mit einer gleich starken Mannschaft ohne nennenswerten Personalaufbau bewältigt werden kann.

Auf der Habenseite verbucht der Anbieter von Fluidtechnik auch, dass im Schnitt je Kunde zwei Tage bei der Bearbeitung der Lieferpläne eingespart wurden. Deswegen wolle man nach den ersten 15 ausgewählten Kunden sukzessive weitere Abnehmer an das System anbinden, so Sievers. Insgesamt sollen es in den nächsten 18 Monaten 24 bis 30 werden.

Um den Kunden das EDI-Angebot von Crossgate in Zusammenarbeit mit Argo-Hytos näherzubringen, macht man die Erfolgsberichte auch auf der Argo-Hytos-Website publik. “Wir möchten die Kunden für diesen Service interessieren und haben mit Crossgate einen guten Partner.”

Und das sei erst der Anfang; schließlich bilde man momentan lediglich die Verkaufsseite ab. Für 2009 beabsichtige das Unternehmen, seine Lieferanten ebenfalls an die EDI-Lösung anzuschließen, erklärt Sievers.

Demnächst: Upgrade auf SAP ERP 6.0

Außerdem wird Argo-Hytos in nächster Zeit bei der Betriebsplanungssoftware von SAP ERP 2004 auf die aktuelle Version 6.0 umsteigen. Da man überdies die Fertigungssteuerung modernisieren wolle, prüfe man den Einsatz von SAP NetWeaver Business Intelligence. “Darüber hinaus könnte die Außenhandelslösung SAP GRC Global Trade Services interessant werden – vor allem, wenn sie in einer tschechischen Sprachversion vorliegt”, schließt Sievers.