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Innovation kann man lernen Hasso Plattner, der SAP-Mitgründer, hat eine Vision: die Menschen zum Denken anzuregen. Deshalb hat er 2007 am Hasso Plattner-Institut die “School of Design Thinking” gegründet. Video von SAP TV.

Es ist inzwischen das dritte Studienprojekt, das Claudius Fischer, Softwarearchitekt bei der SAP AG, in enger Zusammenarbeit mit dem HPI anbietet. Die Aufgabe für seine Studenten: Anwendungsszenarien aus dem Bereich der Auftragsabwicklung (Order to Cash) auf Basis einer service-orientierten Architektur (SOA) zu entwickeln, zu modellieren und zu implementieren.

Zum Einsatz kommen dabei neben den SAP Enterprise Services auch Dienste anderer Anbieter wie Google oder Fedex. Kombiniert werden sie mit neuen Technologien wie Ruby, Java und .NET. Insgesamt vier Arbeitsgruppen bildeten Teilprozesse ab, die wie beim Hausbau aufeinander abgestimmt sein müssen. „Eine echte Herausforderung, die die Studenten sehr kreativ gelöst haben“, sagt Fischer.

Dabei entstanden vier separate Lösungen: für einen Online-Shop, für die Kommissionierung, für die Abwicklung und Kontrolle von Bezahlvorgängen sowie für die Überwachung und Auswertung kundenspezifischer Daten.

Kommissionierung 2.0 (2.400 Z)

Die Softwarelösung besteht aus einer Middleware, die die Kommissionierung in ein bestehendes Backend-System, wie die SAP Business-Suite, integriert. Eine Web-Anwendung und eine Applikation für mobile Kleincomputer (PDAs) stellen graphische Benutzerschnittstellen zur Middleware bereit. Offene Schnittstellen erlauben es, weitere Anwendungen zu integrieren.

Die Web-Anwendung versorgt den Warenhausleiter in Echtzeit mit Informationen zur Effizienz des Lagers und zur Leistung seiner Mitarbeiter. Das System liefert Leistungskennzahlen, zum Beispiel verarbeitete Produkte pro Stunde.

Permanent mobil erreichbar

Die IT-gestützte Kommissionierung erfordert den Einsatz spezieller Hardware wie robuster Industrie-PDAs. Diese Kleincomputer können auch unter widrigen Lichtbedingungen und mit Handschuhen bedient werden. Sie verfügen über einen Barcode-Scanner, um Produkte zu identifizieren; WLAN- oder GSM-Module gewährleisten die dauerhafte Datenkommunikation mit dem Middleware-System.

Zu Beginn der Arbeitsschicht meldet sich der Lagerarbeiter am PDA an. Danach wird automatisch die als nächstes zu bearbeitende Stückliste abgerufen und der erste Artikel angezeigt. Durch Einlesen des Produkt-Barcodes wird der Artikel als gepackt in der Stückliste markiert und automatisch der nächste Artikel angezeigt. Parallel dazu wird der aktuelle Bearbeitungsstand zurückgemeldet. Zur Sicherung der erfassten Daten sind spezielle Mechanismen in die Software integriert, so dass bereits erfasste Daten einen vollständigen Ausfall des PDAs schadlos überstehen.

Zentrale Schaltstelle: Middleware

Die Middleware ist der Kern des Kommissionierungssystems. Hier laufen alle Drähte zusammen, so auch die Integration zum bestehenden Backend-System (etwa der SAP Business Suite). Damit ist es jederzeit möglich, Bestellungen zu modifizieren oder den aktuellen Bearbeitungsstand einzusehen. Für die Analyse des Kundenverhaltens können beispielsweise Daten über Zahlungsvorgänge mit Daten aus der Kommissionierung verknüpft werden.

Die Speditionen bieten ihre Dienstleistungsangebote über standardisierte Schnittstellen an, die auf Basis einer serviceorientierten Architektur variabel austauschbar sind. Die Lieferkosten variieren bei den Speditionen und werden unter anderem durch die Zusammensetzung der Lieferung, das Gewicht und den Auslieferungsort bestimmt. Das Middleware-System unterstützt hierbei, indem der jeweils günstigste Dienstleister automatisch gewählt wird.

Am HPI unterstützten Matthieu-Patrick Schapranow und Jens Krüger – beide wissenschaftliche Mitarbeiter und SAP-NetWeaver-Experten des Instituts. Sie loben die universellen Einsatzmöglichkeiten der SAP-Bausteine. „Das Seminar hat gezeigt, dass eine Softwarelösung, die auf SAP-Systemen aufbaut, auch ohne umfassendes SAP-Knowhow erstellt werden kann“, so Schapranow.

Dabei werden die Studenten wie echte Kunden behandelt. Sie haben über den Enterprise Services Workplace im SAP Developer Network (SDN) Zugriff auf die Enterprise Services der SAP Business Suite und die aktuellsten Backend-Systeme der SAP. Diese „Spielwiese“, wie Fischer es ausdrückt, wird vor allem von SAP-Kunden und –Partnern als Einstieg in das Thema SOA genutzt, um erste Prototypen von servicebasierten Anwendungen zu testen. So arbeiten die Studenten unter den Bedingungen eines realen Kundenprojekts, was Krüger als „einmalige Möglichkeit für die Studenten“ in der Ausbildung am HPI wertet.

Erfolgreicher Testfall am HPI

Für die SAP sind die Seminare am HPI „hilfreiche und sehr umfassende Testfälle“, sagt Fischer. „Wir haben entscheidende Lücken im Zusammenspiel der Enterprise Services und im SAP NetWeaver Composition Environment schließen können, bevor die jeweiligen SAP-Produkte für Kunden allgemein verfügbar waren.“

Ein weiteres Plus: Die Ergebnisse der Studenten beweisen, dass die Enterprise Services der SAP flexibel und plattformunabhängig eingesetzt werden können. „Der Kunde muss nicht SAP NetWeaver nutzen, er kann die Services von jeder beliebigen Umgebung aus einfach über das Internet aufrufen und so die Prozesse und Daten des SAP-Backend-Systems in seine spezifischen Anwendungen integrieren“, erläutert Fischer.

„Fertighäuser“ auf Basis von SAP NetWeaver

HPI Kommissionierung

Die Studenten des HPI haben die Geschäftsprozess-Bausteine der SAP erweitert und mit verschiedenen Techniken zu einem Gebäude zusammengefügt. Die eigentliche Prozessmodellierung lag dabei außerhalb des SAP-Systems und wurde von den Studenten in jedem der vier Teilprojekte individuell angegangen. Die neue Version des SAP NetWeaver Composition Environment wird neue Werkzeuge zur Modellierung von Geschäftsprozessen anbieten (SAP NetWeaver BPM).

Mit diesen lassen sich dann „Fertighäuser“ bauen, um im Bild zu bleiben, die den Einstieg in die serviceorientierte Welt vereinfachen. „Das zusammen mit den Studenten unter Beweis zu stellen“, so Fischer, „wäre eine interessante Aufgabe für ein Folgeprojekt mit dem HPI“.

Ruby (engl. für Rubin) ist eine moderne Programmiersprache, die Mitte der Neunziger Jahre vom Japaner Yukihiro Matsumoto entworfen wurde. Sie ist interpretiert und unterstützt mehrere Programmierparadigmen (unter anderem die objektorientierte, prozedurale und funktionale Programmierung sowie Nebenläufigkeit), bietet dynamische Typisierung, Reflexion und Automatische Speicherbereinigung.

Das quelloffene Web Application Framework Ruby on Rails ist in der Programmiersprache Ruby geschrieben und basiert auf den Prinzipien „Convention over Configuration“ und „Don’t Repeat Yourself“ (DRY). Statt einer variablen Konfiguration sind Konventionen für die Namensgebung von Objekten einzuhalten, woraus sich das Zusammenspiel dieser Objekte automatisch ergibt. DRY bezeichnet das Prinzip, einmalig erstellten Code auszugsweise oder vollständig wiederzuverwenden, ohne ähnliche Funktionalitäten erneut implementieren zu müssen.