
SAP.info: Viele Unternehmen haben sich Cloud-Computing als wesentliches neues Geschäftsmodell zu eigen gemacht. Was sind die drei wichtigsten Entwicklungen, die Sie im Cloud-Geschäft für 2014 erwarten?
Shawn Price: Erstens lässt sich nicht bestreiten, dass die Cloud in jedem Winkel der Erde Einzug gehalten hat. Auf dem Software-Markt, der immerhin ein Volumen von 107 Milliarden US-Dollar hat, werden 60 Prozent der Ausgaben auf cloudbasierte Software, und davon wiederum 80 Prozent auf bereichsspezifische Lösungen entfallen. Zweitens erwarte ich eine Abkehr von lokalen Lösungen und eine Hinwendung zu hochintegrierten Suites mit Best-of-Breed-Lösungen in der Cloud – und das in großem Maßstab. Denn auf diese Weise können die Unternehmen ihren Kunden die Benutzererfahrungen, Analysewerkzeuge und betriebswirtschaftlichen Vorteile bieten, die sie erwarten. Drittens sehe ich voraus, dass Cloud-Lösungen ergänzend zu bereits vorhandener Software eingesetzt werden, sodass gemischte Modelle entstehen. Anbieter, die ausschließlich auf Software-as-a-Service setzen, hoffen darauf, dass ihre Kunden auf einen Schlag alle Lösungen in die Cloud verlagern, aber das ist für die meisten Unternehmen keine realistische Option.
Welche Unterstützung kann die SAP Unternehmen bieten, die von diesen Trends profitieren möchten?
Price: Den Unternehmen geht es darum, Komplexität zu verringern, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und Gewinne zu erwirtschaften. Im Interesse dieser Ziele bietet die SAP weiterhin ihr gesamtes Lösungsspektrum an, sieht die Zukunft des Unternehmens jedoch eindeutig in der Cloud. Wir schaffen die Voraussetzungen für eine regelrechte Revolution auf der Ebene der Geschäftsbereiche, wo leicht zugängliche Cloud-Funktionen sowohl Unternehmen als auch Verbrauchern ganz neue Möglichkeiten erschließen. Mithilfe der Cloud können Unternehmen Anwendungen sofort nutzen und sich dank dieser Vereinheitlichung und Vereinfachung ganz auf ihr Wachstum konzentrieren. So verwendet ConAgra, eines der größten nordamerikanischen Lebensmittelunternehmen, SAP-Software nur zu einem Zweck: Es erfasst damit die Rohstoffkosten für 4000 Produkte, analysiert die Auswirkungen von Preisänderungen auf die Bruttogewinnspanne und lässt sich die möglichen Folgen für die Lagerhaltung aufzeigen. Auf diese Weise ist das Unternehmen nicht auf rückblickende Auswertungen angewiesen, sondern kann die weitere Entwicklung zuverlässig voraussehen und die wirtschaftlichen Folgen abschätzen. Diese Fähigkeit eröffnet dem Unternehmen und der gesamten Branche völlig neue Perspektiven.
Beispiel HR: „Gesamtrahmen für Wandel und Innovation“
Es ist viel davon die Rede, dass die SAP für Vereinfachung und mehr Kundennähe sorgt. Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Price: Die SAP hat sich zum Ziel gesetzt, über die bloße Bereitstellung von Technologie hinaus zu gewährleisten, dass der Kunde Ergebnisse erzielt, die seinen nachhaltigen Erfolg sichern. Anstatt unseren Kunden einzelne Anwendungen zur Lösung einzelner Probleme anzubieten, möchten wir ihnen eher einen Gesamtrahmen für Wandel und Innovation zur Verfügung stellen. Ein Beispiel ist die Veränderung der HR-Funktion: Vor dem Hintergrund des weltweiten Wettbewerbs um die besten Fachkräfte gewinnt die Mitarbeiterbindung und ‑entwicklung für die Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Hier können unsere Kunden mit einer einzigen Anwendung wie Learning einsteigen oder gleich eine Kombination von Best-of-Breed-Anwendungen einführen, die den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus abdeckt.
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Ein weiteres Beispiel ist die Kundenbindung. Wir haben die herkömmlichen Systeme für die Vertriebsautomatisierung neu konzipiert, damit Unternehmen die Kundenbindung verstärken und höhere Erlöse erzielen können. Mithilfe spezifischer Anwendungen können sie von jedem beliebigen Ausgangspunkt aus unmittelbar entscheidungsrelevante Informationen abrufen oder sich das Gesamtbild, von der Bekanntheit des Produkts bis zur Kundengewinnung, vor Augen führen.
Auch das Beispiel des Unternehmensnetzwerks zeigt sehr deutlich, dass der wichtigste Wettbewerbsvorteil in der Beziehung zum Kunden liegt. Althergebrachte Arbeitsweisen können nicht allein durch neue Anwendungen überwunden werden. Um den heutigen Erwartungen unserer Kunden zu entsprechen, müssen wir Anwendungen, Tools für die Zusammenarbeit und Netzwerke sinnvoll kombinieren. Wir bieten Unternehmen eine lückenlose Sicht auf ihre Ausgaben und Lieferantenbeziehungen, eine papierlose Auftragsabwicklung mit automatisierter Rechnungsbearbeitung in der Cloud und ein Netzwerk, in dem alle Lieferanten nahtlos zusammenarbeiten können. Dabei steht es ihnen frei, zunächst nur ein Einzelproblem wie etwa die Rechnungsverfolgung zu lösen oder sofort das durchgängige Verfahren einführen, mit dem sie von der Ausgabenanalyse bis zur Bezahlung der Lieferanten alle Prozesse im Unternehmensnetzwerk abdecken. Wie in allen sozialen Netzwerken treten die Teilnehmer am Ende nicht nur als Käufer auf, sondern geben auch Bewertungen ab.
Cloud-Produkte: Vier Mal jährlich neue Releases
Wird sich alles in die Cloud verlagern?
Price: Mit der Zeit, ja. Das stark zunehmende Innovationstempo bedingt, dass die meisten neuen Anwendungen auf die Cloud abgestimmt werden. Wir verbessern unsere Produkte kontinuierlich und liefern vier Mal jährlich neue Releases aus. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich unsere Kunden in einer Übergangsphase befinden. Die Unternehmen wollen natürlich bestehende Investitionen bewahren, und nicht alle geschäftskritischen Anwendungen sind jetzt schon für den Einsatz in der Cloud geeignet. Die SAP ist wie kein anderer Anbieter in der Lage, sowohl dem Wunsch von Geschäftsbereichsleitern nach einem Umzug in die Cloud als auch den Anliegen der IT im Hinblick auf deren Gesamtverantwortung für Infrastruktur und Systeme Rechnung zu tragen. Der Umstieg ist in vollem Gange, sei es bei den spezifischen Anwendungen der Geschäftsbereiche in der Public Cloud oder bei der Managed Private Cloud. Wir sind seit Langem bewährte Partner der IT-Verantwortlichen und bieten überdies umfassende Lösungen für die Geschäftsbereiche an.
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Was dürfen sich die Kunden im Jahr 2014 von Zielen und Strategie der SAP versprechen?
Wir stellen unseren Kunden unsere gesamte Expertise und Erfahrung zur Verfügung, um ihnen den Weg in die Cloud so einfach wie möglich zu gestalten. Unser gesamtes Portfolio ist modular aufgebaut, sodass Lösungen innerhalb und außerhalb der Cloud kombiniert werden können. Wir halten nichts davon, bestehende Lösungen mit der Brechstange einzureißen und zu ersetzen. Um unseren Kunden die gewünschte Flexibilität bei der Wahl der Module zu bieten, gewährleisten wir, dass sie sich von jedem beliebigen Ausgangspunkt aus in jede beliebige Richtung entwickeln können. Es steht ihnen frei, mit einer Einzelanwendung ihrer Wahl zu beginnen und dann je nach Bedarf eine vollständig integrierte SAP-Suite in der Cloud aufzubauen.
“Für jede Branche eine eigene Lösung”
Außerdem bieten wir ihnen für jede Branche eine eigene Lösung und zeigen Wege zur Umstellung auf, die mit zunächst nur einer Anwendung beziehungsweise einer Suite mit Best-of-Breed-Lösungen beginnen oder gleich durchgängig erfolgen kann. Dabei stützen wir uns auf 42 Jahre Erfahrung in der Softwarebranche und auf mittlerweile 35 Millionen Cloud-Kunden. Im Zentrum dieses Wandels stehen für uns nicht Funktionen, sondern Ergebnisse. Und Ergebnisse folgen nicht allein aus der Automatisierung. Unseren Kunden geht es darum, unternehmensübergreifend neue Prozesse aufzusetzen. Voraussetzung hierfür sind, wie gesagt, Anwendungen, Netzwerke und Tools für die Zusammenarbeit, die natürlich allesamt gemeinschaftlich und zu 100 Prozent mobil nutzbar sein müssen.