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Im November der Pilot mit drei Kunden, einen Monat später der Big Bang für mehr als 100 weitere: Welche Rolle Kommunikation und Terminprobleme der Banken bei einem SEPA-Projekt spielen, zeigt ein praktisches Beispiel.

Wer Tag für Tag zuverlässig seine Arbeit erledigt, erwartet am Monatsende ebenso zuverlässig den Eingang der Gehaltsüberweisung auf seinem Konto. Damit die auch nach Einführung des einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrs – kurz SEPA – Anfang Februar weiterhin pünktlich klappt, mussten Unternehmen sich allerdings rüsten. Viele ließen sich mit der Umstellung gleichwohl Zeit. So viel, dass die EU die Übergangsfrist auf die neuen Überweisungsverfahren sogar bis August verlängerte, um den Zahlungsverkehr nicht zu gefährden. Beim IT-Dienstleister TUI Infotec jedoch war man vorbereitet: Gehaltsabrechnungs-Dienstleister Accon RVS etwa, eine Infotec-Tochter, startete im November 2013 mit einem SEPA-Piloten bei drei Kunden, im Dezember wurden die übrigen mehr als 100 umgestellt.

„Unsere Kunden wussten, dass da etwas auf sie zukommt, aber gedrängelt haben sie nicht gerade“, sagt Dr. Reiner Gehmlich, der das SEPA-Projekt bei dem Berliner Outsourcing-Dienstleister für Rechnungswesen, Lohn- und Gehalts- und Reiseabrechnungen sowie Dokumentenmanagement leitete. Accon RVS ist dafür verantwortlich, dass die Angestellten von rund 120 Kundenfirmen, hauptsächlich aus der Tourismusbranche, ihre Gehälter rechtzeitig erhalten. Die Muttergesellschaft TUI Infotec ist für Accon „gleichzeitig der IT-Dienstleister“, sagt Gehmlich. Mitte 2013 begannen die Planungsgespräche zwischen beiden für die SEPA-Umstellung. Das Vorhaben: Den Umstieg zunächst bei unkomplizierten Kunden in die Wege leiten.

Tool für den Zahlungsverkehr: die SAP Payment Medium Workbench

Im ersten Schritt gingen die Partner systematisch die für die Abrechnungen relevanten Geschäftsprozesse durch um zu ermitteln, an welchen Stellen überall Bankverbindungsdaten ins Spiel kommen, sagt Anja Koch von TUI Infotec. Die SEPA-Umstellung betraf die Verbindungen zu den Hausbanken aller Accon-Kunden, die Beitragsüberweisung an die Krankenkassen und die Personenstammdaten aller Angestellten. In den von Accon RVS genutzten SAP-Systemen musste sichergestellt werden, dass dort, wo bisher Bankleitzahl und Kontonummer verwendet wurden, künftig IBAN und BIC einlaufen. Die Dateien für den Zahlungsverkehr lassen sich künftig nur noch mit der SAP Payment Medium Workbench erstellen. Für jeden Kunden von Accon legte TUI Infotec in diesem Tool eine eigene Variante zur automatisierten Verarbeitung von SEPA-Daten an.

Kleine BLZ-Fehler, große IBAN-Folgen

Wie SAP-Systeme für SEPA anzupassen waren, war laut Anja Koch nicht mit Schwierigkeiten verbunden. Im Arbeitskreis Personalwesen (HCM) der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) sei der einheitliche europäische Zahlungsraum früh Thema gewesen. In einem eigenen Online-Forum der DSAG hätten sich Mitgliedsunternehmen über offene Fragen ausgetauscht.

Zum Erzeugen von IBAN und BIC setzte TUI Infotec den SEPA-Rechner des Deutschen Bankenverlags ein. Zwar gibt es eine Vielzahl kostenlos nutzbarer Rechner im Internet, doch bei den meisten war laut Koch nur eine Zuverlässigkeit von 95 Prozent gegeben. Das reichte dem Dienstleister nicht aus. Denn ist in der XML-Datei zur Zahlungsanweisung nur ein Zeichen falsch, wird die ganze Datei zurückgewiesen. Zu einem solchen Fehler führte laut Koch in einem Fall auch eine veraltete Bankleitzahl: Von den Banken wurde sie – da bekannt – noch akzeptiert, mit der Einführung von SEPA entstand bei der Umrechnung allerdings eine Nummer, die nicht als korrekte IBAN in Verbindung mit der BIC erkannt wurde. Die Ursache derartiger Fehler musste TUI Infotec im Zusammenspiel mit den Banken finden.

Auch sonst hing bei dem Projekt viel von der Kommunikation ab. Accon RVS befand sich dabei „in einer Art Sandwich-Position zwischen Kunden und IT-Dienstleister TUI Infotec“, wie Gehmlich sagt. TUI Infotec gab die Anforderungen für die SEPA-Umstellung an Accon RVS weiter. Deren Aufgabe war es dann, von den Kunden und deren Hausbanken die relevanten Daten abzustimmen – also beispielsweise IBAN und BIC der Mitarbeiter.

Big Bang mit Hindernissen: Banken noch nicht SEPA-fit

Die Pilotumstellung bei den ersten drei Kunden klappte Anja Koch zufolge problemlos. Bei der „Big-Bang“-Umstellung der übrigen Firmen im Dezember allerdings zeigte sich, dass auch die besonders frühzeitige Vorbereitung auf SEPA Probleme verursachen konnte: „Einige Banken waren zu dem Zeitpunkt noch gar nicht so weit, dass sie Buchungen im SEPA-Format abwickeln konnten“, sagt Anja Koch. Für die SAP-Teamleiterin bei TUI Infotec eine lehrreiche Erkenntnis. „Das widerspricht dem, was aus der Beratungsbranche vorab zu hören war – dass man sich möglichst schon ein Jahr im Voraus auf SEPA einstellen soll“, sagt sie. Man kann seiner Zeit eben auch voraus sein.