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Ingrid-Helen Arnold ist seit Mai 2014 CIO und im erweiterten Vorstand von SAP. Die Betriebswirtin schwört auf Mentoren, hält Try & Error für sinnvoll und ist stolz auf Simple Finance („schon revolutionär“). Ein Resümee ihrer ersten 100 Tage.

Seit Sie CIO von SAP sind, sind Sie viel unterwegs. Sind Sie zufrieden mit den ersten drei Monaten als IT-Verantwortliche im Konzern?

Die ersten 100 Tage in meiner neuen Rolle nicht nur als CIO, sondern auch als Mitglied des Global Managing Boards, also des erweiterten Vorstands bei SAP, waren sehr aufregend für mich. Und sie waren auch anstrengend. Beides im positiven Sinne. Ich besuchte die SAPPHIRE NOW in Orlando und nahm an Hasso Plattners Keynote teil. Hier präsentierte ich unsere Lösung SAP Simple Finance, die mein Team und ich bei SAP eingeführt haben. Außerdem nahm ich zum ersten Mal an der Pressekonferenz teil. Auch das war eine ganz neue Erfahrung für mich, da ich bisher nicht nach Außen kommuniziert habe. Das wird sich jetzt ändern. Bei einem Besuch in Brasilien hatte ich die Gelegenheit, mit dem deutschen Innenminister Thomas de Maizière zu sprechen, lateinamerikanische Kunden zu treffen und das Finalspiel der Deutschen Fußballnationalmannschaft zu sehen. Darüber hinaus habe ich viel mit meinem Team zusammengesessen und gesprochen, um die vor uns liegenden Aufgaben zu bewältigen. Da ist eine Menge zu tun, das dürfen Sie mir glauben.

Sie sind bereits 18 Jahre bei SAP. Welche Stationen haben Sie am meisten geprägt?

Von 2012 bis 2013 leitete ich intern das Team, das für Enterprise Analytics & Innovation-Lösungen zuständig war. Das ist ein Bereich, der für SAP sehr wichtig ist. Denn wir implementieren intern die innovativen Lösungen, die wir auch dann bei unseren Kunden einführen wie SAP Simple Finance. Dahinter steckt eine Menge Arbeit. Die enge Zusammenarbeit mit der Entwicklung bei solch innovativen Projekten ermöglicht es uns, stets Feinjustierungen vorzunehmen, damit die Lösung einwandfrei läuft. Diese Best Practices können wir dann vor allem bei unseren Kunden umsetzen. Das hilft allen Beteiligten, die Lösungen bestmöglich und schnell bei den Kunden einzuführen.

In den Verantwortungsbereich des CIO fällt nun zum einen die IT von SAP, aber auch die SAP HANA Enterprise Cloud wie der Cloud-Betrieb. Reicht es nicht aus, die IT eines Milliardenkonzerns zu steuern? 

SAP ist auf dem Weg, „die“ Cloud Company powered by HANA zu werden. Das ist unsere Mission, wenn Sie so wollen und unser primäres Ziel. Wir sind auf einem guten Weg dorthin. Das zeigen schon die Zahlen aus dem zweiten Quartal: Wir sind das schnellst wachsende Cloud-Unternehmen mit 39 Prozent Wachstum in Cloud-Subskriptionen und Support. Wir zählen mehr als 38 Millionen Nutzer in der Cloud. Für dieses Jahr haben wir den Ausblick auf rund 1 Milliarde bis 1,05 Milliarden an Cloud-Subskriptionen erhöht (Run Rate).

„IT und Cloud zusammenzubringen, das ist für mich die perfekte Synergie.“

Der Erfolg in der Cloud ist ohne die geeignete IT-Infrastruktur nicht möglich …

Genau, und dafür brauchen wir ein Cloud-Team, das erstens für unsere Kunden die Rechenzentren zur Verfügung stellt und die Sicherheit gewährleistet, damit diese unsere Cloud-Software nutzen können und zweitens Plattformen anbietet: Public Cloud wie SuccessFactors und Ariba, Private Cloud wie die SAP HANA Enterprise Cloud oder gar eine hybride Umgebung, die auch den On-Premise-Bereich mit abdeckt. Das ist unsere Stärke. Unsere IT-Teams sorgen seit Jahren dafür, dass die Infrastruktur und die Rechenzentren der SAP reibungslos laufen, 24 Stunden, 365 Tage im Jahr. Das ist eine Expertise, die ihresgleichen sucht. IT und Cloud zusammenzubringen, das ist für mich die perfekte Synergie. Und ich darf Ihnen versichern: auf diese Teams bin ich sehr, sehr stolz.

Die Adaption von Innovationen innerhalb des Unternehmens gehörten bisher zu Ihren Kernaufgaben: Können Sie Beispiele nennen?

Wir haben SAP HANA Analytics und die SAP Business Suite auf der SAP-HANA-Plattform intern implementiert. All unsere geschäftskritischen Systeme laufen auf der SAP-HANA-Plattform in der Enterprise Cloud. Und wenn ich auf die jüngsten Q2-Zahlen verweisen darf, haben wir mit der SAP Business Suite powered by SAP HANA mittlerweile 1.200 Kunden – stetig wachsend.

Bei der diesjährigen SAPPHIRE NOW im Mai in Orlando stand ich mit CIO-Kollegen von John Deere (Weltmarktführer im Bereich Landtechnik) und ConAgra (eines der größten nordamerikanischen Lebensmittelunternehmen) auf der Bühne. Beide Kunden sind langjährige Begleiter auf unserer HANA-Reise. Die Kollegen erklärten den Zuschauern und Zuhörern, wie SAP HANA ihnen hilft, Probleme in der Produktion, Wartung, im gesamten Prozess früher zu erkennen, gegen zu steuern und vor allem deren Kunden eine verbesserte Nutzung ihrer Dienste zu ermöglichen. Und was für diese Unternehmen noch viel wertvoller ist: sie sind in der Lage, mit Hilfe der aktuellen Datenanalyse in die Zukunft zu planen. Diese Effizienz ist ein großer Geschäftsvorteil, den sie vorher so noch nicht hatten. Das bedeutet Innovation.

Sie haben erst kürzlich SAP Simple Finance eingeführt. Was bedeutet das für SAP?

Es ist ein großer Schritt, eine komplette Kernanwendung der Business Suite in die Cloud zu überführen. Datensilos wurden eliminiert und somit eine homogene, vereinfachte Datenstruktur und –basis geschaffen. Aus Finanz- und Bilanzierungssicht ist das schon revolutionär zu nennen, da wir auf Einzelpostenebene arbeiten können und somit immer wiederkehrende Abstimmungsrunden obsolet geworden sind. Das führt dazu, dass wir einen Quartalsabschluss viel, viel schneller hinbekommen und gleichzeitig durch eine vereinfachte Zugriffsoberfläche ein zügigeres Arbeiten mit dem System ermöglichen. Dieses Produkt, diese Lösung, wird aus unserer Sicht den Markt umkrempeln. Und somit platzieren wir auch unsere Botschaft „Run Simple“, die unser CEO Bill McDermott so eindrucksvoll in seiner SAPPHIRE-NOW-Keynote vorgestellt hatte.

SAP Simple Finance: „Aus Finanz- und Bilanzierungssicht ist das schon revolutionär zu nennen.“

Gibt es auch Beispiele von Lösungen, die nicht gefruchtet haben, aber dennoch nach dem Startupgedanken Try and Error aus heutiger Perspektive durchaus Sinn gemacht haben?

An diesen Punkt gelangen Sie immer, wenn Sie eine Lösung entwickeln und auch, wenn Sie diese einführen. Da möchte ich jetzt gar nicht im Speziellen drauf eingehen. Wichtig ist, dass Sie durch Fehler lernen. Darauf beruht ja das komplette Design-Thinking-Prinzip, nach dem SAP vorgeht. Mache früh die Fehler, um sie beim nächsten Anlauf zu vermeiden. Fehler zu machen, ist doch kein Makel. Im Gegenteil. Es wäre aber ein Makel, nicht aus Fehlern zu lernen und die gleichen dann immer wieder zu begehen. Das gilt übrigens für das ganze Leben, nicht nur in der IT (lacht).

Was tut SAP, um Talente zu fördern?

Wir haben entsprechende Programme aufgesetzt, um zum einen junge Talente für uns zu gewinnen und zum anderen junge Talente zu fördern – weibliche wie männliche. Wir haben mit Stefan Ries einen hervorragenden Personalchef, der sich diese Förderung auf die Fahnen geschrieben hat. Wir haben mit Anka Wittenberg einen hervorragenden Diversity Officer, ein sehr stark organisiertes „Business Women’s Network“ über alle SAP-Standorte hinweg. Wir wertschätzen alle Generationen innerhalb und außerhalb der SAP und setzen sehr stark auf Inklusion, also die Einbeziehung aller Gruppen und Mitarbeiter innerhalb der SAP. Wissen Sie, warum wir bei SAP auf so eine Vielzahl an Talenten zurückgreifen können? Der gesunde Mix macht’s. Sie können noch so talentiert sein: Wenn Sie keinen Mentor haben, der Ihnen aufgrund seiner langjährigen Berufs- und Lebenserfahrung ab und an den Weg weist, dann werden Sie es nicht weit bringen. Das ist meine persönliche Überzeugung.

Wenn ich Sie richtig verstehe, ist SAP beim Thema Frauen in Führungspositionen schon gut unterwegs. Wie denken Sie, lässt sich die Attraktivität von IT-Berufen für Frauen insgesamt stärken?

Der IT-Beruf ist attraktiv für Frauen. Er bietet ein weitreichendes Betätigungsfeld. Das können Sie mir glauben. Ich selbst bin ja ein sehr gutes Beispiel. Aber ich gebe Ihnen recht: Frauen sind nach wie vor eine unterrepräsentierte Gruppe in der IT-Branche. Und klar ist auch: Sie müssen eine Affinität zur IT haben. Das gilt aber im Übrigen für beide Geschlechter (schmunzelt). Wenn Sie sich aber mit Leidenschaft und Begeisterung mit IT auseinandersetzen, dann ist die SAP, gerade auch für Frauen, ein toller Arbeitgeber.

SAP veranstaltete ja kürzlich gemeinsam mit den Berlin Geekettes einen Hackathon. Was steckt dahinter?

Ziel der Veranstaltung war, ein Podium für weibliche IT-Talente zu bieten. Unter dem Motto „Talent and Technology Solving Today’s Challenges“ hatten Entwickler und Designer die Gelegenheit, Seite an Seite innovative Lösungen zu entwickeln und ein ganzes Wochenende lang die Vision einer „digitalen Stadt“ Wirklichkeit werden zu lassen. Das SAP Innovation Center in Potsdam bot hierfür den idealen Ort. Dieser Hackathon schlug also mehrere Fliegen mit einer Klappe: Junge Talente adressieren mit einem hohen Frauenanteil und letztlich SAP als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren. Das hat funktioniert.

Und wie ich bereits auf die vorige Frage geantwortet habe, steht mit dem Business Women’s Network eine hervorragende Austauschplattform bei uns im Hause zur Verfügung, die mit Sicherheit den Einstieg für Frauen bei SAP erleichtert.

Ich freue mich, dass ich das virtuelle Business Women’s Network unterstützen und Frauen helfen kann, Führungsaufgaben erfolgreich wahrzunehmen. Und noch etwas ganz Wichtiges möchte ich betonen: In unserem Arbeitsleben ist es schlicht eine Realität, dass Menschen von zu Hause aus arbeiten. Um sie zu unterstützen, müssen wir alle technischen Möglichkeiten nutzen und die Anbindung verbessern.