Das Heidelberger Biotechnologieunternehmen Molecular Health hat den zum zweiten Mal vergebenen SAP HANA Innovation Award gewonnen. Die Lösung TreatmentMap erreichte den ersten Platz in der Kategorie Technologievorreiter – „Technology Trailblazer – Business Application“.
Erst seit vierzehn Jahren ist das menschliche Erbgut entschlüsselt. Seitdem sind Milliardenbeträge in die Forschung geflossen. Heute lassen sich innerhalb weniger Tage und relativ kostengünstig die 3,4 Milliarden Basenpaare in den 46 Chromosomen des Menschen auslesen. Dies hat erst die Voraussetzung für das Biotechnologieunternehmen Molecular Health geschaffen, die seit Anfang 2014 verfügbare TreatmentMAP entwickeln zu können. TreatmentMAP kombiniert das weltweite biomedizinische Wissen mit der Tumorgenetik und weiteren Daten eines Krebspatienten. Dabei werden enorm komplexe und große Datenmengen bewältigt und so behandelnde Ärzte bei der Entscheidung über eine individualisierte Therapiewahl unterstützt. Der Beitrag der Heidelberger Gentechnikexperten besteht darin, behandelnden Onkologen auf Basis von Big Data vielversprechende Therapien für die Behandlung vorzuschlagen, die für die individuelle Konstellation des Patienten passen.
Genanalyse plus Wissensdatenbank
So hilft die TreatmentMAP: Nachdem die Daten aus dem Labor vorliegen, analysieren speziell zertifizierte Onkologen die Geninformation mit Hilfe der TreatmentMAP. An dieser Stelle kommt die Wissensdatenbank von Molecular Health ins Spiel. Vor zehn Jahren starteten die Heidelberger damit, wissenschaftliche Veröffentlichungen und klinische Studien nicht nur zu sammeln, sondern sie auch zentral verfügbar und analysierbar zu machen. „Wir durchforsten permanent die relevanten aktuellen Publikationen, prüfen sie und ergänzen unsere Wissensdatenbank“, erläutert Markus Schmitt von Molecular Health. Mehr als 23 Millionen Publikationen sind inzwischen darin enthalten – hunderte Krebsindikationen, 37.000 Medikamente, mehr als 90.000 klinische Studien und viele weitere Informationen hier aufbereitet.

Dieses gesammelte biomedizinische Wissen der Menschheit und die konkreten Gendefekte des Patienten gleicht Molecular Health seit Anfang 2014 mit Hilfe der TreatmentMAP ab und kann so dem Arzt eine Entscheidungshilfe bei seiner Therapiewahl an die Hand geben. TreatmentMAP unterstützt dabei, die ausschlaggebenden genetischen Veränderungen zu identifizieren. Die eingesetzte Datenbank – auf Basis von SAP HANA – durchforstet dazu alle verfügbaren Informationen und verdichtet sie zu Handlungsempfehlungen und Hinweisen für den Arzt. Bis zu 100 Gigabyte Daten können bei einem einzigen Patienten zusammenkommen. Nach einigen Stunden sind die „Treatment Options“ eines Patienten gefunden. Ein speziell zertifizierter Onkologe erstellt daraus für den behandelnden Arzt einen Befund, der wirksame wie unwirksame Behandlungsmethoden sowie Gefahren von Nebenwirkungen oder Toxizitäten aufbereitet.
Viele dieser Analysen parallel zu bewerkstelligen, ist eine technische Herausforderung, wie SAP-Experte Kai Sachs weiß: „Unser Ziel ist, für fünfzig, hundert oder mehr Patienten gleichzeitig diese Analysen zu fahren.“ „Scaleout-Szenarien“ nennt er das. Ausgehend von 700 Megabyte ‚Reindaten‘ der menschlichen DNA kommen hier bei tausenden Menschen viele Terabyte an Daten zusammen. Dadurch entsteht der Bedarf nach einer hochskalierbaren Lösung und damit die Notwendigkeit des Einsatzes der SAP HANA-Plattform. Hier können die Analysen und Berechnungen nahe an den Daten durchgeführt werden, um den benötigten Durchsatz zu gewährleisten.
COPE: Kostenloses Programm für krebskranke Mitarbeiter bei SAP
Heute sind es noch vergleichsweise wenige Patienten, für die Molecular Health diese Analyse in Deutschland durchführt. Der Grund liegt darin, dass Krankenkassen hierzulande die Kosten für diese Analyse noch nicht erstatten. SAP hat mit Molecular Health für SAP-Mitarbeiter das Programm COPE entwickelt. Das Kürzel steht für Corporate Oncology Program for Employees und ermöglicht berechtigten Mitarbeitern von SAP, die an Krebs erkrankt sind, seit Ende letzten Jahres die Ergebnisse der TreatmentMAP für die eigene Behandlung einzusetzen – quasi als kostenlosen Gesundheitsservice der SAP. COPE ist seit November 2014 in den USA und in Deutschland nutzbar. Eine Ausdehnung auf weitere Länder ist geplant.
Der Arbeitgeber erfährt von der Teilnahme seiner Mitarbeiter an dem Programm nichts und hat auch keinen Zugriff auf die Analyseergebnisse der Patienten: Ein spezielles Trust Center Health bei SAP prüft vertraulich, ob der Mitarbeiter für die Teilnahme an COPE berechtigt ist und erstellt eine Kostenübernahmeerklärung, die der Mitarbeiter an seinen behandelnden Arzt weiterleitet. Dieser setzt sich mit dem von Molecular Health zertifizierten Onkologen in Verbindung und veranlasst danach alles Weitere. Der Patient bleibt anonym. Molecular Health verwendet diese Daten auch nicht weiter. „Das würde uns auch gar nichts bringen, da ja die Ansätze für jeden Patienten so individuell sind“, erläutert der Executive Vice President Operations EMEA Markus Schmitt von Molecular Health.
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