Wissen über IT und Industrieautomatisierung, ein Gespür für neue Geschäftsmodelle und eine klare strategische Ausrichtung: Ein Mix aus diesen Kriterien macht ein Unternehmen Industrie-4.0- und Internet-of-Things(IoT)-bereit.
Die Vernetzung von Intelligenten Dingen, Systemen und Menschen: Das ist das Dreigespann, das das Internet der Dinge, neudeutsch Internet of Things (IoT), bestimmt. Bei Industrie 4.0 geht es meist um Prozesse in Fertigung und Logistik, die durch die Daten vernetzter Sensoren effizienter gemacht werden können. Industrie 4.0 ist gewissermaßen der große Sohn von IoT. Das Internet der Dinge ist umfassender, beschreibt alle technischen Geräte, egal, ob sie für unternehmerische oder private Zwecke genutzt werden können. Waschmaschinen und Smart Watches gehören genauso dazu wie eine Produktionsstraße. Unternehmen, die in IoT investieren, haben vielfältige Aufgaben zu erledigen, bevor sie fit werden für diese neuen Ansätze:
1. Verstehen, wo IoT und Industrie 4.0 genutzt werden sollen: Industrielösung oder Massenmarkt?
Sind beim privaten Kunden etwa Schrittzähler im Einsatz, die ihre Messungen direkt an das Smartphone weitergeben, sind die Anforderungen an das System ganz andere als im industriellen Bereich. „Hier geht es oft mehr um die Frage der Sicherheit des Datenverkehrs, um eine hohe Langlebigkeit, um eine einfache Verwaltbarkeit der Geräte“, erläutert Oliver Edinger, Head of IoT und Industrie 4.0 Germany bei SAP. Für den industriellen Einsatz ist es etwa im Gegenteil zu dem privaten Massenmarkt nicht denkbar, im Wochenrhythmus Patches auf die Geräte aufzuspielen. Die technischen Ausprägungen im industriellen und im Konsumentenbereich sind sehr unterschiedlich.
2. Wissen über SAP hinaus aufbauen: die Vernetzung als Ganzes verstehen
Unterschiedliche Technologien zusammenbringen und in den Kontext von betriebswirtschaftlichen Prozessen einbinden: Darin sieht SAP-Manager Edinger eine wichtige Herausforderung für Industrie 4.0 wie für IoT. Dabei kann es sich um SAP handeln, aber auch um „Elemente“, die nicht von SAP kommen. Voraussetzung ist die Anbindung technischer Geräte, die auf Basis heterogener Protokolle miteinander sprechen. Die neuen Daten müssen in Datenstrukturen gebracht und die Semantik bearbeitet werden. Beispiel: Wenn eine Maschine auf Basis einer speicherprogrammierbaren Steuerung Temperaturangaben undifferenziert nach Kelvin, Fahrenheit und Celsius ausgibt, kann eine Menge „Unfug“ rauskommen, bemerkt Edinger aus eigener Erfahrung. Es sei denn, die Semantik ist vorher eindeutig geklärt. Erst auf dieser Basis können die gewonnenen Daten analytisch sinnvoll bearbeitet werden.
3. Eine IoT-Strategie entwickeln: Hersteller, Dienstleister oder Anwender?
Für den erfolgreichen Einstieg in IoT müssen Unternehmen Geschäftsbereiche identifizieren, in denen Mehrwert denkbar ist, wie etwa in den Bereichen Fertigung und Logistik. Zudem gehört zu einer IoT-Unternehmensstrategie auch die Entscheidung, ob das Unternehmen eigene IoT-Produkte herstellen möchte oder „lediglich“ Daten über IoT ermitteln und für eigene Dienstleistungsmodelle einsetzen möchte.
4. IT- und Industrie-Knowhow verbinden: Partnerschaft oder Do-It-Yourself
Das Wissen um industriespezifische Geschäftsprozesse, intelligente Geräte und IT ist in der Regel auf unterschiedliche Unternehmen verteilt: IoT erfordert aber das möglichst vollständige Verständnis der vernetzten Technologien aus diesen Perspektiven. Deswegen ist die SAP beispielsweise Kooperationen mit dem Siemens-Konzern, dem US-Unternehmen OSIsoft und auch dem Sensorhersteller IFM Electronics eingegangen. „Jeder hat seine Kernkompetenzen“, erläutert Edinger die Partnerschaftsstrategie der SAP, „wir haben eine IT-Herkunft und versuchen die Automatisierungstechnologie – die so genannte Operational Technology (OT) – über Partnerschaften optimal einzubinden.“ Andere Unternehmen bauen sich das notwendige IT- und OT-Wissen mit großem Aufwand selbst auf. Klar ist: „Den größten Erfolg werden Firmen haben, die die Grenzen zwischen IT und OT überschreiten“, so Edinger.
5. Marktentscheidung treffen: B2B oder B2C oder B2B2C?
Während Unternehmen wie Google und Apple sich eindeutig als IoT-Unternehmen für den Konsumenten positionieren, ist SAP einerseits klar im B2B-Geschäft unterwegs (Industrie 4.0) und liefert zudem die IoT-Technologie für Unternehmen, die B2C-Geschäft machen. SAP-IoT-Experte Edinger spricht vom B2B2C-Geschäft. So hilft SAP dem IoT-Kunden Roche Diagnostics etwa an Diabetes Typ 2 leidenden Blutzuckerkranken, „indem ihre Gesundheitswerte komfortabel, verlässlich und zeitnah für Ärzte transparent gemacht werden“, so Edinger. Das Messgerät der Patienten schickt den aktuellen Blutzuckerwert per Bluetooth aufs Handy, das es über eine SAP-Anwendung an die SAP HANA Cloud Platform weiterreicht. Zudem steht es den Patienten frei, einen Schrittzähler einzubinden, um einen weiteren positiven Einfluss auf die Gesundheit zu haben. Vorteil für den Arzt: Er hat den gesamten Krankheitsverlauf und die beeinflussenden Rahmenparameter wie zum Beispiel den Bewegungsstand via Cloud vor sich, ohne dass der Patient öfter als nötig in die Praxis muss.

6. Smart Data schaffen, nicht Big Data: an Vorselektion denken
Zwar sind die IoT-Systeme auf große Datenmengen ausgelegt, doch „muss nicht alles Big Data sein“, wie SAP-Experte Edinger meint: „Smart Data sind viel wichtiger.“ Eine intelligente Vorverarbeitung von Daten an dem Ort, an dem sie entstehen: Das nennt Edinger als Schlüssel dafür, Komplexität aus der IoT herauszunehmen. Das sogenannte EDGE-Computing ist dafür geschaffen, Daten vorzuverarbeiten und nur jene weiterzugeben, die für ein spezielles Szenario gebraucht werden. Der Vorteil liegt in geringeren Verarbeitungskosten, da nur ein Bruchteil der Ausgangsdaten für die Analyse genutzt werden und in einer Verringerung der Komplexität.
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