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Macht die Digitalisierung den Menschen „zum Beobachter“ oder werden sich damit nur die Aufgaben verlagern?

Das Internet der Dinge oder Industrie 4.0 wird einschneidende Veränderungen bei den Arbeitsabläufen mit sich bringen. Überall wo es möglich ist, arbeitsintensive Abläufe zu digitalisieren, werden die Unternehmen versuchen, ihre End-to-End-Prozesse entsprechend umzustellen. Das wird auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter haben.

Maschinen und Roboter übernehmen bekannte Abläufe

Aktuell gibt es noch für jeden Prozess einen Ablauf und dahinter steht meist ein Mensch. Viele dieser Abläufe werden sich durch das Internet der Dinge verändern, wie auch der Umgang mit Informationen und Systemen und damit auch die eine oder andere Arbeitsplatzbeschreibung.

Es wird schon viel über eine Maschine-zu-Maschine-Welt in der Produktion und die erweiterten Möglichkeiten beim Einsatz der Sensorik gesprochen.

Aber die transaktionalen Prozesse, die nach und nach die Aktionen von Maschinen oder Industrierobotern steuern, können auch in die Finanzwelt oder andere Bereiche übertragen werden. Dem Mitarbeiter kommt dann nur noch eine kontrollierende, lenkende Funktion zu. Und selbst diese könnte wegfallen, wenn das IT-System in Zukunft selbstständig einen Zahlungsprozess überprüft und ihn auch gleich ausführt. Das ist dann auch das Ende der Prozessbrüche, die heute noch von Menschenhand überbrückt werden müssen.

Übertragen auf transaktionelle Prozesses ist denkbar, dass beispielsweise ein Monatsabschluss, der bislang mit einer Nachlaufzeit von einer Woche verfügbar war, in der digitalen Welt zum Tagesabschluss eventbezogen in Echtzeit mit den aktuellen Zahlen abrufbar sein wird. Doch die menschliche Erfahrung ist immer noch wichtig, um aus den mit Hilfe von Algorithmen ermittelten und ausgewerteten Daten neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass der Mensch bald keine Daten mehr analysiert, um ein Problem in einem Ablauf zu finden, sondern die Datenmengen nutzt, um aus bestimmten Datenmustern neue Chancen und Möglichkeiten zu generieren. In dieser Übergangsphase befinden sich aktuell viele, von Herstellern über Berater bis hin zu Analysten. Sie fragen sich, was bedeutet das Internet der Dinge für uns, wie können wir das nutzen und mit welchem Erfolg?

Unterbau aus jungen Fachkräften

Die Transformation in die neue digitalisierte Welt wird nicht von heute auf morgen zu realisieren sein. Denn Produktionsabläufe oder Marktverhalten lassen sich nur in den seltensten Fällen kurzfristig verändern. Das wird einen Veränderungsprozess bedingen, da viele Produkte mit Emotionen behaftet sind, die sich zum Beispiel im Einkaufs- oder Besitzverhalten widerspiegeln. Aber parallel dazu sollte man bereits Teams aufbauen, die sich mit den Möglichkeiten, Chancen und Risiken des Internet der Dinge auseinandersetzen. Zusätzlich wird es auch neuer Mitarbeiter bedürfen, um die riesigen Datenmengen entsprechend zu sichten, Muster zu erkennen und daraus Business-Modelle anzustoßen. Dementsprechend könnte es sinnvoll sein, mit der jüngeren Generation einen Unterbau zu errichten, aus dem nach und nach die neuen Spezialisten in die entsprechenden Positionen nachwachsen. Diese Generation geht ganz anders mit den neuen Technologien um. Sie wird von der Zusammenarbeit mit den erfahrenen Kollegen profitieren, die den Veränderungsprozess nicht scheuen und daran selbst noch thematisch wachsen. Dieses Zusammenspiel ist umso wichtiger, da es für bestehende Unternehmensformen keine Garantie gibt, dass sie über Generationen bestehen werden. Laufende Veränderungen sowohl in der Prozessindustrie als auch der diskreten Industrie sind hierfür der Beweis.

Neue Fähigkeitsprofile aufbauen

Um den Weg dorthin zu ebnen und mitzugestalten, diskutiert die DSAG schon länger gemeinsam mit der SAP Academy wie Studienformen und -inhalte vor dem Hintergrund des Internet der Dinge verändert oder neu entwickelt werden können, um neue Fähigkeits-Profile aufzubauen. Bei Workshops mit der SAP Academy haben wir unsere Vorstellungen eingebracht, wie die Herausforderungen der Digitalisierung in der Ausbildung abgedeckt werden können. Dabei werden Migrations- Implementierungs- und Konsolidierungserfahrungen ebenso eine Rolle spielen wie die Zertifizierungsanforderungen im SAP-Umfeld. Die DSAG ist seit Jahren mit der SAP und anderen Institutionen dabei, neue Zertifizierungsprogramme zu gestalten. Damit soll sichergestellt werden, dass künftige Mitarbeiter, die sich mit dem Thema SAP beschäftigen, auch mit den neuen Technologien umgehen, bzw. in Transformationsprojekten arbeiten können. Ob das dann im Berufsfeld eines Prozess-Designers, eines Application Architect oder eines Data Science Analyst and Data Plumber endet, wird die Zukunft weisen.

Alternative Szenarien sind gefragt

Die Digitalisierung führt zu vollständig automatisierten Prozessen. Das heißt, ein Zahlungsprozess zwischen Hersteller und Lieferant wird komplett von den jeweiligen SAP-Systemen abgewickelt. Das bedeutet unweigerlich, dass derzeitige Arbeitsplätze überprüft werden. Gehen wir weiter auf diesem Weg, muss auch klar werden, dass Begriffe wie Regelarbeitszeit, Sonntagsarbeitsverbot oder flexible Schichtpläne in einer Welt, in der (teilweise schon heute) 24×7 in Echtzeit Produkte geliefert und Daten verarbeitet werden, teilweise neu zu definieren oder auszulegen sind. Ohne dabei die verbrieften Rechte der Mitarbeiter zu beschneiden, versteht sich.

Arbeitsschutz für das Homeoffice

Dass die entsprechende Rechtslage teilweise erst geschaffen werden muss, zeigt die aktuelle Diskussion über die Heimarbeit. Es gibt schon heute eine Vielzahl von Tätigkeiten, die aufgrund der weitreichenden technischen Möglichkeiten genaugenommen keine Anwesenheit im Büro erfordern. Vor allem wenn die Arbeitstage größtenteils von Telefonkonferenzen, virtuellen Meetings und Arbeiten am PC, Laptop oder Tablet-Computer bestimmt sind. Das Problem hierbei: Es gibt bislang keinen exakt geregelten Arbeitsschutz für das Homeoffice.

Damit wird deutlich, es sind auch teilweise unbequeme Themen, die im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge angesprochen und durchdacht werden müssen. Aber je früher man sich mit entsprechenden Szenarien auseinandersetzt und mögliche Lösungen erarbeitet, desto besser.

Foto: Shutterstock