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Mobiler, selbstbestimmter, agiler: Die Zukunft des Lernens und die wichtigsten To-Dos für Unternehmen erläutert der Berater und Blogger Jochen Robes.

Wo sehen Sie die hauptsächlichen Trends im Corporate Learning?

Das Lernen im Unternehmen öffnet sich neuen Herangehensweisen. Ansätze, die dies beschreiben, legen einen stärkeren Fokus auf informelles Lernen. Es geht dabei also nicht mehr nur um „formelles“ Lernen wie es zum Beispiel in Präsenzschulungen oder E-Learning-Kursen stattfindet, sondern um das Lernen am Arbeitsplatz mit Hilfe frei zugänglicher Ressourcen. Und die können intern oder extern sein. Lernen wird weiter gedacht, und die Grenzen von Lernen und Arbeiten verschwimmen zusehends.

Dabei wird natürlich die Selbststeuerung immer wichtiger, denn die Verantwortung wird ja mehr und mehr zum Mitarbeiter verschoben. Lernumgebungen und Lernplattformen öffnen sich und Mitarbeiter bilden sich über YouTube, Podcasts oder Blogs weiter. Das liegt auch in der Natur des informellen Lernens, das ja Selbststeuerung voraussetzt.

Wenn man diese Richtung weiterdenkt, dann gehen mit diesen Trends auch neue Rollen für die Personalentwicklung einher. Sie sind auch als Coach, als Kurator von externen Inhalten oder als Moderator von Communities gefordert. Die Übergänge sind fließend zu den Entwicklungen, die heute unter dem Stichwort „Zukunft der Arbeit“ diskutiert werden. Wenn Arbeiten und Lernen näher zusammenrücken, wenn wir in Zukunft mobiler, selbstbestimmter und agiler arbeiten und lernen, können wir auch Themen wie Arbeitsplatzgestaltung oder Arbeitsorganisation neu diskutieren.

Wo sehen Sie die Firmen in der Umsetzung dieser Trends?

Die Herangehensweise der Unternehmen ist sehr unterschiedlich. Die einen denken noch über die Einführung von E-Learning nach, andere gehen schon strategische Themen wie Enterprise 2.0 und Digitalisierungsprojekte an. Diese Firmen setzen zum Beispiel soziale Medien zur verbesserten Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette ein, fördern Communities zum sozialen Lernen oder digitalisieren nicht nur die Geschäftsprozesse, sondern auch Lernprozesse. Da kommen dann beispielsweise Themen wie Blended Learning, Gamification oder Massive Open Online Courses (MOOCs) ins Spiel. Vorreiter sind oft Branchen mit IT-Bezug, während beispielsweise Firmen mit starkem Fokus auf Produktion oft noch eher zeitlich versetzt diese Trends umsetzen.

Sie sind viel international unterwegs. Gibt es Unterschiede zwischen Deutschland und anderen Märkten ?

Die angelsächsischen Länder sind bisher am weitesten, was das netzbasierte Lernen betrifft. Das liegt daran, dass die IT-Economy insgesamt dort weiter entwickelt und die Arbeitskultur experimentierfreudiger ist. Im Vergleich zu Deutschland gibt es dort zudem weniger Bedenken in Hinsicht auf Cloud-basierte Angebote, Big Data oder Datenschutz. Mit zeitlichem Verzug kommen die Themen dann auch bei uns an. Aber diese Verspätungen werden kleiner, weil sich ja in größeren, weltweit operierenden Firmen die Arbeitskulturen immer mehr überlappen.

Was sind Ihrer Meinung nach die Antreiber dieser Trends?

Wir beschäftigen uns ja schon seit über 25 Jahren mit dem Lernen am PC und mit IT-gestütztem Lernen. Aktuell sind Themen wie Industrie 4.0 und Digitale Transformation die großen Treiber. Dabei geht es weniger um die Unterschiede, also ob das Lernen digital oder real stattfinden sollte und ob E-Learning zeitgemäßer ist als Präsenzveranstaltungen, als vielmehr um die Frage, wie man das Netz zur Selbststeuerung des Lernens nutzen kann.

Welche sind die ersten Schritte, die Personaler oder Manager machen können?

Auch hier rate ich dazu, strategisch und systematisch an die Entwicklung des Lernens heranzugehen. Speziell in Hinsicht auf die Digitale Transformation und die Selbststeuerung des Lernens sollten sich die Unternehmen zwei Fragen beantworten: Wo stehe ich und wo will ich hin? Das ist für das Personalwesen wie die Personalentwicklung & Weiterbildung gleichermaßen wichtig, um auf dieser Basis gezielt planen zu können. Auf operativer Ebene ist es zudem sinnvoll, dass sich Trainer, Personalentwickler und Führungskräfte „schlau machen“, sprich: Medienkompetenz aneignen. Nur so lassen sich neue Ansätze, die ja oft auch mit neuen Werten, Haltungen und Einstellungen verbunden sind, auch an die Mitarbeiter überzeugend vermitteln.

Eine naheliegende Möglichkeit bieten hier MOOCs und die Möglichkeit, selbst neue, netzbasierte Lernformen einmal auszuprobieren. Viele Lerneinheiten gibt es kostenlos. Kleiner Tipp am Rande: Solche Maßnahmen sollte man als Projekt aufsetzen, zum Beispiel als Train-the-Trainer-Maßnahme. Dann kommt erst gar kein zeitlicher Konflikt mit der alltäglichen Arbeit auf.

Kennen Sie Beispiele aus der Praxis, die zeigen, wie das Lernen der Zukunft aussieht?

Kürzlich fand der MOOC „Corporate Learning 2.0“ statt, in dem acht Firmen acht Themen zu unterschiedlichen Methoden vorstellten. Dabei wurden viele Trends angesprochen und verschiedene Perspektiven von Firmen wie Adidas, FESTO, Deutsche Bahn oder SAP aufgezeigt. Mehr erfahren Sie dazu in meinem Abschlussblog.

Erste Firmen führen inzwischen sogar unternehmensinterne MOOCs durch wie etwa die Credit Suisse, Telekom oder SAP. Speziell Themen wie „digitale Transformation“ oder „Enterprise 2.0“, die man kampagnenartig ins Unternehmen bringen möchte, bieten sich hier meines Erachtens an.

Weitere Informationen:

Auf openSAP bietet SAP MOOCs, derzeit zum Thema Führung in der Digitalisierung und über Lösungen von SuccessFactors, die Deutsche SAP Anwendergruppe bietet im Training- und Certification-Shop Kurse in seiner Lerncommunity.

Best Practices & Innovationen können Sie auch der Messe & Kongress LEARNTEC Ende Januar sehen und diskutieren. Auch SAP ist dort und bietet viele spannende Vorträge – anbei weitere Informationen zu Freikarten und Themen.

Regelmäßig berichtet Jochen Robes auch in seinem Newsletter zu seinem „Weiterbildungsblog“ zu aktuellen Themen im Corporate Learning.