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Auch südlich der Sahara stehen die Zeichen auf digital: Dort sorgen ferngesteuerte Treibhäuser, Solaranlagen und Software für Genossenschaften für mehr Lebensqualität.

Nach Angaben der Weltbank arbeiten 70 Prozent der Menschen im südlich der Sahara liegenden Teil Afrikas in der Landwirtschaft. Die meisten von ihnen sind jung und arm – extrem arm. Es gibt jedoch einige junge Unternehmer, die versuchen, mit innovativen Geschäftsmodellen und Technologien das Leben der Menschen im ländlichen Raum grundlegend zu verändern und ihnen einen Weg aus der Armut zu eröffnen. Während einer Reise durch Ostafrika hatte ich kürzlich Gelegenheit, einige von ihnen persönlich kennenzulernen.

  1. Illuminum Greenhouses ist ein Start-up in Nairobi, das intelligente, ferngesteuerte und solarbetriebene Gewächshäuser produziert und vertreibt. Mithilfe von Sensoren können die Betreiber genau die Menge an Bewässerung berechnen, die tatsächlich benötigt wird. Laut Taita Ngetich, einem der Gründer, kann dies den Wasserverbrauch um bis zu 60 Prozent reduzieren. Für die jungen Landwirte ist es jedoch vor allem interessant, dass sie ihre Gewächshäuser mit einer Smartphone-App steuern können. Statt ständig vor Ort sein zu müssen, haben sie mehr Zeit für Aufgaben, die ihnen weitere Einkünfte sichern. „Durch die Möglichkeit, Treibhäuser mit einfachen Textnachrichten fernzusteuern, tragen wir auch deutlich zur Verbesserung der Lebensqualität bei“, erklärt Taita. „Die jungen Landwirte können sich auch mal mit Freunden treffen und sind nicht die ganze Zeit an ihre Farm gebunden.“
  2. Die erschwinglichen Solaranlagen von SolarNow versorgen arme ländliche Haushalte und Gemeinden in Uganda mit Strom. Dort sind 85 Prozent der Bevölkerung nicht an ein Stromnetz angeschlossen. SolarNow verkauft auch elektrische Geräte wie Bügeleisen, Kühlschränke und Fernseher. 2016 wird die Firma zudem solarbetriebene Tablet-Computer mit Internetzugang in ihr Angebot aufnehmen. An sich ist das vielleicht noch nichts Besonderes, doch die eigentliche Pionierleistung ist das Servicepaket. Das Unternehmen gibt seinen Kunden eine zweijährige Garantie auf seine Produkte, was laut SolarNow-Geschäftsführer Willem Nolens in Afrika sehr ungewöhnlich ist. Darüber hinaus berücksichtigt SolarNow die Einkommenssituation seiner Kunden, die je nach Ernte-Erfolg schwankt, und bietet ihnen 24-Monats-Darlehen mit maßgeschneiderten Ratenzahlungen. Laut Willem Nolens hat das Modell Vorteile für beide Seiten. „Ratenzahlungen sind gut für uns und gut für unsere Kunden“, erklärt er. „Sie wissen, dass sie langfristig guten Service erhalten, und wir wissen, dass wir langfristige Einkünfte erzielen.“ Das Angebot ist enorm erfolgreich: SolarNow hat seine Solar-Home-Systeme bereits an 10.000 Haushalte verkauft und damit rund 60.000 Menschen Zugang zur Energieversorgung ermöglicht.
  3. Virtual City ist ein auf die Landwirtschaft spezialisierter Softwareanbieter mit Sitz in Nairobi. Mit seiner neuen Lösung will Virtual City es Landwirten ermöglichen, entlang der gesamten Wertschöpfungskette an der Wertsteigerung ihrer Produkte teilzuhaben. „Bis jetzt verkauften die Landwirte ihre Produkte zu einem niedrigen Preis direkt vom Hof, und damit war das Geschäft für sie zu Ende“, erklärt John Waibochi, Geschäftsführer von Virtual City. Doch mit jedem Weiterverkauf steigert sich auch der Wert der Produkte. Das neue Produkt von Virtual City bringt die Landwirte und ihre Geschäftspartner in einem Kollektiv zusammen und sorgt so für eine langfristige Teilhabe der Bauern. Mithilfe einer mobilen App können die Landwirte die Wertsteigerung ihrer Produkte verfolgen und erhalten einen prozentualen Anteil des Verkaufspreises, wenn die Produkte an das letzte Glied in der Wertschöpfungskette verkauft werden. Echtzeit-Datenübertragung und elektronische Dokumente garantieren absolut transparente Prozesse und eine faire Bezahlung.

Abgesehen von ihren Geschäftszielen haben diese drei Unternehmen noch weitere Gemeinsamkeiten: Ihre Geschäftsmodelle beruhen alle auf neuen Technologien, der Kunde steht im Mittelpunkt, und sie alle haben ihre Produkte und Dienstleistungen auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten.

Design Thinking – eine neue Innovationskultur

Design Thinking wurde ursprünglich als Innovationsmethode für Produkte und Services in Stanford entwickelt. „Die Strahlkraft von Design Thinking besteht darin, neue und überraschende Formen der kreativen Zusammenarbeit zu ermöglichen“, so das Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam. „Wir-Intelligenz ist das neue Schlagwort, Kollaboration wird die Grundlage für ein neues Arbeitsbewusstsein.“

Taita Ngetich lernte Design Thinking durch seine Teilnahme an der Global Entrepreneur Summer School kennen. „Als ich wieder nach Hause kam, habe ich die Gewächshäuser noch einmal im Hinblick auf die Kundenbedürfnisse geprüft. Daraufhin habe ich den Termin für die Markteinführung verschoben, um noch einiges zu verbessern. Ich bin mir sicher, dass sich dies langfristig auszahlt und dass wir vor allem das Vertrauen unserer Kunden in uns steigern können.“ Willem Nolens und John Waibochi lernten Design-Thinking-Methoden im Rahmen eines Programms kennen, mit dem SAP junge Sozialunternehmer fördert (SAP Social Entrepreneur Fellowship Program). Danach hat SolarNow sein Vertriebskonzept völlig neu organisiert und ersetzte das bisherige Franchise-System durch eigene Niederlassungen. Darüber hinaus führte die Firmenleitung mit allen Mitarbeitern einen Dialog über die Unternehmenskultur und -werte, um so die Servicequalität und die Kundenbindung zu verbessern. Virtual City prüfte noch einmal den Markt für sein neues Produkt und nahm weitere Verbesserungen vor.

Design Thinking verändert aber auch das Verhalten innerhalb der Unternehmen. „Auf der Führungsebene arbeiten wir jetzt viel mehr als Team. Jeder hat sehr viel mehr Verantwortung für seinen Bereich übernommen und ehrgeizigere Ziele definiert. Das hat meinen Führungsstil verändert. „Ich kann mich nun darum kümmern, worum sich ein Geschäftsführer primär kümmern sollte – um unsere Kunden“, so John Waibochi.

Der Einfluss dieser drei Unternehmen auf ihre Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und Wettbewerber ist enorm: Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Bauer, der bei allen drei Unternehmen Kunde ist. Würde sich Ihr Leben nicht grundlegend ändern? Und jetzt stellen Sie sich vor, dass dies nicht nur einem einzelnen Bauern so geht, sondern einer ganzen Kooperative. Würden nicht zahlreiche Unternehmen folgen und ähnliche Geschäftsmodelle entwickeln – und sei es nur, um mit den neuen, höheren Standards mitzuhalten?

Diese Geschäftsmodelle haben ein riesiges Potenzial. Mit ihnen bereichern die Unternehmen ländliche Gebiete und ihre eigenen Organisationen und schaffen damit eine bessere Zukunft.

Im Rahmen ihrer Corporate-Social-Responsibility-Strategie fördert SAP sozial engagierte Unternehmen. Dies geschieht durch eigene Programme, wie SAP Social Entrepreneur Fellowship, das SAP gemeinsam mit Acumen anbietet, oder durch die Unterstützung von Initiativen wie der Global Entrepreneur Summer School.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf SAP Business Trends.

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