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Die Digitalisierung hat die Finanzwelt erreicht. Die polnische mBank nutzt die Gunst der Stunde und mischt mit personalisierten Online-Services die Branche auf.

Was versteht man heutzutage unter einem Banken-„VIP“? Einen „Vorstand In Panik“.

Tatsächlich gehen die Manager traditioneller Geldhäuser unruhigen Zeiten entgegen. Da wären die niedrigen Zinsen, die ihnen das klassische Ertragsgeschäft verhageln. Der Kostendruck steigt. Immer mehr Banken fusionieren oder dünnen ihr Filialnetz aus. Neue Konkurrenz droht ihnen durch finanzstarke Global Player, deren Kerngeschäft darin besteht, Verbraucherwelten digital zu transformieren. Nun wenden sich Apple, Google und Co. verstärkt dem lukrativen Finanzsektor zu.

Gleichzeitig erobern technologieaffine Neueinsteiger – die so genannten Fin Techs – mit cleveren Ideen und neuen Geschäftsmodellen den Markt. Eine Kreditzusage in wenigen Minuten? Kein Problem. Manche Bank braucht dazu immer noch mehrere Tage. Einen tollen Internet-Deal gleich online sichern? Machen wir. Der Bezahldienst Paypal bedient inzwischen rund 173 Millionen aktive Kunden in mehr als 200 Ländern.

Die Argumente dieser Himmelstürmer heißen Tempo und Technologie anstatt Terminvereinbarung und Schalterschluss. Sie fallen besonders bei der jüngeren Generation auf fruchtbaren Boden: Laut einer US-Studie von Accenture aus dem vergangenen Jahr haben dort 18 Prozent der „Millennials“ ihre bevorzugte Bank innerhalb der vergangenen zwölf Monate gewechselt – im Gegensatz zu nur drei Prozent der über 55Jährigen.

Traditionelle Finanzdienstleister haben die Bedrohung erkannt, sagt Susanne Raimar vom SAP Solution Management für Bankensoftware. Online-und Mobile Banking gehören inzwischen zu deren Standardrepertoire. „Banken sind längst dabei, ihre Geschäftsabläufe effizienter zu gestalten und an neuen Produkten zu arbeiten. Ebenso wichtig ist es aber, ein neues Kundenerlebnis mit einer individuelleren Kundenansprache zu bieten. Dabei werden sie von der SAP mit für die Branche ausgeprägten Softwarelösungen unterstützt.“ Generell seien die Institute durchaus in der Lage, sich neu zu erfinden. Denn sie sitzen dank langjähriger Kontakte auf einem Schatz, der im Informationszeitalter ein Vermögen wert ist: die Daten ihrer Kunden. Die Frage bleibt, wie sie diese für sich nutzbar machen.

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Der Blick nach Polen könnte helfen. Dort zeigt die mBank, wie man Kundennähe schafft, ausbaut und in bare Münze umwandelt. Die viertgrößte Retail-Bank des Landes nimmt unter den Online-Banken Platz eins ein. 57 Prozent ihrer Kunden haben einen höheren Bildungsabschluss, 41 Prozent sind zwischen 25 und 34 Jahre alt. Viele davon wickeln ihre Finanztransaktionen über Kreditkarten ab. Allein schon deshalb weiß die mBank viel über Konsumverhalten und Kaufgewohnheiten. Hinzu kommt, dass es in Polen fast schon eine Selbstverständlichkeit ist, Finanzdienstleistungen bequem über das Smartphone zu beziehen. Für so viel Lebensqualität stellen die Verbraucher ihre Daten gerne zur Verfügung. Die mBank ist an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig, gilt sie doch als einer der Pioniere für Mobiles Banking in Osteuropa.

Wie viele andere Geldinstitute sammelt und pflegt die mBank sämtliche Informationen in einem CRM-System. Doch sie gibt sich nicht damit zufrieden, einmal im Monat einen standardisierten Werbebrief an alle Kunden zu schicken. Sie erstellt Profile ihrer Klienten, um sie mit passenden Angeboten anzusprechen. Das „Angebot“ kann hierbei sowohl ein Produkt von der Stange als auch ein maßgeschneiderter Service sein – oder eine Dienstleistung, die über Grenzen des herkömmlichen Bankengeschäfts hinausgeht und dem Kunden einen Zusatznutzen verspricht: Wer beispielsweise gerade einen Kredit für den Hauskauf bekommen hat, ist vielleicht für den Hinweis auf ein gutes Küchenstudio dankbar; zumal dann, wenn dieses Studio – vielleicht selbst Geschäftskunde der Bank – Sonderkonditionen für mBank-Kunden bereithält. Die Nutzung ihrer Geschäftsnetzwerke wird für Banken in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen.

Den Datenschatz heben

Damit man die Kunden noch besser versteht und auf ihre Anforderungen schnell reagieren kann, setzt die mBank SAP Predictive Analytics ein. Dazu nutzt das Tool Scoring-Modelle und ausgefeilte Algorithmen. Die Software dient dazu, künftige Kaufaktionen von einzelnen Kunden zu antizipieren sowie zielgerichtete Kampagnen für ganze Kundengruppen zu planen und durchzuführen. „Mit SAP Predictive Analytics sind wir in der Lage, individuelle Kundenvorlieben zu ermitteln und erfolgversprechende Folgeaktionen zu initiieren. Wir können jetzt direkt mit unseren Kunden in Kontakt treten, was wiederum in einem besseren Verständnis über deren Wünsche mündet“, sagt mBank-Manager Bartosz Witorzenc, zuständig für strategische Initiativen.

Die mBank hat schon vor einiger Zeit SAP gewählt, weil ihre Analytics-Lösung sich im Vergleich zu konkurrierenden Produkten als robuster, effektiver und schneller erwies. Zudem verlief die Integration in die bestehende IT-Landschaft nahezu reibungslos. Jetzt sind die Erfolge spürbar: Die mBank berichtete im vergangenen Jahr von einer Steigerung um bis zu 400 Prozent, was die Antwortraten ihrer – nun fokussierter – Marketingaktionen anbelangt. Zudem konnte sich die mBank über wesentlich mehr Abschlüsse von Versicherungs- und Kreditverträgen freuen.

Der Einsatz der SAP-Lösung kommt ebenfalls dem Bonus-Programm „mDeals“ zugute. Teilnehmer werden beispielsweise mit günstigeren Kinokarten oder Rabattgutscheinen für Drogerieartikel belohnt. Weil die mBank die Kaufhistorie jedes Mitglieds kennt, weiß sie um dessen Vorlieben – und kann dank SAP Predictive Analytics „vorausschauende“ und personalisierte Discount-Aktionen rasch umsetzen.

Parallel dazu bauen die Polen ihre Multikanalstrategie aus. So werden die Repräsentanzen in den großen Städten modernisiert, wo die mBank die Beratung mit ihren Firmenkunden konzentriert. Zur Modernisierung gehören etwa Remote Services, um komplexe Geschäfte von diesen Beratungszentren aus auch landesweit erörtern zu können. Ein anderer Teil der Strategie betrifft den neuen Auftritt in stark frequentierten Einkaufszonen wie Shopping Malls. Dort baut die mBank auf die Kauflaune der Besucher, um einfache Produkte an den Mann zu bringen. Mit Erfolg: In ihren hippen Light-Filialen – mit Video-Screens, Handy-Ladestationen, Touch-Bildschirmen vor Barhockern, Kaffeespezialitäten und Spielecke für Kinder – werden beispielsweise Girokonten sehr gut verkauft. Zusammen mit den noch kleineren, mobilen Ständen bilden die so genannten Light Branches ein attraktives Hightech-Ambiente für Standardbankgeschäfte.

Das Bankgeschäft der Zukunft hat mehrere Facetten. Doch nur diejenigen Anbieter, die sich den Möglichkeiten der Digitalisierung öffnen, werden auch für kommende Generationen relevant bleiben.

Innovation mit Auszeichnung

Die polnische mBank – die deutsche Commerzbank hält knapp 70 Prozent der Anteile – beschäftigt rund 6.000 Mitarbeiter, hat rund fünf Millionen Kunden und ist ebenfalls in Tschechien sowie in der Slowakei aktiv. Ihr konsequenter Online-Kurs hat dem Geldinstitut schon mehrere Preise eingebracht: beispielsweise Forresters „beste Online-Bank in Europa 2014“ (3. Platz weltweit) sowie die Auszeichnung „Most Innovative Application of Digital Technology to Grow the Business“ von Gartner.

Foto: Commerzbank