General-Electric-Manager Greg Petroff berichtet über die Anforderungen, gutes Design unter extremen Bedingungen zu realisieren.
Stellen Sie sich einen Arbeiter vor, der an den Turm einer Windkraftanlage gebunden ist – 65 Meter über dem Meer. Die Lufttemperatur liegt nahe am Gefrierpunkt. Drei Rotorblätter, jedes so lang wie ein Fußballfeld, stehen merkwürdig still vor ihm. Das Getöse des Meeres dröhnt in seinen Ohren, während er versucht, die Ursache für den Defekt zu finden.
Nun wechseln wir von einer kalten in eine heiße Umgebung. Stellen Sie sich einen brummenden Maschinenraum in einer Dampferzeugungsanlage vor. Eine 40 Jahre alte Gasturbine, die für den Betrieb notwendig ist, funktioniert nicht richtig. Eine neue Mitarbeiterin, 24 Jahre jung, schlittert den engen Schacht im inneren der Turbine hinunter. Sie wird dort sechs Stunden lang versuchen, eine Maschine instandzuhalten, die in Auftrag gegeben wurde, lange bevor sie geboren wurde.
Industrielle Anwendungsfälle wie diese sind es, an denen Chief Experience Officer Greg Petroff und die Designer, Ingenieure und Entwickler bei General Electric (GE) arbeiten. Wenn Sie nun denken, es ist schwierig, Software für Büroangestellte zu entwickeln, stellen sie sich vor, wie schwierig es ist, Software für extreme Bedingungen wie Schmutz, Fett, Wasser, Hitze und Kälte zu designen. Zu diesem Mix widriger Umgebungsbedingungen kommt noch mehr hinzu: wechselnde Lichtverhältnisse, instabile Internetverbindung und jede Menge blinkende, brummende Ablenkungen.
Beim fünften SAP Design Talk sprach Petroff vor 700 SAP-Mitarbeitern über diese Herausforderungen und auch darüber, wie GE Design-Methoden und Technologie einsetzt, um ein besseres Gefühl für die Bedürfnisse der Industriearbeiter zu entwickeln. Die Teams bauen dann Lösungen, die die Industriearbeiter nicht nur unterstützen, sondern ihnen auch „übermenschliche“ Kräfte verleihen.
Doch wie gehen sie dabei vor?
Der erste Schritt besteht darin, das berufliche Umfeld der Arbeiter zu verstehen. Nach einer Benutzerrecherche vor Ort kommt in einem 360-Grad Videoraum Virtual-Reality-Technologie zum Einsatz, um den Entwicklern und Ingenieuren im Büro auf eindrucksvolle Weise von der Besichtigung der Anlagen zu berichten. Auf diese Weise erlebt jeder von ihnen die Arbeitsbedingungen auf einem Frachtschiff am Nordpol oder auf einer Bohrinsel im Golf von Mexiko. So entsteht Empathie, ein entscheidender Faktor für gutes Design.
Der nächste Schritt besteht darin, das Team zu einem Workshop einzuladen und zeitnah einen Prototypen zu bauen. Hier kommen nun Überlegungen zu Augmented Reality, IoT und Wearable Computing ins Spiel. Moderne Geräte, die per Gestik, Sprache und Berührung gesteuert werden, ermöglichen neue Formen der Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Mit solchen Geräten können Industriearbeiter ihre Arbeit fast wie Superhelden erledigen – mit Röntgenblick, Telepathie oder der Fähigkeit, durch die Zeit zu reisen.
Aber lassen wir Vergleiche mit Comic-Helden einmal beiseite. Industrielle Facharbeiter, die häufig unter besonders schweren Bedingungen arbeiten, profitieren enorm davon, wenn sie umfassende, kontextbezogene Informationen erhalten. Greg Petroff unterstreicht: „Sie erhalten alles was sie brauchen und nicht mehr. Dadurch können sie produktiver arbeiten.“
Ein gut durchdachtes Szenario würde unsere junge Mechanikerin mit einem Pool pensionierter Ingenieure in Kontakt bringen, die gerne mit ihrem Fachwissen einspringen. So wäre sie in der Lage, ihre Aufgabe schneller – und sicherer – zu erledigen. Unser Servicetechniker für Windkraftanlagen könnte eine Datenbrille aufsetzen, über die er mit seinen Ingenieur-Kollegen im Büro einige Bilder des Defekts austauscht. Seine Kollegen sind möglicherweise sechs Zeitzonen von ihm entfernt, können ihm aber dennoch konkrete Vorschläge für die notwendige Reparatur machen. Er muss dabei nicht auf seinem Smartphone herumtippen und auch nicht gegen das Getöse des Ozeans anschreien.
Wenn Sie mehr über die Industriearbeit von morgen, virtuelle Superkräfte und Design bei GE, erfahren möchten, sehen Sie sich die Video-Aufzeichnung des Vortrags von Greg Petroff an.
Esther Blankenship ist User-Experience-Expertin und Teil des Global-Design-Teams bei SAP.
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