Bringt uns maschinelles Lernen bei der Bewerberauswahl weiter oder werden so nur Vorurteile bestätigt?
Werden in Zukunft Maschinen und nicht mehr Recruiter oder Führungskräfte Personalentscheidungen treffen? Genau um diese Frage geht es in einem kürzlich erschienenen Fortune-Artikel. Darin wird darüber berichtet, dass die Wall Street bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern nun auf Software setzt.
Untersuchungen belegen, dass Algorithmen für maschinelles Lernen auch Vorurteile erlernen und in ihre Entscheidungsprozesse einfließen lassen. Zum Teil können Algorithmen bei der Bewerberauswahl unterstützen, weil sie große Datenvolumina analysieren – unter anderem Informationen zu früheren Entscheidungen und zu deren Ergebnissen. Auf diese Weise erkennen die Programme Muster, auf deren Basis verlässlichere Entscheidungen möglich werden. Doch in der Regel läuft die Bewerberauswahl eben nicht nach Schema F ab. Und was ist, wenn die bereits getroffenen Entscheidungen gar nicht die beste Grundlage für die Prognose zukünftiger Ergebnisse sind?
Gefahr, dass Vorurteile in die Programmierung einfließen
In Algorithmen fließen auch immer die persönlichen Interpretationen der Menschen ein, die sie programmieren. Dies bewahrheitet sich umso mehr, wenn man die Art der Daten betrachtet, die diese Algorithmen nutzen. Wenn Finanzinstitute (wie im Fortune-Artikel erwähnt) bewährte Erfolgsrezepte in ihre Tools eingeben, programmieren sie auch subjektive Leistungsbewertungen, Entwicklungschancen, Vergütungen und Beförderungen mit ein. Lernalgorithmen filtern dann aus den Daten die Eigenschaften des idealen Kandidaten heraus und dabei geht es weniger um die Leistung als darum, Bewerbungen nach oberflächlichen Kriterien auszusortieren. Wenn man sich einmal ansieht, wer die höchsten Führungspositionen in Finanzinstituten besetzt, dann wird klar, wie individuell Entscheidungen getroffen werden. Vielleicht haben Leistungsträger in Unternehmen einige Eigenschaften gemein, aber das bedeutet nicht notwendigerweise, dass diese Verhaltensmuster für die Suche nach geeigneten Bewerbern entscheidend sind und dass anhand dieser Merkmale weitere Mitarbeiter eingestellt werden sollten. Im Gegensatz zu Maschinen können Menschen sich jedoch bewusst auf ihr Gegenüber einlassen und ihren persönlichen Eindruck in ihre Entscheidungen einfließen lassen.
Der menschliche Faktor: Algorithmen ersetzen nicht den Recruiter
Wie gehen wir es also an, in einer schnelllebigen Arbeitswelt den Bedarf an automatisierten Einstellungsprozessen mit persönlichen Auswahlverfahren in Einklang zu bringen? Die Antwort liegt in der Balance. Algorithmen können zwar die Bewerberauswahl unterstützen und dazulernen, den Recruiter werden sie jedoch nicht ersetzen. Wenn wir die Prognosen dieser Programme nur als eine von vielen Empfehlungen im Einstellungsprozess sehen, treffen wir Entscheidungen auf Grundlage von Faktoren, die für unser Unternehmen wirklich relevant und nicht nur oberflächlich mit Erfolg verbunden sind. Um eine vielfältigere, innovativere Belegschaft zusammenzustellen, können Maschinen und Daten eine große Hilfe sein. Doch wir sollten nicht alles von ihnen abhängig machen, da unsere Vorurteile sonst Teil der Programme werden.
Der Artikel erschien ursprünglich auf SAP Business Trends.
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