Der Wechsel auf SAP S/4HANA kann über die bekannten Migrationspfade erfolgen. Wer bereits mit SAP ERP 6.0 arbeitet, beschreitet mit einer System Conversion den richtigen Weg.
Mit SAP S/4HANA stellt SAP Unternehmen seit dem vergangenen Jahr die nächste Generation der SAP Business Suite zur Verfügung. Die Lösung wurde von ihren Entwicklern basierend auf der In-Memory-Plattform SAP HANA exakt auf die Anforderungen und Herausforderungen der digitalen Wirtschaft zugeschnitten: Mit ihr können Firmen nicht nur existierende Prozesse optimieren, sondern auch neue Prozesse realisieren, um sich so im digitalen Wettbewerb zu behaupten.
Mit SAP S/4HANA als digitalem Kern der IT-Architektur lässt sich eine Organisation konsequent auf digitale Prozesse ausrichten – entsprechende Geschäftsszenarien lassen sich effektiv umsetzen und schlagkräftig vermarkten. SAP S/4HANA ist in diesem Sinne mehr als ein Nachfolger der Business Suite, die Lösung vertritt eine ganz neue Produktlinie.
Ein Wechsel ist deshalb auch kein Einzelprojekt wie ein Upgrade oder eine Datenbankmigration, er bezieht vielmehr die gesamte IT-Systemlandschaft mit ein. Es empfiehlt sich die Transformation immer von einer optimalen zukünftigen SAP-Ziel-Architektur zu betrachten. Für Anwender macht es das zumeist einfacher: Gerade weil der Wechsel ganzheitlich ansetzt, bietet er im Vergleich zu einer reinen Migration auf SAP HANA die Chance, oftmals komplexe und heterogene IT-Landschaften zu eliminieren und somit die Grundlage für einfachere, schlankere Prozesse bereit zu stellen.
Drei Wege zum Ziel
Wie auch schon bei der Business Suite stehen Unternehmen die drei denkbaren Varianten für einen Wechsel auf SAP S/4HANA offen: Greenfield, System Conversion oder Landscape Transformation. Bei der Bewertung, welcher Weg der richtige ist, ist die bereits erwähnte Ziel-Architektur von hoher Relevanz (mehr zu diesem Thema im ersten Beitrag unserer Reihe „Roadmap schafft Voraussetzungen für den Wechsel“). Für Firmen, die bereits mit SAP ERP 6.0 (ab EhP 0) arbeiten, ist ein direkter Wechsel auf SAP S/4HANA mit einer System Conversion möglich.

System Conversion
Technisch betrachtet findet die System Conversion zu SAP S/4HANA hinsichtlich Customizing, Entwicklung, Daten, Berechtigungen und Schnittstellen unter Beibehaltung der System ID statt. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer In Place Migration. Ab einem ERP 6.0 EhP0 besteht die Möglichkeit, ohne Upgrade auf ein höheres EhP direkt nach SAP S/4HANA zu wechseln. Dies setzt voraus, dass das System bereits ein Unicode System ist; mit NW 7.50 unterstützt SAP ausschließlich Unicode Systeme. Ist dies nicht der Fall muss vor der Conversion eine vorgelagerte Unicode-Konvertierung erfolgen. Die eigentliche System Conversion wird durch den SUM-DMO, dem Software Update Manager mit Datenbank Migration Option, unterstützt. Der Vorteil für Unternehmen: Upgrade und Datenbank-Wechsel erfolgen auf diese Weise in einem Schritt und es ist nur eine Downtime erforderlich.
„Readiness Check“ schafft die Basis für den Wechsel
Damit der Wechsel gelingt, müssen Firmen ihre IT-Systeme im Zuge der System Conversion an die technischen Rahmenbedingungen von SAP S/4HANA anpassen. Es empfiehlt sich, die erforderlichen Anpassungen in vier Schritten zu analysieren: Diese stellen einen „Readiness Check“ für SAP S/4HANA dar und sollten so früh wie möglich durchgeführt werden, um eine Übersicht möglicher Anpassungen zu bekommen und diese als vorbereitende Maßnahmen wo sinnvoll während des laufenden Betriebs berücksichtigen zu können.
Schritt 1: Maintenance Planner
Der Maintenance Planner prüft die Business Functions, Industrielösungen und Add-Ons der IT-Systeme einer Organisation. Ergibt sich durch die Prüfung kein gültiger Konversionspfad (etwa, weil ein Add-On noch nicht veröffentlicht ist) verhindert der Maintenance Planner die System Conversion da kein Stack XML File generiert werden kann. In diesem Fall empfiehlt sich, mit dem Partner Kontakt aufzunehmen und zu eruieren, wann eine Freigabe erfolgt. Für eine Sandbox System Conversion besteht die Möglichkeit, über eine Ausnahme auch ohne eine Freigabe eine System Conversion vorzunehmen.
Schritt 2: Simplification List
Die Simplification List enthält auf Funktionsebene eine detaillierte Beschreibung, wie sich SAP S/4HANA auf individuelle Transaktionen und Lösungsfunktionen des SAP ERP auswirkt. Sollte diese Liste Transaktionen oder Funktionen als nicht mehr vorhanden aufführen, heißt das nicht, dass bestimmte Funktionalitäten entfallen. Vielmehr verschmilzt diese Funktionalität mit anderen Elementen oder findet sich in einer neuen Lösung oder Architektur wieder.
Grundsätzlich sind die einzelnen Objekte der Simplification List abhängig von dem aktuellen SAP S/4HANA Feature Package Stack und lassen sich in die folgenden Kategorien einordnen:
- Änderung bestehender Funktionalitäten
- nicht mehr unterstützte Funktionalitäten
- nicht mehr strategische Funktionalität
Aktuell können bereits zahlreiche Objekte der Simplification List mittels von Pre-Checks analysiert werden (siehe nächster Punkt). Weitere Automatisierungen zur Ermittlung ob Simplification-Objekte im Hinblick auf die kundenindividuelle Systemnutzung relevant sind, befinden sich aktuell in Planung. Grundsätzlich gilt es zu beachten, dass nicht alle Punkte für ein System relevant sind. Für die relevanten Punkte gilt es den Aufwand für die Umstellung zu ermitteln.
Schritt 3: Pre-Checks
Pre-Checks überprüfen Systemeinstellungen die während der eigentlichen System Conversion erfüllt sein müssen um diese durchzuführen. Sie stehen Kunden in Form von SAP Hinweisen zur Verfügung und können somit auch bei Schritt 2 genutzt werden.
Schritt 4: Überprüfung der Kunden-Codes
Eines der wichtigsten Merkmale von SAP S/4HANA ist die Vereinfachung des Datenmodells. Grundsätzlich stellt die SAP für Tabellen, die im Zuge des Wechsel auf SAP S/4HANA wegfallen, Komptabilitätsviews bereit. Für notwendige Anpassungen z.B. aufgrund einer Feldlängenerweiterung stellt die SAP ein Prüfungstool auf Basis eines Netweaver 7.50 zu Verfügung. Die SAP S/4HANA Simplifications können per File importiert werden und mit einem Code-Extrakt des ERP Systems abgeglichen werden. Es wird eine Liste erstellt, in denen der Kunden-Code überprüft und möglicherweise angepasst werden muss um mit SAP S/4HANA kompatibel zu sein. Es ist geplant, die Überprüfungen in der Zukunft als Check Variante des Code Inspectors vollumfänglich bereitzustellen, aktuell ist unter anderem eine Überprüfung der Anpassung der Länge der Materialnummer unterstützt.
Wechsel via SAP S/4HANA Finance
Der Wechsel auf SAP S/4HANA lässt sich auch mit einem Zwischenschritt über SAP S/4HANA Finance vollziehen. Die logistischen Prozesse sind bei diesem Schritt noch nicht simplifiziert. Aus technischer Sicht handelt es sich dabei um ein Add-On, das in der Version 1503 als Add-On für EhP7 oder in der Version 1605 als Add-On für EhP8, verfügbar ist. Der Wechsel ist dabei ebenfalls in einem Schritt möglich. Auch hier gilt die Voraussetzung, dass das System bereits ein Unicode System ist. Um die Voraussetzung für einen Wechsel hierfür zu überprüfen stellt die SAP ihren Kunden einen ABAP-Report zur Verfügung der im lokalen ERP System ausgeführt werden muss.
Erfahren Sie im dritten Teil unserer Serie, wie Airbus DS Optronics auf SAP S/4HANA Finance gewechselt ist.
Weitere Informationen:
Hier können Sie SAP S/4HANA testen.
Entdecken Sie die neuen Schulungen im Bereich SAP S/4HANA.
Weitere Informationen bekommen Sie auch über unsere kostenlose Webseminarreihe:
- 15.09.2016, 15.00 – 15.40: Systemkonversion: Services, Tools und Best Practices zur Vereinfachung Ihres Umstiegs auf SAP S/4HANA
- 21.09.2016, 15.00 – 15.40: Machen Sie Ihre Daten fit für SAP S/4HANA: Herausforderung Datenmanagement und Datenbereinigung während der Migration
Die folgende Broschüre enthält die wichtigsten Informationen über den “Weg zu SAP S/4HANA“. Bitte klicken Sie auf das folgende Bild.
Foto: Shutterstock