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Der Brexit wirft in Unternehmen viele Fragen auf. Die Geschäftsleitung und die Unternehmensbereiche müssen überprüfen, ob sie für die neue Situation gewappnet sind.

Das Ergebnis des Brexit-Referendums überraschte die ganze Welt. Die Finanzmärkte waren offensichtlich nicht darauf vorbereitet. Sie stürzten weltweit ab, wodurch in nur zwei Tagen Verluste in Höhe von 4 Billionen US-Dollar entstanden. Fast genauso beeindruckend war es, wie schnell sich die Märkte wieder erholten. Mehr als 75 Prozent dieser Verluste wurde in den nächsten drei Tagen wieder gut gemacht. Eine Sache ist sicher: Finanzmärkte, führende Politiker und Unternehmenschefs wissen alle nicht, welche Folgen der Brexit am Ende nach sich ziehen wird.

Lange Phase der Ungewissheit

Es kann zwei bis fünf Jahre dauern, die Handels- und Sicherheitsabkommen zwischen Großbritannien, der Europäischen Union und anderen Ländern neu zu verhandeln. Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass sich diese Verhandlungen hinziehen und dadurch eine längere Phase der Ungewissheit nach sich ziehen werden:

  • Großbritannien, Deutschland und Frankreich sind die wichtigsten wirtschaftlichen Säulen der Europäischen Union (EU). Die EU ist im Hinblick auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der zweitgrößte Markt weltweit, gleich nach den Vereinigten Staaten. Wenn Großbritannien die EU zu plötzlich verlässt, könnte dies für die strukturelle Stabilität der Europäischen Union schwerwiegende Folgen haben.
  • London ist das finanzielle Zentrum Europas. Die globale Reichweite und der Einfluss der Stadt sind beachtlich.
  • Großbritannien, Frankreich und Italien sind die stärksten Militärmächte der EU. Der Brexit könnte das militärische Gleichgewicht der Region ins Wanken bringen.
  • Um auf Sicherheitsbedrohungen in der ganzen EU zu reagieren und sich gegen Terrorismus und Cyberkriminalität zu wappnen, ist mehr Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten notwendig.
  • Sollte das Pfund an Wert verlieren, könnte dies massive Auswirkungen für alle Briten haben. Einige Elektronik-Hersteller haben ihre Preise bereits um fünf bis15 Prozent erhöht.

Es wurden sowohl vor als auch nach der Brexit-Abstimmung viele Analysen veröffentlicht, aber in Wahrheit weiß niemand, welche Folgen das Votum haben wird. Im besten Fall wird die Brexit-Entscheidung zurückgezogen oder es kommt zu einer sehr einvernehmlichen Trennung. Im schlimmsten Fall werden sich Schottland und Nordirland von Großbritannien abspalten und die Europäische Union verliert weitere Mitgliedsstaaten. In den nächsten zwei bis fünf Jahren wird offensichtlich nichts sicher sein. Daher müssen Unternehmen flexibel bleiben, um sich auf alle Eventualitäten einstellen zu können.

Was Unternehmen weltweit beachten sollten: Geschäftsmodelle überdenken

In der digitalen Wirtschaft stehen wir gerade vor einer der größten Veränderungen überhaupt. Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle und ihre betrieblichen Abläufe neu überdenken.

Unternehmenschefs und -strategen

Nach dem Brexit sollten Sie unbedingt überprüfen, wie schnell Ihr Unternehmen auf Herausforderungen reagieren und die Chancen des veränderten Wirtschaftsmarktes nutzen kann.

  • Wenn Großbritannien eine Steueroase für Unternehmen bleibt, wie können Sie das für sich nutzen?
  • Ist Ihre Lieferkette widerstandsfähig genug, um mit großen Schwankungen bei Nachfrage und Angebot umzugehen?
  • Wie passen Sie Ihre Investitionen, zum Beispiel in Fertigung und Logistik, in Großbritannien neu an?
  • Wie gewährleisten Sie die Einhaltung der Datenschutzrichtlinien von EU-Bürgern in englischen Datenzentren?

Finanzvorstände

Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich nach dem Brexit Arbeits- und Steuergesetze ändern, Tarifvereinbarungen neu verhandelt und Unternehmensstrukturen auf den Prüfstand gestellt werden. So entsteht eine neue, ungleich größere Komplexität.

  • Wie halten Sie die Kosten, die durch diese neue Komplexität entstehen, so gering wie möglich?
  • Wie optimieren Sie Unternehmenssteuern?
  • Wie sichern Sie sich gegen zunehmende Volatilität im Devisenmarkt ab?
  • Verfügen Sie über flexible Geschäftsprozesse und die Technologie, mit denen Sie sich schnell und zu geringen Kosten auf Veränderungen einstellen können?

Produktions- und Lieferkettenverantwortliche

Dieser Abschnitt betrifft Unternehmen, die beträchtliche Summen in Fertigung und Logistik investiert und einem großen Kundenstamm in Großbritannien haben.

  • Verfügen Sie über Simulationswerkzeuge, mit denen Sie Ihre Produktions- und Logistikpläne optimieren können?
  • Können Sie Ihr Produktionsnetzwerk optimieren, um Profitabilität und Kundennachfrage in Balance zu halten?
  • Wie minimieren Sie das erhöhte Risiko in Ihrem Lieferantennetzwerk?
  • Wie gehen Sie mit dem größeren Verwaltungsaufwand um, sodass möglichst wenig Kosten und Auswirkungen auf Ihren Kundenservice entstehen?
  • Wie verkürzen Sie die Zeit zwischen Bedarfssignalen und der Auslieferung von Produkten und Dienstleistungen?

Vertriebs- und Marketingverantwortliche

Ganz davon abgesehen, was der Brexit für Ihr Geschäft bedeutet, müssen Unternehmen vor allem an das Kundenerlebnis denken.

  • Wie stärken Sie Ihre Go-to-Market-Strukturen mit neuen Partnerschaften und innovativen Wegen, durch die Sie Zugang zum gesamten europäischen Markt erhalten?
  • Können Sie die Auswirkungen von Währungsschwankungen durch flexiblere Preisgestaltung minimal halten?
  • Können Sie Echtzeitveränderungen beim Kaufverhalten Ihrer Kunden oder bei Ihren Nachfragemustern erkennen?
  • Was müssen Sie in Ihrem Vertriebskanal verändern, um Kunden und Interessenten zu halten beziehungsweise für sich zu gewinnen?
  • Wie werden sich neue Tarife und Steuern auf Ihre Verkäufe und Ihre Profitabilität auswirken?

Personalchefs

Änderungen beim Arbeitsrecht werden Ihre Personalplanung, Ihre Talentmanagementprozesse und Ihre Organisationsstrukturen definitiv beeinflussen.

  • Können Sie Ihre Personalplanung schnell an die neue Unternehmensstrategie anpassen?
  • Können Sie die Auswirkungen der neuen Immigrations- und Arbeitsgesetze auf Ihre Belegschaft beurteilen?
  • Was sind die Folgen für Ihre Personalbeschaffung, sobald Großbritannien die EU verlässt?
  • Können Sie schnell ein passendes Vergütungs- und Bonusprogramm erstellen und einführen, mit dem die Auswirkungen von externen, nicht kontrollierbaren Faktoren ausgeglichen werden?
  • Sind Sie darauf vorbereitet, nach dem Brexit die Struktur Ihrer europäischen Sozialpartnerorgane zu ändern?
  • Haben Sie die richtigen Tools zur Hand, um zu testen, ob sich Ihr Organisationsmodell in der neuen EU-Struktur bewährt?

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Dieser Beitrag erschien ursprünglich in SAP Business Trends.

Der Autor Robert Enslin ist Leiter der Vertriebsorganisation und Mitglied des Vorstands der SAP SE.

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