Für den deutschen Fußballmeister ist die Internationalisierung alternativlos – und die Zusammenarbeit mit SAP auch.
Noch eine Stunde bis zum Anpfiff.
Im Nationalstadion von Singapur füllen sich ganz allmählich die Ränge. Fußballfans aus Singapur, aber auch viele Expats und so manche Familie aus England und Deutschland, die im südostasiatischen Stadtstaat Urlaub macht, blicken erwartungsvoll in die moderne Arena. Mit ihren blauen und roten Trikots weisen sie sich als Fans des Chelsea FC oder des FC Bayern München aus.
Unter den Fans ist Abhyudid Dev. Dev, wie er von seinen Freunden genannt wird, dürfte so etwa acht Jahre alt gewesen sein, erzählt er, als er im Fernsehen zuhause in Indien ein Fußballspiel sah. Da lief eine Mannschaft „in diesen schönen roten Trikots auf“ – und so wurde ein kleiner indischer Junge zum Fan des FC Bayern München. Heute lebt Dev in Singapur. Als er hörte, dass der deutsche Fußballmeister auf seiner Asienreise neben China auch in Singapur Station machen würde, stand für ihn schnell fest: Er würde seinen FC Bayern bei einem Spiel des International Champions Cup live und in Farbe sehen.
Noch eine halbe Stunde bis zum Anpfiff.
Die Mannschaften kommen ins Stadion, zunächst Chelsea, wenig später der FC Bayern. Dev zieht es nach unten an den Tribünenrand, aber so richtig nah kommt er seinen Stars hier nicht, die abgedeckte Laufbahn verhindert die „Tuchfühlung“. Und doch findet Dev es „unheimlich aufregend“, zuzusehen, wie Franck Ribery beim Aufwärmen ein paar Kunststückchen mit dem Ball vollführt und Neuzugang James Rodriguez einen Ball vom Strafraum mal locker in den Winkel hämmert.

Wie Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den FC Bayern, so verkörpert Dev die Menschen, die der FC Bayern neben seinen Fans in Bayern und Deutschland auch erreichen möchte: Begeisterungsfähige Anhänger in Asien und in anderen Regionen der Welt. Wer im heimischen Stadion in München immer vor ausverkauften Rängen spielt, wer Fanclubs von Flensburg im Norden bis Kiefersfelden im Süden und so viele Mitglieder wie kein anderer Verein in Deutschland hinter sich weiß, wer sich jedes Jahr aufs Neue hohe Ziele setzt und auf Titeljagd geht, für den „ist die Internationalisierung alternativlos“, wie es Jörg Wacker ausdrückt, der im FC Bayern-Vorstand für eben dieses Thema zuständig ist. „Wenn Sie sich heute nicht international positionieren und aktiv sind, sind Sie eventuell schon morgen nicht mehr in der Lage, auf Top-Niveau mitzuhalten“, so Wacker in einem Gespräch mit der Münchner Tageszeitung „tz“.
Globale Reichweite auf digitalen Kanälen
Klar, dass die Bayern sich zum Ziel gesetzt haben, Trikots und Schals auch in Shanghai, Singapur und Atlanta an den Fan zu bringen. Aber wichtiger noch: Wer eine globale Marke ist, stößt auch global auf Interesse bei Werbepartnern. Dabei gehe es „nicht immer darum, neue Partner im Ausland zu gewinnen, sondern unseren bestehenden Partnern mehr zu bieten“, erläutert Wacker. Zum Beispiel „mit einer hohen globalen Reichweite auf unseren digitalen Kanälen. Je stärker die Marke FC Bayern weltweit ist, desto mehr sind unsere Partner bereit, dafür zu bezahlen. Und je stärker die Marke FC Bayern, desto höher sind unsere Merchandising-Erlöse und desto höher sind auch internationale TV-Einnahmen.“
Das Spiel beginnt.
Und zwölf Minuten später führen die Bayern mit 2:0. Dev ist happy. Wer hätte das gedacht nach den bisherigen Auftritten der Bayern in China, mit zwei Niederlagen gegen den FC Arsenal und den AC Mailand.
In einer der Stadionlogen freuen sich auch Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge über die gute Anfangsphase der Mannschaft. Mit dabei sind Stefan Mennerich, beim FC Bayern für Medien und die Digitalstrategie verantwortlich, sowie Stefan Wagner, General Manager SAP Sports und Entertainment. Seit 2014 sind der FC Bayern und die SAP offiziell Technologiepartner. „Hier arbeiten zwei Unternehmen zusammen, die jeweils auf ihren Gebieten führend sind“, sagt Wagner.
Karl-Heinz Rummenigge stimmt zu: „Die SAP hilft uns mit ihrer Technologie, drei unserer wichtigsten Ziele zu erreichen: unsere Geschäftsprozesse zu optimieren, um die globale Expansion zu ermöglichen, unserem Team zu helfen, fit zu bleiben und auf höchstem Niveau zu agieren sowie für das bestmögliche Fanerlebnis zu sorgen“.

FC Bayern München will SAP Sports One für Scouting einsetzen
Noch in diesem Jahr werden die Bayern die Sportlösung SAP Sports One im Bereich Scouting einsetzen. Bei der Weiterentwicklung ihrer Lösungen profitiert auch die SAP von der Partnerschaft und „vom Know-how des FC Bayern als global agierender Sportclub“, sagt Stefan Wagner.
Um im Wettbewerb mit insbesondere englischen und spanischen Clubs erfolgreich zu sein, bauen die Münchner aber vor allem auf die betriebswirtschaftliche Expertise der SAP. „Da bringen wir unsere ganze Erfahrung ein und machen die Internationalisierung des Clubs erst möglich“, so Wagner.
„Die Digitalisierung ist für unsere Zukunft ein sehr wichtiger Faktor, wenn wir mit Clubs wie Real Madrid, Manchester United und Manchester City mithalten wollen“, sagt Stefan Mennerich. Und dafür „benötigen wir skalierbare Systeme“, ergänzt Michael Fichtner, CIO des FC Bayern. Etwa um schnell die Wünsche der Fans in aller Welt nach einem bestimmten Trikot befriedigen zu können, um eine globale Marketing-Kampagne zu starten oder mit der täglich wachsenden Flut an Feedback der Fans umgehen zu können.
Die IT-Infrastruktur aus einer Hand
Seit 1997 bereits hat der FC Bayern SAP-Software im Einsatz. Im August 2014 wurde die Partnerschaft verkündet und die Systemlandschaft der Bayern eingehend untersucht. Inzwischen hatten sich 52 Nicht-SAP-Systeme angesammelt, die nur teilweise miteinander verknüpft waren, Fan- und Kundendaten waren genauso wenig integriert, es gab Redundanzen und Ungereimtheiten in den Stammdaten. „Mit der Zeit bestand unsere IT-Landschaft aus zu vielen isolierten Lösungen“, sagt Stefan Mennerich. „Wir hatten den Punkt erreicht, an dem wir uns dieser Komplexität entledigen mussten.“
Bis November 2014 hatte der FC Bayern die SAP-Lösungen auf SAP HANA migriert und SAP CRM installiert – in gerade mal elf Wochen. „Nach der Migration auf SAP HANA haben wir die Performance bei SAP ERP um 70 Prozent und bei SAP Business Warehouse um 80 Prozent verbessert“, sagt CIO Michael Fichtner.
Weitere Lösungen folgten, etwa SAP Process Orchestration (Oktober 2015) als Grundlage fürs „Connected Stadium“ oder SAP Hybris Marketing und SAP Hybris Commerce (April 2016), auf denen Marketing-Kampagnen und der Fan-Shop der Bayern aufsetzen.
„Digital 4.0“ steht für die komplette digitale Transformation des Fußballclubs, es wurden alle Nutzerdaten und alle Anwendungen zusammengeführt, im eigenen Rechenzentrum werden seit Juli 2016 die Software inklusive der Backoffice-Lösungen und alle Front-Ends von der Website über die mobilen Apps bis hin zum E-Commerce-Store gehostet.
Der Schiedsrichter pfeift zur Halbzeit.

Die Bayern führen inzwischen mit 3:0, Dev und die Zuschauer haben muntere Bayern gesehen. Zeit für Dev, einen Blick auf die FC Bayern-App zu werfen. Spielberichte, Videos, Social Media – kein Platz für Langeweile. Und der direkte Absprung zum Fanshop – in drei Sprachen, deutsch, englisch und chinesisch. Das Trikot des erst wenige Tage zuvor verpflichteten James Rodriguez könnte Dev bereits bestellen. Aber er entscheidet sich für das Trikot mit der Nummer 25 – seines Lieblingsspielers Thomas Müller.
Der Club produziert immer mehr Inhalte, die er auf einer wachsenden Zahl internationaler Plattformen ausspielt, erzählt Stefan Mennerich. Zum Beispiel auf WeChat, Instagram oder YouTube. Die FC-Bayern-Website mit dem clubeigenen FC Bayern.tv gibt es in acht Sprachen (inklusive Bayrisch). „Wir können einem Handy-User in Japan morgens anderen Content schicken als einem Laptop-User in Brasilien mittags – längere Geschichten, kürzere Texte, Videos, keine Videos. Kontextualisiert aufbereitet, also je nach Nutzer-Situation”, sagt Mennerich.
Grundlage hierfür ist die von SAP bereitgestellte IT-Infrastruktur. „Wir helfen den Bayern, die Daten zu sammeln und einzusetzen“, sagt Stefan Wagner.
Web-Shop, App, IT aus einer Hand: Digitalstrategie der Münchner
Für Stefan Mennerich ist die Digitalisierung „die beste Möglichkeit, den in Bayern sitzenden und lokal verwurzelten FC Bayern in die Welt zu transportieren“. So könne der Club seinen Fans „die bestmögliche User-Experience bieten und unsere Marke weltweit transportieren“, sagt der Digital-Chef. „Somit können wir noch mehr Fans weltweit gewinnen und nachhaltig an uns binden. Daher ist die Digitalisierung ohne Alternative.“
Inzwischen registriert der FC Bayern 30 bis 40 Prozent seiner Sponsoring-Erlöse über digitale Kanäle. Und rund die Hälfte der Erlöse im Merchandising kommen über den digitalen Webshop. Für Mennerich ist das erst der Anfang. „Das wird weiter stark wachsen – aber: Dafür muss es State of the Art sein.“
Etwa 6,5 Millionen Unique Visits auf fcbayern.com, über 40 Millionen Fans weltweit auf Facebook – jeweils mit stark steigender Tendenz – belegen, dass die Digitalstrategie der Münchner Früchte trägt.
Auch der Markenwert ist deutlich gestiegen. So konnte laut einer Studie der Wirtschaftsprüfer von KMPG der FC Bayern seinen Unternehmenswert von 2,2 Milliarden Euro im Jahr 2016 auf 2,4 Milliarden Euro steigern. Der Club liegt damit hinter Manchester United (3,1 Mrd.), Real Madrid (3,0 Mrd.) und dem FC Barcelona (2,8 Mrd.) auf Rang vier dieser Rangliste. Laut Andrea Sartori, Global Head of Sports der KPMG und Autor der Studie, sind „die Strategien zur Internationalisierung des Geschäfts, Investitionen der Vereine in eine moderne Infrastruktur und insgesamt eine nachhaltigere Unternehmensführung“ mitentscheidend für das Ranking der Clubs.
Der Schusspfiff ertönt.
Die Engländer haben in der zweiten Hälfte einen Zahn zulegt und zwei Treffer erzielt, aber am Ende gewinnt der FC Bayern mit 3:2. Dev freut sich, einen Sieg seines Lieblingsteams miterlebt zu haben.
Karl-Heinz Rummenigge zieht später ein positives Fazit der Asienreise: „Wir haben alle Ziele, die wir uns gesetzt haben, komplett erreicht. Die Reise stand unter dem Motto Visiting Friends. Das bedeutet, unsere Fans in Asien zu besuchen, unsere Mannschaft den Fans nahezubringen und wirtschaftliche und politische Beziehungen in diesem wichtigen Erdteil zu knüpfen. Auch das ist gelungen. Es war eine großartige Reise, ein totaler Erfolg.“
Wer miterlebt hat, wie die Menschen in Schanghai, Shenzhen oder Singapur die Bayern bejubeln, darf davon ausgehen, dass die Reise tatsächlich ein Volltreffer war und zu den mehr als 600 Millionen Sympathisanten des FC Bayern weltweit noch einige dazugekommen sind. Und für Dev steht endgültig fest, dass er sich für die richtige Mannschaft entschieden hat.