Richard Posthuma hat eine App für Patienten mit chronischen Kopfschmerzen entwickelt. Sie wird bereits in den Niederlanden getestet und könnte Forschung und Therapie voranbringen.
Richard Posthuma, Leiter von SAP Business Operations EMEA North, leidet seit 2009 an Cluster-Kopfschmerz, einer Krankheit, die im englischen Sprachraum auch als „Suicide Headache“ (Selbstmordkopfschmerz) bekannt ist. Mit der Zeit hat Posthuma gelernt, die Symptome einer beginnenden Attacke zu erkennen.
„Es fängt mit einem Druck hinter dem Auge an, der sich innerhalb weniger Minuten aufbaut“, beschreibt Posthuma die Beschwerden. „Dann willst du den Schmerz nur noch zurückdrängen, weil er so intensiv ist. Es fühlt sich an, als würde jemand ein Messer in dein Auge stechen. Und dieser Schmerz dauert eine halbe bis eine ganze Stunde an. Manchmal bleibt es bei einer Attacke pro Tag. Es können aber auch bis zu 13 Attacken pro Tag auftreten.“

Über die Ursachen dieser chronischen Erkrankung, bei der intensive Schmerzen periodisch stark gehäuft auftreten, weiß man nur sehr wenig. Cluster-Kopfschmerzen waren bereits im Mittelalter bekannt. In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union leiden heute 600.000 Menschen darunter. Eine Heilung ist bisher nicht möglich, aber das Leiden kann gelindert werden, wenn die Krankheit diagnostiziert ist. Außerdem können Betroffene ihre persönlichen Trigger finden, die üblicherweise eine Attacke auslösen. Auch Posthuma hat dies getan.
„Durch das Führen eines Kopfschmerz-Tagebuchs, habe ich herausgefunden, dass äußere Faktoren wie Wetterlagen einen wesentlichen Einfluss auf meinen Gesundheitszustand haben“, erklärt Posthuma. „Wenn ein Gewitter heranzieht und der Luftdruck fällt, bin ich weitaus anfälliger für eine Attacke. Was mir hilft, um Attacken vorzubeugen, sind die regelmäßige Einnahme von Vitamin D und Shiatsu-Massagen, um meine Nackenmuskulatur zu entspannen. Seit mehreren Monaten bin ich symptomfrei. Ich habe meine Kopfschmerzen im Griff und das hat mir mein Leben zurückgegeben.“
Die Idee hinter der Kopfschmerz-App
Richard Posthuma wollte anderen Patienten helfen, ihre Trigger zu finden. Doch er stellte fest, dass nicht genug Patientendaten zur Verfügung stehen, um medizinische Muster zu ermitteln. Um dies zu ändern, begann er eine App zu entwickeln, mit der Patientendaten systematisch gesammelt und analysiert werden können. Dabei arbeitete er mit dem Verband der niederländischen Kopfschmerzzentren, der Universität Utrecht und der University of Delaware zusammen. Drei Jahre später wurde die Kopfschmerz-App an drei Kopfschmerzzentren in den Niederlanden getestet: dem Boerhaave Medical Center in Amsterdam, dem Isala Hospital in Zwolle und dem Twee Steden Hospital in Tilburg.
„Die einfache und anwenderfreundliche App ist ein Gewinn sowohl für Ärzte als auch für Patienten“, erklärt Dr. Emile Couturier, Neurologe am Boerhaave Medical Center in Amsterdam. „Es geht darum, dass wir Informationen über die Patienten in Echtzeit erhalten. Ein Patient erleidet eine Attacke. Er nimmt sofort ein Medikament ein und im selben Moment sehen wir dies auf unseren Bildschirmen im Krankenhaus. So können wir unsere Patienten aus der Ferne überwachen und sehr viel früher eingreifen. Die Patienten wiederum können in Echtzeit sehen, was kurz vor dem Beginn einer Attacke geschieht, also das was ihre Attacken auslösen könnte.“
Marjolijn Sorbi, Professor für eHealth und Gesundheitspsychologie an der Universität Utrecht betont: „Die App hilft den Patienten, mehr über ihre Erkrankung zu erfahren. Das ist sehr wichtig, denn Cluster-Patienten fühlen sich meist sehr hilflos. Indem sie mehr über ihre Krankheit lernen, gewinnen sie wieder mehr Kontrolle. Das hilft ihnen, mehr Selbstfürsorge zu betreiben und mit der Krankheit umzugehen.“

SAP HANA und die SAP Cloud Platform ermöglichen die Auswertung der Daten
Mit der App, die auf der SAP Cloud Platform und SAP HANA basiert, lassen sich verschiedene Daten sammeln, speichern und analysieren. Dazu zählen medizinische Daten und andere schmerzbezogene Informationen von Patienten. Eingesetzt werden kann die App bei vier verschiedenen Arten von chronischen Kopfschmerzen: Cluster-Kopfschmerz, Migräne, Spannungskopfschmerz und Medikamentenübergebrauchskopfschmerz. Die Daten werden mit GPS-Daten zu den Wetterverhältnissen kombiniert, die mit einem Zeitstempel versehen sind – eine enorme Fülle von Informationen.
In Zukunft könnten mit der App noch mehr Daten gesammelt werden, zum Beispiel die Daten sämtlicher Patienten der 40 Kopfschmerzzentren in den Niederlanden. Zusammengeführt in einer Datenbank ließe sich mit diesen Informationen die Forschung weiter voranbringen. Etwa 50 Millionen Europäer leiden unter chronischen Kopfschmerzen. Dadurch entstehen jedes Jahr Kosten in Höhe von rund 112 Milliarden Euro.
Richard Posthuma möchte noch mehr erreichen. Er sagt: „Mein Wunsch ist es, Patienten zu helfen, schneller eine genaue Diagnose zu erhalten. Und ich würde den Umfang der App gerne erweitern – mit einer Version speziell für Kinder.“ Für die Zukunft erhofft sich Posthuma, dass die Plattform und App auch für andere chronische Erkrankungen genutzt werden können.