Das Programm zu Industrie 4.0 findet seit dem 28.5. im SAP Data Space in Berlin statt und bietet fünf Startups die Gelegenheit, ihre Produkt- und Markteinführungsstrategien mithilfe der SAP weiterzuentwickeln.
Die Plätze im Accelerator-Programm waren heiß umkämpft. Aus den 75 eingegangenen Bewerbungen wurden fünf Bewerber für die Teilnahme an dem sechswöchigen Programm ausgewählt. Während dieser Zeit arbeiten die Gründer im SAP Data Space in Berlin, Deutschlands wichtigstem Startup-Hub. „SAP hat viele Kunden im Bereich der Fertigungsindustrie, die gerade große Veränderungen bei Herstellung und Logistik erleben“, erklärt Ram Jambunathan, SAP Senior Vice President und Managing Director von SAP.iO. „Der Begriff Industrie 4.0 wurde in Deutschland geprägt, wo Herstellung und Produktion schon immer eine große Rolle spielen“, meint Eva Zauke, Vice President von Digital Supply Chain and Manufacturing bei SAP. Für dieses Accelerator-Programm für Gründer haben sich die Berliner SAP.iO Foundry und das Team des SAP IoT Startup Accelerator zusammengetan. Gemeinsam bieten sie Startups aus dem Bereich Industrie 4.0 ein umfangreiches Erfolgsprogramm.
Aufbau eines Ökosystems für das intelligente Unternehmen
„Wir arbeiten am Aufbau eines intelligenten Ökosystems für SAP, das unsere Strategie zur Entwicklung des intelligenten Unternehmens ergänzt,“ erläutert Jambunathan. „Viele der interessantesten Innovationen kommen aus der Gründerszene. In den SAP.iO Foundries helfen wir Startups im Frühstadium, zu wachsen und innovative Software zu entwickeln. Unterstützt durch interne und externe Mentoren, Workshops und Kundenkontakte können sie so echten Mehrwert für ihre Kunden schaffen.“
„Außerdem bietet die SAP als Weltmarktführer in den Bereichen Transport und Supply Chain Management den Startups Know-how und Unterstützung bei der Integration ihrer Produkte in SAP-Lösungen. Dies ist besonders im Hinblick auf die Industrie 4.0 für SAP-Kunden interessant, weil hier Herstellungsprozesse durch SAP-Leonardo-Technologien unterstützt werden können“, betont Zauke. Durch die Zusammenarbeit mit SAP und den Startups können Kunden den Wert ihrer bisherigen oder geplanten Investitionen in SAP-Lösungen noch steigern und so selbst Teil der kundenorientierten Innovation bei SAP werden.
Die teilnehmenden Startups erhalten darüber hinaus Zugriff auf SAP-Technologien und -Programmierschnittstellen. „Die Rückmeldungen unserer Startups helfen uns dabei, unsere SAP Cloud Platform zu verbessern und sie so noch attraktiver zu machen“, erklärt Jambunathan.

Diese fünf Startups entwickeln Ideen für Industrie 4.0
4tiitoo: ERP mit den Augen steuern
„Ein Blick sagt mehr als tausend Worte“ wäre ein passendes Motto für dieses Münchner Startup. Das Unternehmen hat die Software NUIA entwickelt, mit der Unternehmensanwendungen wie SAP ERP mit den Augen bedient werden können. Durch die Auswertung der Augenbewegungen in Echtzeit in Verbindung mit Deep-Learning-Technologie können Anwender ihre täglichen Aufgaben effizienter wahrnehmen. Die vielen Kilometer, die ein Mitarbeiter seine Maus täglich bewegt, können so um bis zu 80 Prozent reduziert werden. Bestimmte Mausbewegungen fallen sogar völlig weg, zum Beispiel das Wechseln zwischen Eingabefeldern, da die Software versteht, was der Anwender tun möchte und das gewünschte Feld automatisch auswählt. Außerdem können Suchmuster erkannt werden. „Nehmen wir an, ein Kunde sieht sich Produkte auf einer Website an und wir können anhand bestimmter Muster seine Interessen erkennen. Dann können wir das, was er auf der Folgeseite angezeigt bekommt, entsprechend anpassen“, erläutert Stephan Odörfer, Mitgründer und CTO von 4tiitoo. „Unser Ziel ist es, die täglichen Arbeitsabläufe am PC zu vereinfachen und unnötige Aktionen zu reduzieren oder überflüssig zu machen.“
Acerta: KI und maschinelles Lernen
„Kanadas Startups konzentrieren sich momentan hauptsächlich auf das Thema künstliche Intelligenz“, meint Luke Richard, technischer Vertriebsberater bei Acerta. Das Unternehmen sitzt im kanadischen Startup-Korridor zwischen Toronto und Waterloo und nutzt künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen für die Autoindustrie. Ziel dabei ist die Vorhersage und Analyse von Fehlern im Produktionsprozess. „Normalerweise wird auf Fehler erst reagiert, wenn schon ein Schaden entstanden ist“, erklärt Greta Cutulenco, CEO von Acerta. „Die Entwicklung hin zu autonomen Fahrzeugen bietet jedoch auch die Möglichkeit, Fehler vorherzusagen, bevor sie passieren.“ Da bisher noch keine umfangreichen Daten zum autonomen Fahren vorliegen, konzentrieren sich Acertas vorausschauende Analysen derzeit auf die Automobilentwicklung und -herstellung“, so Richard. „Wir sind dankbar für die Möglichkeit, das Kunden- und Partnernetz der SAP zu nutzen und Lösungen zu entwickeln, die eng mit der SAP-Plattform verbunden sind.“
Arkite NV: Interaktion zwischen Mensch und Maschine
„Produktionslinien und Arbeitsplätze können vollständig automatisiert werden. Dabei darf aber die Interaktion zwischen Mensch und Maschine nicht außer Acht gelassen werden, damit der Mensch die richtige Unterstützung für seine Aufgaben erhält“, stellt Johan Smeyers, CEO von Arkite NV, heraus. Arkite NV hat das System Human Interface Mate entwickelt, einen 3-D-Sensor, der eine bestimmte Produktionsumgebung erfasst und dabei jede Bewegung und Aktion überwacht. Sobald eine Normabweichung entdeckt wird, wird der Bediener über ein Lichtsymbol oder eine Anweisung gewarnt. „Das System ist ein virtueller Schutzengel“, so Smeyers. Derzeit werden einhundert Installationen im Markt genutzt, besonders in der Automobilproduktion mit ihren komplexen Fertigungsprozessen und der geringen Fehlertoleranz.
„Wir sind bereits adhoc mit ERP- und MES-Kundensystemen verbunden. Dennoch möchten wir die Integration mit SAP weiter vorantreiben und so einen Mehrwert für die Kunden beider Unternehmen schaffen“, erklärt Smeyers.
Neuron Soundware: neuronale Netzwerke
„Es gibt so viele Geräusche auf der Welt, die ungenutzt verhallen“, meint Jiri Cermak, Vordenker im Bereich der neuronalen Technologie. „Wenn man weiß, wie man Geräusche richtig interpretiert, erhält man viele wichtige Informationen.“ Genau hierauf hat sich Neuron Soundware spezialisiert. Mit einer Neuronenbox, an die Mikrophone und IoT-Geräte angeschlossen werden können, können Geräusche digitalisiert und verarbeitet werden. Neuronale Netzwerke können dann anhand dieser Informationen Entscheidungen treffen. Im Grunde genommen dient die Lösung der Klassifizierung von Maschinengeräuschen, um im Rahmen der vorausschauenden Instandhaltung Anomalien zu erkennen. „Wenn sie jeden Tag mit ihrem Auto fahren, dann wird ihnen eine plötzliche Veränderung der Motorengeräusche sicher auffallen“, so Cermak. „Sie und auch ihr Mechaniker erkennen am Geräusch, dass etwas nicht stimmt. Die Art des Geräuschs hängt dabei von den physischen Vorgängen im Motor ab und Fachleute wissen, was ein bestimmtes Geräusch bedeutet.“ Der CEO von Neuron Soundware Pavel Konecny meint: „Im Moment ist ein gesundes Wachstum für unser Unternehmen sehr wichtig. In Deutschland scheint jedes große Unternehmen einen Accelerator zu haben. In unserer Heimat Tschechien geht man diese Themen viel konservativer an. Mit SAP haben wir einen starken Partner an unserer Seite, der uns neue Kundenkreise erschließen kann.“
arculus: Transportroboter und digitale Zwillinge
„Wir möchten das klassische Fließband à la Henry Ford abschaffen“, sagt Witold Kopytynski, Mitgründer und COO von arculus. „Ford konnte seinen Kunden jedes gewünschte Auto bauen, vorausgesetzt, es war schwarz. Heute gibt es für jedes Produkt so viele Varianten und Funktionen, dass das Fließband der nötigen Individualisierung nicht mehr gewachsen ist.“ So entstand die Idee, Fließbänder durch einzelne Produktionsinseln zu ersetzen, zwischen denen alle Materialien mithilfe autonomer Fahrzeuge (AGVs) transportiert werden. Durch dieses Aufbrechen der festen Produktionsabfolge kann nach jedem Produktionsschritt und abhängig von der Auslastung der einzelnen Stationen entschieden werden, zu welcher Station ein Produkt als nächstes gebracht wird.
„Wir von arculus haben sowohl die Transportroboter als auch die entsprechende digitale Twin-Software zur Steuerung und Kontrolle der Produktionsabfolge entwickelt. So können wir alle Produktionsschritte in Echtzeit überwachen“, erklärt Kopytynski. „Unsere Lösung eignet sich perfekt für die Bereiche Extended Warehouse Management und Produktionsplanung. Unser langfristiges Ziel ist es, eine generische Paketlösung zu entwickeln, die auch von anderen Branchen genutzt werden kann.“