Viele von uns in den Industrienationen recyceln seit Jahrzehnten unseren Müll. Wir trennen Glas, Plastik, Papier und Textilien und haben ein gutes Gefühl. Aber wohin geht der ganze Abfall? Und tun wir wirklich genug? Was ist mit den Teilen der Welt, die zur Müllhalde geworden sind oder in denen es einfach keine Recyclingsysteme gibt?
Trotz unserer Anstrengungen landen jedes Jahr fast 9 Millionen Tonnen Plastik in den Meeren. Dies ist das Ergebnis des weltweiten linearen Konsummodells der Wegwerfgesellschaft.
Den Abfall auf Müllhalden abzuladen, ist auch keine Lösung. Weltweit produzieren wir schier unglaubliche 1,3 Milliarden Tonnen Deponieabfall pro Jahr, und die Menge wird Prognosen zufolge bis 2025 auf 2,2 Milliarden Tonnen steigen. Der Schaden für Mensch, Tier und Umwelt ist nicht wiedergutzumachen. Aber wir können etwas unternehmen, um dem Einhalt zu gebieten.
Let’s stop trashing the earth
Click the button below to load the content from YouTube.
Für mehr Nachhaltigkeit: Die Sache mit der Kleidung
Neben Plastik und Elektroschrott sind Textilien ein großer Teil des Problems.
Laut der US-Umweltschutzbehörde EPA werfen die Amerikaner jedes Jahr 13,1 Millionen Tonnen Textilien weg, von denen nur 15 Prozent recycelt werden. Mit anderen Worten werden mehr als 11 Millionen Tonnen Textilien pro Jahr auf Müllhalden entsorgt, wo Farbstoffe und Chemikalien aus den Textilien in den Boden gelangen, das Grundwasser verseuchen und insgesamt die Umwelt schädigen. Das Schlimmste ist, dass Textilien beim Verrotten Methan freisetzen – ein schädliches Treibhausgas, das in erheblichem Maße zur globalen Erwärmung beiträgt.
Kleidung stellt nach Wohnen, Mobilität und Ernährung die viertgrößte Umweltbelastung dar. Im Zeitalter des Online-Shopping haben sich die Einkaufsgewohnheiten der Menschen drastisch verändert. Viele ordern inzwischen Kleidung in mehreren Größen und Farben, um sie zu Hause anzuprobieren, und schicken dann das zurück, was sie nicht behalten möchten. Daraus ergeben sich ganz neue Herausforderungen für Händler. Traurigerweise entsorgen viele Händler am Ende mehr als 25 Prozent der zurückgesendeten Kleidungsstücke, womit jedes Jahr weitere 25 Millionen Tonnen brandneuer Waren auf Deponien landen.
Die Fast-Fashion-Industrie beispielsweise steht unter einem enormen Druck, bei Produktion und Merchandising intelligenter vorzugehen, um die Schäden für die Umwelt einzudämmen.
Vier Maßnahmen zur Abfallreduzierung
Wir alle tragen Verantwortung für die Umwelt. Wenn Regierungen, Verbraucher, Hersteller und Händler das ihre tun, ist eine Trendwende möglich.
Als Bürgerinnen und Bürger und als Konsumenten haben wir eine große Macht. Wir können uns alle weigern, Einwegartikel aus Plastik, übermäßig verpackte Produkte oder billige Kleidung, die nach ein- oder zweimal Tragen auf der Müllhalde landet, zu kaufen.
Wir können Abfall reduzieren, indem wir erst gar keinen produzieren. So können wir etwa weniger Waren online bestellen und zurücksenden. Das Thema Wiederverwendung erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Es gibt viele Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass ausrangierte Textilien, Möbel und Elektroartikel weiter genutzt werden, sei es über Secondhandläden oder durch Spenden an soziale Kaufhäuser oder Wohltätigkeitseinrichtungen. Allemal besser als die Müllhalde.
Das endgültige Ziel sollte das Recycling sein. Dadurch wird nicht nur die Abhängigkeit von Rohstoffen verringert, sondern es werden auch Arbeitsplätze geschaffen und die Auswirkungen unserer Konsumgesellschaft auf die Umwelt werden vermindert.
Leider ist die Diskrepanz zwischen dem, was wir als Konsumenten für richtig halten, und dem, was wir tatsächlich im Alltag tun, immer noch riesig.
Studien wie die vom britischen Marktforschungsunternehmen Populus durchgeführte Plastic Packaging Survey 2017 zeigen, dass die Verbraucher sehr motiviert sind, ihr Verhalten bei Konsum und Entsorgung von Plastik aktiv zu ändern, es allerdings noch viel Raum nach oben gibt. Beispielsweise sorgen die Etikettierung von Verpackungen und unklare Auskünfte der Gemeinden über die verfügbaren Recyclingmöglichkeiten zunehmend für Verwirrung.
Eine Teilnehmerin der Studie führte ein sehr gutes Beispiel dafür an, wie kompliziert es für die Menschen ist, das Richtige zu tun. „Ich habe mich über biologisch abbaubare Windeln informiert, denn diese erschienen mir sinnvoll“, erzählte sie. „Aber offenbar kann man sie nur im Komposter recyceln. Wenn sie auf die Mülldeponie gelangen, produzieren sie Methan, was wirklich sehr umweltschädlich ist.“
Umweltschonende Lieferkette: Die SAP Plastics Challenge
Wenn es um Kunststoffe geht, ist ein Weg, um das Problem der Umweltverschmutzung anzugehen, eine Lieferkette ohne Plastik zu designen.
Letztes Jahr hat das SAP-Leonardo-Team gemeinsam mit dem UK Plastics Pact von WRAP ein Innovationsprojekt ins Leben gerufen, um neue Lösungen für das Plastikmüllproblem zu finden. Am Anfang der Initiative stand eine ethnografische Umfrage, um herauszufinden, wie Bürgerinnen und Bürger das Plastikproblem wahrnehmen. Auf Grundlage der Erkenntnisse aus der Umfrage wurden fünf Personae entwickelt, die die in der britischen Gesellschaft von heute vorherrschen Einstellungen und Verhaltensweisen darstellen – von entspannten Einsteigern bis zu missionarischen Umweltschützern.
Die Studie brachte mehrere Themen hervor: Verantwortung für die Reduzierung des Plastikkonsums, Verwirrung und Mythen rund um die Recyclingfrage, die Notwendigkeit, zu lernen und richtig zu reagieren, und schließlich die Notwendigkeit der Sensibilisierung.
In der zweiten Phase des Projekts folgte ein dreitägiger Hackathon und Design-Thinking-Sprint mit Experten und Innovatoren von SAP und führenden globalen Unternehmen wie Unilever, HSBC und Deliveroo. Die Teams hatten die Aufgabe, Prototyen für Produkte und Services für die verschiedenen Personae und die zugehörigen fünf Themen zu entwerfen. In einer Inkubationsphase werden die Prototypen entwickelt und getestet. Die fertigen Lösungen für die Plastikvermeidung sollen im September 2019 auf der Gruppenausstellung Design Frontiers im Rahmen des London Design Festival präsentiert werden.
Intelligente Müllentsorgung mit Sensoren in Heidelberg
Verschiedene Regionen in aller Welt sind in ihrem Bemühen um einen vernünftigen Umgang mit Industrie- und Haushaltsabfällen schon recht weit gekommen. Schweden importiert inzwischen Müll, da weniger als 1 Prozent aller in Schweden entstehenden Abfälle auf Deponien gelangen. Der Rest wird recycelt oder zur Wärmeerzeugung für Haushalte verbrannt. Der Prozess ist so effizient, dass Schweden tatsächlich der Müll ausgegangen ist und das Land angefangen hat, Müll aus europäischen Nachbarländern zu importieren, um das schwedische Müll-zu-Energie-Programm aufrechtzuerhalten.
Ein anderes Beispiel ist Deutschland: Von den 45,9 Millionen Tonnen Haushaltsabfall, die 2017 produziert wurden, gelangen nur 0,5 Millionen Tonnen auf die Müllhalde. Zu verdanken ist dies EU-Richtlinien, strengen nationalen Vorschriften zur Abfallwirtschaft und hochmodernen Abfallaufbereitungsanlagen. Die Stadt Heidelberg hat beispielsweise ihre Abfallcontainer mit intelligenten Sensoren ausgestattet und mit der Lösung SAP Connected Goods verbunden. Nun erhält die Stadt Echtzeitinformationen über die anfallenden Abfälle, sodass weniger Müllwagen unterwegs sein müssen sowie unnötige Abholungen und Überfüllung der Container vermieden werden. Lärm, Verkehrsbelastung und Umweltverschmutzung wurden reduziert.
Und auch von der Global Fashion Agenda sind Fortschritte zu vermelden. Bis Juni 2018 hatten 94 Unternehmen die Selbstverpflichtung, bis 2020 eine Kreislaufwirtschaft in der Mode zu schaffen („2020 Circular Fashion System Commitment“), unterzeichnet. Das entspricht 12,5 Prozent der globalen Modebranche. Die Unternehmen haben sich verpflichtet, Kleidung und Schuhe zu sammeln und weiterzuverkaufen und den Anteil an Kleidung und Schuhen aus Recyclingfasern zu erhöhen. Auch haben sie sich darauf verständigt, jährlich einen Fortschrittsbericht vorzulegen und vor allem von ihren derzeitigen linearen Geschäftsmodellen abzurücken.
Je mehr Unternehmen erkennen, welche Vorteile eine Kreislaufwirtschaft bietet, und je mehr Verbraucher mit dem Geldbeutel für nachhaltigere Produkte und Services abstimmen, umso größer ist die Chance, das Ruder noch herumzureißen.