Seit rund einem Jahr arbeiten der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler und SAP im Rahmen einer strategischen Partnerschaft eng zusammen. Ziel ist es, Schnittmengen in den Technologie-Roadmaps beider Unternehmen zu identifizieren und so die digitale Transformation von Schaeffler weiter anzukurbeln. Eines der wichtigsten Handlungsfelder dabei: Data Governance. Markus Rahm, Vice President Data & Analytics Governance bei der Schaeffler Gruppe, erzählt im Interview, wie er und sein Team dabei vom Austausch mit SAP profitieren.
In Sachen professionelles Datenmanagement lässt sich Schaeffler nichts vormachen. Erst kürzlich haben Sie dafür zum zweiten Mal den „CDQ Good Practice Award“ des Competence Center Corporate Data Quality (CC CDQ) und der European Foundation for Quality Management (EFQM) erhalten. Warum legt Schaeffler auf das Thema Data Governance so viel Gewicht?
Markus Rahm: Ganz einfach: Vernetzte Daten bilden das Fundament für intelligente End-to-End-Prozesse, Industrie 4.0, fortschrittliche Analysen, digitale Geschäftsmodelle und smarte Produkte – und sind somit gewissermaßen der Treibstoff der Digitalisierung. Entsprechend wichtig ist es, den Umgang damit in einer unternehmensweiten Datenstrategie eindeutig zu regeln. Gerade angesichts unserer vielschichtigen Organisationsstruktur mit den Sparten Automotive OEM, Automotive Aftermarket und Industrie ist ein strukturiertes Datenmanagement unverzichtbar. Denn es schafft die Basis für effiziente, schnelle Prozesse, Business Intelligence und Advanced-Analytics-Anwendungen wie vorausschauende Wartung.
Data Governance im Fokus bei Schaeffler
Wo stehen Sie bei der Datenstrategie aktuell?
Rahm: Um in Sachen Entwicklung stets am Puls der Zeit zu sein, stellen wir unsere Datenstrategie alle zwei Jahre neu auf den Prüfstand. Zurzeit schauen wir, wie es um die Umsetzung des 2018 entworfenen Zielbildes für das Jahr 2025 steht … und sind positiv überrascht: Denn wir sind auf dem Weg dorthin ein gutes Stück vorangekommen. Viele Meilensteine wurden sogar früher als geplant erreicht. So konnten beispielsweise inzwischen 47 Data Domains definiert und in die Verantwortung speziell geschulter Data-Domain-Manager übergeben werden. An anderen Stellschrauben müssen wir allerdings noch drehen. So könnte beispielsweise der unternehmensübergreifende Daten- und Informationsaustausch durchaus effizienter laufen. Herstellerübergreifendes Vorgehen wie die europäische Gaia-X-Initiative stellen dafür die Weichen. Zudem hat Schaeffler auch beim Einsatz automatisierter Entscheidungen (automated decision-making, ADM) noch Optimierungsbedarf. Das Thema werden wir allerdings erst im Rahmen der geplanten SAP-S/4HANA-Implementierung angehen können.
Klingt eigentlich, als seien Sie bereits optimal aufgestellt. Profitieren Sie trotzdem von der strategischen Partnerschaft mit SAP?
Rahm: Auf jeden Fall! SAP ist informationstechnologisch naturgemäß stärker und hilft uns darüber hinaus, Dinge anders zu denken. Jeder kennt das: Im eigenen Hamsterrad ist man meist mit Scheuklappen unterwegs. Der Perspektivenwechsel gelingt oft erst durch den objektiven Denkanstoß von außen. So hat SAP uns beispielsweise wichtige Impulse für eine zielgruppengerechte Aufbereitung der Daten geliefert, Stichwort CDO-Dashboard. Andererseits haben aber auch wir SAP eine Menge zu bieten, gerade wenn es um Maschinendaten oder Fertigungsprozesse geht. Das bestätigen uns die SAP-Experten immer wieder. Das zeigt, dass die strategische Partnerschaft mit SAP weit mehr ist als nur eine verbesserte Kunden-Lieferanten-Beziehung: Sie ermöglicht einen Austausch auf Augenhöhe. Dank der sehr unterschiedlichen Kundengruppen, Produkte, Geschäftsmodelle und Prozesse sind beide Unternehmen weit genug auseinander, um sich in Sachen Data Governance gegenseitig zu befruchten.
Strategien fürs Datenmanagement
Was ist für Sie die Basis für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Schaeffler und SAP?
Rahm: Offenheit sowie das große persönliche Engagement der Mitarbeiter bei SAP und Schaeffler. Und natürlich der kontinuierliche Austausch. Wir treffen uns mindestens einmal monatlich und diskutieren taktische und operative Themen. Das fängt bei der Sicherstellung von Datenqualität an und reicht bis hin zur Definition eines einheitlichen Datenmodells, das auch in fragmentierten SAP-Landschaften effiziente Analysen und Auswertungen erlaubt. Bislang endete fast jeder Workshop mit einem Aha-Erlebnis – und zwar sowohl bei unseren Mitarbeitern als auch bei den Experten von SAP. Das ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass beide Unternehmen auf ähnlichem Reifegrad agieren. Wir stellen immer wieder fest, dass wir gerade über dieselben Zukunftsthemen nachdenken.
Warum spielt die Partnerschaft für die Entwicklung von Strategien im Umgang mit Daten oder dem Datenmanagement eine wichtige Rolle?
Rahm: Weil sich Zukunft nur gemeinsam denken und gestalten lässt. Und weil intelligente Prozesse über Unternehmensgrenzen hinweg organisiert werden müssen. Während der Großteil der internen Effizienzpotenziale vielerorts bereits gehoben ist, geht es im Automotive-Sektor künftig verstärkt darum, die Zusammenarbeit mit Kunden und Geschäftspartnern in digitalen Ökosystemen zu optimieren und zu automatisieren. Je besser SAP unsere Bedürfnisse versteht, umso besser gelingt es dem Softwareunternehmen, sein Lösungsportfolio an unseren Branchenanforderungen auszurichten. Für mich ist der strategische Austausch zwischen Schaeffler und SAP deshalb ein Kernelement, um die Innovationen von morgen voranzutreiben.
Bild: Schaeffler