Ungewohnte Systeme, neue Prozesse, völlig andere Arbeitsweisen: Eine SAP-Implementierung kann Anwendende verunsichern. Change Management ist gerade im Zuge einer Business Transformation daher entscheidend für den Erfolg von IT-Projekten. Die Chance: Wer Mitarbeitende von Beginn an einbezieht, macht sie zu Verbündeten und Treibern des Wandels. Und das zahlt sich aus.
Auf dem Weg zum intelligenten Unternehmen stellen sich ganze Branchen neu auf. Geschäftsmodelle sind gefragt, die bislang noch gar nicht existierten. Technologien wie künstliche Intelligenz verändern zudem immer mehr Arbeitsprozesse grundlegend. Es ist ein Spannungsfeld: Die Software für die Business Transformation wird unter Federführung des CIO – teilweise rasant – implementiert. Genutzt wird sie schließlich aber vor allem von Mitarbeitenden, die bei der Softwareauswahl nicht beteiligt waren. Viele dieser Mitarbeitenden und viele Führungskräfte halten erst einmal an den gewohnten Abläufen fest und sind besorgt, welche Veränderungen eine Implementierung wie die von SAP S/4HANA für ihren Alltag bedeutet. Eine menschliche Reaktion, deren Konsequenzen aber oft unterschätzt werden: Die Arbeit läuft weniger effizient, es passieren mehr Fehler, teilweise entsteht gar eine Schatten-IT.
Der Erfolgsfaktor Mensch beim Change Management
Oliver Kohnke betont daher die Wichtigkeit der menschlichen Komponente des Veränderungsprozesses. Der Global Director Organizational Change Management bei SAP Learning Services empfiehlt, das Change Management digital zu unterstützen – durch virtuelle Workshops oder teilautomatisierte Befragungen und Auswertungen. Effizienz und Menschlichkeit sollten dabei keine Gegensätze sein.
Es komme nicht nur darauf an, dass die IT-Expertinnen und -Experten die neuen Anwendungen verstehen – sondern vielmehr die ganze Unternehmensleitung und die Mitarbeitenden, meint auch Dr. Torben Mauch. Der Leiter des Bereichs Change Management bei SAP-Partner Nagarro ES weiß aus Erfahrung, dass eine Business Transformation nur auf den ersten Blick ein IT-Projekt ist. „Das Denken in Bereichen und alten Prozessen ist oft ein großes Hindernis“, sagt Mauch im Education Newscast Podcast. Das Change Management müsse daher viel mehr leisten als nur den Sinn und Zweck einer SAP-Einführung zu erklären. Es sollte die Mitarbeitenden für den gemeinsamen Kurs begeistern, sie aktiv in die Ausgestaltung der neuen Prozesse einbinden und Bedenken ernstnehmen sowie auflösen.
Das betrifft zum einen die Mitarbeitenden selbst, zum anderen die gesamte Organisation eines Unternehmens. SAP spricht daher vom Organizational Change Management. Es beginnt idealerweise schon in der Planungsphase des Implementierungsprojekts mit einem Change Assessment. In Interviews und Workshops mit den wichtigsten Projektbeteiligten wird dabei ermittelt, wie die Organisationsstrukturen, Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens bereits zum Zielbild passen. Es wird ausgewertet, wer überhaupt von der Transformation betroffen ist und inwieweit Change-Management-Prozesse und -kompetenzen vorhanden sind. Daraus entstehen Handlungsempfehlungen und ein Konzept.
Digitale Transformation klar kommunizieren und mitgestalten lassen
Bei der Umsetzung des Change-Management-Konzepts sind dann die sogenannten Change Agents gefragt. Sie vertreten ihren jeweiligen Bereich im Unternehmen, finden sich in einem Change-Network zusammen und tauschen sich in regelmäßigen Abständen über die erforderlichen Veränderungen aus. So jedenfalls lief es bei Evonik: Von der SAP-S/4HANA-Conversion des Chemieunternehmens waren etwa 15.000 Anwender betroffen. „Wir haben daher Koordinatoren aus den verschiedenen Geschäftsbereichen ernannt und gemeinsam mit Vertretern der Kommunikation an einen Tisch gebracht“, erklärt Vali Maria Bluma, Transformation Office Lead Operations Excellence bei Evonik. „Bei einem so großen Vorhaben ist es wichtig, Klarheit über das Thema zu schaffen.“ Bluma empfiehlt daher, alle wichtigen Neuerungen knapp und präzise anhand von Zahlen, Daten und Fakten zu kommunizieren. Dazu gehört auch, wie viele Mitarbeitende in welchen Regionen betroffen sind. Die Change Agents bilden dabei die Schnittstelle zwischen der Führungsebene und den jeweiligen Bereichen und stehen als Ansprechpartner und Multiplikatoren für beide Parteien zur Verfügung.
Häufig übernehmen Bereichsleiter die Funktion des Change Agents. So wie Anne Charlotte Luchtenveld. Als Head of Talent & Development steuert sie die HR-Transformation des Infektionsschutzspezialisten Schülke & Mayr. Dabei versteht sie sich als Strategin, Coach und Projektleiterin in Personalunion. „Die wichtigste Komponente eines erfolgreichen IT-Projekts ist ein gut aufgestelltes interdisziplinäres Team, das intrinsisch motiviert ist, und die notwendige Entscheidungsmacht und Gestaltungsfreiheit erhält“, so Luchtenveld. Diese klare Struktur führe zu einem langfristigen Erfolg.
„Wenn der Arbeitgebende das Team befähigt und ihm zutraut, eigenständig zu arbeiten, wird den Mitarbeitenden eine enorme Wertschätzung entgegengebracht. Diese wirkt sich positiv auf das Arbeitsklima aus und bestärkt die Mitarbeitenden“, erklärt Luchtenveld.
Digitalisierung mit Schulungsstrategie verknüpfen
Wer Menschen führt, kennt das „Können – Dürfen – Wollen“-Modell. Mitarbeitende schöpfen ihr Potenzial dann voll aus, wenn sie über die dafür nötigen Fähigkeiten verfügen, das Einbringen der Kompetenzen auch tatsächlich erwünscht ist und gefördert wird sowie die Motivation stimmt. Das Change Management zielt darauf ab, das Dürfen und das Wollen sicherzustellen. Das Können setzt eine flexible Schulungsstrategie voraus. SAP Training and Adoption hat daher einen ganzheitlichen Ansatz entwickelt, der Mitarbeitende gleichermaßen einbindet und befähigt.
Weiterhin ist es wichtig, dass eine Transformation nicht als einmalige Aktivität verstanden wird, sondern als eine kontinuierliche Lernreise. Hintergründe zu Software-Updates, neue Kompetenzen und Informationen sollten Mitarbeitenden immer zugänglich sein, um bestmöglich den neusten Anforderungen gerecht zu werden, meint auch Guido Schlief, Leiter SAP Services Mittel- und Osteuropa.
Im Ergebnis entstehen Adoption und Akzeptanz: Die Mitarbeitenden nehmen die neue Software an, weil sie nicht nur den Nutzen für das Unternehmen erkennen, sondern auch den für ihre eigene Arbeit. Von bloßen Nutzerinnen und Nutzern werden sie damit gar zu „Verbündeten“, zu Treibern des Wandels.
Und das wiederum steigert den Mehrwert der Implementierung.
Unser Podcast liefert weitere Inspirationen und Best Practices rund um Change Management und Schulungen: Hier finden Sie alle Folgen des Education NewsCast im Überblick.
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