Dr. Benjamin Blau ist neuer Chief Process & Information Officer und Leiter der Organisation Corporate Processes & Information Technology. Erfahren Sie, wie er seine neue Rolle definiert, die Zukunft seiner Organisation gestaltet und die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz betrachtet.
Seit 2010 ist Benjamin Blau Teil des SAP-Teams und hielt bereits diverse Führungspositionen in den Bereichen Prozessmanagement und Unternehmenstransformation inne.
Heute leitet er als Chief Process & Information Officer (CPIO) die Organisation Corporate Processes & Information Technology (CPIT) mit dem Ziel, durch Prozesstransformation und -optimierung auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) die Skalierbarkeit und Produktivität von SAP zu steigern. Gleichzeitig fungiert die Organisation als SAP’s erstklassiger Referenzkunde und repräsentiert das Motto „SAP runs SAP“.
Im Interview erläutert Benjamin Blau seine neue Rolle und den generellen Wandel der IT-Branche.
Der Begriff Corporate Processes & Information Technology (CPIT) ist möglicherweise nicht so bekannt. Welche Rolle spielt die Organisation innerhalb der SAP?
Benjamin Blau: In der heutigen Zeit hat sich das traditionelle Konzept von IT-Services durch die Fortschritte in der Cloud-Technologie, KI und Big Data grundlegend gewandelt. Unternehmen sind gefordert, ihre Kernkompetenzen und Alleinstellungsmerkmale zu stärken und gleichzeitig ihre Skalierbarkeit unter Beweis zu stellen. Über die Jahre hat sich die IT zu einem strategischen Instrument entwickelt, das Unternehmen ermöglicht, flexibler, skalierbarer und intelligenter zu agieren. Bei SAP haben wir viel Zeit und Ressourcen in diese Transformation investiert, um die IT als strategischen Wachstumstreiber und vertrauenswürdigen Technologiepartner zu etablieren.
Unternehmen sind heute mehr denn je gefordert, ihre Strategien zu überdenken, um sich von ihren Wettbewerbern abzuheben. Dies erfordert, betriebliche Effizienz und Skalierbarkeit unter Beweis zu stellen. Ein zentraler Ansatzpunkt für uns ist hier die Konzentration auf Prozessoptimierung und -automatisierung auf Basis von KI. Unser Ziel ist es, Prozesse, die auf Business AI und SAP-eigener Technologie basieren, zu vereinfachen und zu standardisieren und so die Produktivität zu steigern. Vor diesem Hintergrund hat sich unser strategischer Fokus über die reine IT hinaus entwickelt, um eine umfassende Prozessoptimierung mit klaren Verantwortlichkeiten zu unterstützen, die Autonomie und schnelle Entscheidungsfindung fördern. Dies ist ein wesentlicher Aspekt der Organisation Corporate Processes & Information Technology (CPIT).
Wie würden Sie den Unterschied zwischen der Rolle eines CIO und der eines CPIO beschreiben?
Der wesentliche Unterschied für mich persönlich liegt in der Herangehensweise an Problemlösungen. Der Chief Process & Information Officer (CPIO) konzentriert sich nicht ausschließlich auf Produkte oder Tools, sondern adressiert Themen vorrangig auf der Prozessebene, wo oft die Wurzel der Probleme zu finden ist. Insbesondere als SaaS-Unternehmen neigen wir dazu, für jede neue Anforderung ein neues Tool oder eine Anpassung einzusetzen, oder im ungünstigsten Fall ein System zu ändern. Doch in vielen Fällen würde die Standardisierung und Vereinfachung unserer Arbeitsweise schon ausreichen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, neben unserer IT-Strategie unseren Auftrag als zuständige Instanz für die Gestaltung von Geschäftsprozessen bei SAP zu erfüllen. Wir haben das Mandat zur Überwachung und Optimierung dieser Prozesse. Das Unternehmen legt die Strategie und klaren Ziele fest – das „Warum“ und „Was“, während wir das „Wie“ definieren – den Weg dorthin, und zwar auf die benutzerfreundlichste und produktivste Weise.
Worauf freuen Sie sich in dieser neuen Rolle am meisten?
Durch meine vorherige Position als Head of Industry Engineering bei SAP habe ich eine Leidenschaft für die Arbeit nahe an Produkten und Kunden entwickelt. Meine neue Rolle spiegelt genau das wider, da wir stets als erster Kunde von SAP neue Technologien einführen. Ich genieße die privilegierte Position, offen mit SAP-Kunden über unsere Herausforderungen und Lösungen zu sprechen und gleichzeitig ein vertrauenswürdiger Peer in der Branche zu sein. Dies beinhaltet auch, zu zeigen, wie wir die Produktivität von SAP durch unser schnell wachsendes KI-Portfolio steigern können.
In den letzten fünf Jahren gab es eine Vielzahl an Innovationen, vor allem mit der Zunahme generativer KI. Wie wird sich dies auf die Rolle von CIOs oder einer IT-Organisation in den nächsten zwei bis fünf Jahren auswirken?
In den kommenden zwei bis fünf Jahren wird der Zustrom generativer KI die IT-Landschaft und die Rolle der CIOs revolutionieren. Lassen Sie mich drei Beispiele nennen, die dies veranschaulichen:
Erstens wird die IT-Produktivität durch die Automatisierung wiederkehrender Aufgaben und die Straffung von Prozessen erheblich gesteigert. Dies setzt wertvolle Ressourcen frei, die entweder für mehr Aufgaben oder für wertsteigernde Tätigkeiten genutzt werden können.
Zweitens, als erster Kunde in SaaS-Unternehmen ist es unsere Aufgabe, den Mehrwert von KI in differenzierten Teilen unserer Wertschöpfungskette aufzuzeigen und als Innovationsführer in der Branche zu agieren.
Drittens, da Daten zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden, werden CIOs sich verstärkt darauf konzentrieren, den Wert von Datenressourcen zu nutzen und zu maximieren. Dies umfasst nicht nur den Besitz und die Kontrolle von Daten, sondern auch die Entwicklung neuer Datenprodukte und die Bereitstellung, Verwaltung und Analyse. Das Datenmanagement ist also Kernverantwortung der IT-Organisation. Für SAP ist dies ein klarer Wettbewerbsvorteil im KI-Bereich, da wir Zugang zu einer der größten Mengen an Geschäftsdaten haben, um hochwertige KI-Szenarien zu liefern.
Wenn man die rasante Entwicklung von KI und die potenziellen Auswirkungen betrachtet – wie sieht Ihr Ansatz für CPIT und SAP insgesamt aus?
Ich sehe die strategische Rolle meiner Organisation in zweifacher Hinsicht: Erstens sind wir der Erstanwender jeder KI-Innovation, die bei SAP entwickelt wird, und somit verpflichtet, das Qualitätsniveau und den Wert für unsere Kunden zu hinterfragen. Zweitens erwarte ich von meinem Team, dass es neue KI-Anwendungsfälle entwickelt, diese testet und gründlich auf Sinnhaftigkeit, Durchführbarkeit und Rentabilität prüft. Letztlich zählt bei Business KI die Qualität, nicht die Quantität. Um KI-Innovationen voranzutreiben, haben wir eine Initiative gestartet, um die vielversprechendsten Anwendungsfälle zu identifizieren. Diese beinhaltet einen Prozess, der sicherstellt, dass wir uns auf die effektivsten Lösungen konzentrieren. Durch die Einführung von „Quality-Gates“ stellen wir sicher, dass wir nur Anwendungsfälle implementieren, die tatsächlich einen geschäftlichen Mehrwert bieten.