Die Fertigungsindustrie beschäftigt sich aktuell damit, wie man Künstliche Intelligenz (KI) skaliert – und hat dabei einen deutlichen Vorsprung gegenüber anderen Sektoren.
Bereits mit Industrie 4.0 hat die Branche eine digitale Transformation durchlaufen – und hierbei Geräte miteinander verknüpft, IoT integriert und aus Daten aussagekräftige Erkenntnisse gewonnen. Jahrelang hat die Branche die komplexen Realitäten der Digitalisierung gemeistert. Jetzt kann sie diese Erfahrungen für KI in der Fertigung nutzen.
Eine Studie von SAP (SAP-Branchenbericht) zeigt, dass die hart erarbeitete Expertise der Fertigungsunternehmen in den Bereichen Daten, Integration und Skalierung anderen Branchen helfen kann, häufig auftretende Fallstricke zu vermeiden und ihre eigene KI-Transformation schneller durchzuführen. Allerdings haben bisher nur 16 Prozent der Fertigungsunternehmen selbst KI integriert – verglichen mit 25 Prozent in allen Branchen.
Das ist ein faszinierendes Ergebnis. Heißt das, dass die Unternehmen keinen dringenden Bedarf sehen? Und falls ja, warum? Die Hürden für die Einführung von KI sind in der industriellen Fertigung niedriger als in den meisten Branchen. Aber vielleicht könnte Transformationsmüdigkeit der Grund für die Zurückhaltung sein. Und genau deshalb ist ihr Vorgehen eine wertvolle Orientierung für andere.
KI in der Fertigung: Eine bekannte Herausforderung mit neuen Vorzeichen
Für die Fertigungsbranche fühlt sich KI an wie ein Déjà-vu. Die Skalierung von KI bringt viele der gleichen Hürden mit sich, die sie bereits während der Industrie-4.0-Revolution überwinden musste: fragmentierte Daten, Altsysteme und Skepsis der Belegschaft. Da man diese Herausforderungen bereits gemeistert hat, weiß man in der Branche, worauf es ankommt.
Beispielsweise auf die Daten. KI ist nur so gut wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird, und Fertigungsunternehmen haben gelernt, dass unsaubere, inkonsistente Eingaben zu schlechten Ergebnissen führen. Bei der Transformation zu Industrie 4.0 investierten sie massiv in die Bereinigung, Standardisierung und Integration von Datenströmen, die sie von IoT-Sensoren und Fertigungslinien erhielten. Diese Vorarbeit zahlt sich nun aus und verschafft ihnen einen klaren Vorteil bei der Skalierung von KI.
Für Branchen, die gerade erst anfangen, ist diese Erfahrung entscheidend: Bevor man skaliert, muss man erst einmal aufräumen.
Dann stellt sich die Frage der Systeme. Die Fertigungsindustrie ist von geschäftskritischen Altsystemen abhängig. Deshalb ist der Austausch alter Systeme nicht immer eine Option.
Stattdessen sind Fertigungsbetriebe Experten für die Verknüpfung von alten und neuen Technologien geworden. Das ist vielleicht nicht besonders aufregend, aber es funktioniert – und verdeutlicht anderen Industrien, dass Integration oft praktischer (und weniger riskant) ist, als bei null anzufangen.
Wie KI die Fertigungsbranche verändert
Bei Industrie 4.0 ging es darum, einzelne Punkte miteinander zu vernetzen. Bei KI geht es nun darum vorherzusagen, was als Nächstes kommt. Mit KI verzeichnet die Fertigungsindustrie bereits bahnbrechende Ergebnisse in ihren Geschäftsabläufen.
KI macht Prozesse nicht nur schneller – es macht sie auch intelligenter:
- Vorausschauende Instandhaltung: Durch die Analyse von Sensordaten können Maschinenausfälle vorhergesagt und teure Ausfallzeiten verhindert werden.
- Qualitätssicherung: Mit KI-gestützten Bildverarbeitungssystemen lassen sich Produktionsfehler in Echtzeit erkennen.
- Energiemanagement: Durch die Vorhersage des Energiebedarfs wird der Energieverbrauch optimiert. Davon profitieren sowohl Nachhaltigkeit als auch Kosteneffizienz.
Diese Anwendungen lösen nicht nur betriebliche Probleme – sie schaffen spürbaren Mehrwert. Auch wenn sie ihren Ursprung in der Fertigung haben, ist die dahinterstehende Logik universell anwendbar: In jeder Branche gibt es Engpässe, die von intelligenteren, datengestützten Lösungen profitieren könnten.
Drei Lehren für andere Branchen
Die Herausforderungen, vor denen Fertigungsbetriebe bei KI stehen, sind dieselben, mit denen sich auch alle anderen Branchen auseinandersetzen müssen. Datensilos, isolierte Systeme und die Bereitschaft der Belegschaft sind verbreitete Hindernisse.
Doch die Erfahrungen der Fertigungsindustrie sind ein Lehrbuch dafür, wie man diese Hürden meistern kann:
- Die Gewährleistung der Datenqualität gehört zu den Vorarbeiten. Hersteller wissen, dass der Spruch gilt: „Garbage in means garbage out“. Deshalb haben sie erheblich in die Bereinigung ihrer Datenströme investiert, bevor sie KI skalieren.
- Integration ist besser als ein kompletter Kahlschlag. Dadurch wird sichergestellt, dass neue Technologien bestehende Systeme ergänzen, anstatt sie komplett abzuschaffen.
- Klein anfangen. Man sollte sich zunächst auf gezielte KI-Anwendungen wie Logistikoptimierung oder Bestandsmanagement konzentrieren. Dies sorgt für Dynamik und baut im Unternehmen Vertrauen in KI auf.
So sieht die Entwicklung von KI in Unternehmen aus
In der Fertigungsbranche sieht die Einführung von KI drei Stufen vor, die aufeinander aufbauen:
- Automatisierung: Im ersten Schritt werden repetitive Aufgaben optimiert, um so die Effizienz zu verbessern.
- Prozesstransformation: KI beginnt, die Abläufe zu verändern, sodass sie intelligenter und anpassungsfähiger werden.
- Autonomie: Das ultimative Ziel besteht darin, dass KI-Systeme Workflows selbstständig steuern und auf Echtzeitänderungen reagieren, ohne dass ein menschliches Eingreifen erforderlich ist.
Die meisten Branchen stehen derzeit irgendwo zwischen Automatisierung und Transformation. Doch wie in der Fertigungsindustrie zu sehen ist, ist sie inzwischen nicht mehr so weit von Autonomie entfernt, wie es einmal schien. Ihr Weg veranschaulicht die natürliche Entwicklung von Unternehmen, die bereit sind, in die Skalierung von KI zu investieren.
Das große Ganze
Zusammenfassend lässt sich also sagen: KI ist nicht nur einfach ein weiteres Tool – KI ist ein strategischer Wandel. Der Weg der Fertigungsbranche durch Industrie 4.0 hat gezeigt, dass Transformation kein einzelnes Projekt ist – es ist eine Einstellung.
Die Skalierung von KI erfordert Geduld, Beharrlichkeit und die Bereitschaft zur Iteration. Aber die Vorteile – mehr Effizienz, intelligentere Entscheidungsfindung und höherer Mehrwert für Kunden – sind die Mühe wert.
Die Erkenntnisse der Fertigungsindustrie sind klar: Sich auf die Grundlagen konzentrieren, auf Integration setzen und eine kontinuierliche Verbesserung anstreben.