Dank eines starken auswärtigen Wachstums hat VINCI Energies sich dazu entschlossen, seine Geschäftsaktivitäten in einem einzigen, von SAP bereitgestellten ERP-System zusammenzufassen. Im Anschluss hat der Konzern die Suite SAP S/4HANA implementiert, um das Innovationspotenzial dieser Plattform voll nutzen zu können. Die Migration wurde zielstrebig und parallel zu anderen Projekten durchgeführt.
VINCI Energies ist eine zum VINCI-Konzern gehörende Tochtergesellschaft, die sich auf die Energieeffizienz von Gebäuden, die Bewirtschaftung von Industriestandorten und den Einsatz von intelligenten Infrastrukturen spezialisiert hat. Der Umsatz belief sich vor acht Jahren noch auf 4,6 Milliarden Euro. Für 2018 wird sich der Umsatz nach Schätzungen des Konzerns auf fast das Dreifache belaufen. Dieses rasche Wachstum verdankt VINCI Energies vor allem einer zielgerichteten, weltweiten Akquisitionsstrategie. „Innerhalb von nur wenigen Jahren sind hunderte von Firmen zum Portfolio des Konzerns hinzugekommen“, merkt Dominique Tessaro, IT-Vorstand bei VINCI Energies, an.
Dieses auswärtige Wachstum hat zu einer extrem vielschichtigen IT-Infrastruktur geführt, die zwingend vereinheitlicht werden musste. Das Thema ERP ist bereits seit 2014 auf dem Tisch. „Wir hatten etwa fünfzehn verschiedene, parallel laufende Systeme, ganz zu schweigen von den einzelnen Instanzen innerhalb jeder Anwendung: ein regelrechter Software-Flickenteppich.. Ausgehend von dieser Situation erarbeitete der IT-Vorstand gemeinsam mit dem Management eine neue ERP-Strategie für den Konzern. Der Entschluss fiel auf das Ausrollen eines einzigen Systems weltweit. Die entsprechende Ausschreibung wurde SAP zugeschlagen.
Es beginnt also unter dem Namen ‚Codex‘ ein umfangreiches Projekt. Ziel ist es, sämtliche Geschäftsregeln für VINCI Energies neu zu definieren. Das Kernmodell, das aus diesen Vorbereitungen hervorgegangen ist, wird Anfang 2015 in einer ersten Gruppe von etwa hundert Gesellschaften live geschaltet. Im Rahmen des sich anschließenden Migrationsprojekts werden alle anderen ERP-Systeme auf Codex umgestellt. VINCI Energies bringt gleichzeitig die Benutzeroberflächen auf den neuesten Stand, indem die Homepage SAP Enterprise Portal sowie SAP Fiori übernommen werden. Bei Fiori handelt es sich um das neue Grafik-Konzept für die Darstellung von SAP-Transaktionen.
Die großen Etappen der Umstellung auf SAP S/4HANA
2016 musste der Konzern seine ERP-Datenbank ohnehin ersetzen und nutzte die Gelegenheit, auf die von SAP entwickelte In-Memory-Architektur SAP HANA umzustellen. Im gleichen Zuge wird ein Prototyp in Auftrag gegeben, um die Umstellung der ERP-Suite auf SAP S/4HANA vorzubereiten, die neue ERP-Generation von SAP, die unmittelbar für die In-Memory-Technologie entwickelt wurde. „Die Unternehmen müssen immer schneller, intelligenter und flexibler handeln können“ , unterstreicht der IT-Vorstand. „In diesem Kontext ist der Übergang zu SAP S/4 HANA ein absolutes Muss, wenn man sich seine Innovationsfähigkeit erhalten will. Die Frage, die sich stellt, ist nicht ‚ob‘ man diesen Schritt geht, sondern ‚wann‘ und ‚wie‘. “
Das Migrationsprojekt wird im September 2017 gestartet, mit einem nicht verschiebbaren Live-Schaltungsdatum, dem 31. Juli 2018, denn parallel laufen die Codex-Implementierungen weiter. Während des Projekt-Verlaufs treten technische Schwierigkeiten auf, die beispielsweise mit der verringerten Tabellenanzahl zusammenhängen. „Wir haben mit SAP zusammengearbeitet, um diese über die Jahre entstandenen Unstimmigkeiten zu bereinigen und um in Anschluss mit einer einwandfreien Datenbank arbeiten zu können“, erläutert Tessaro. Parallel dazu führen die Teams der IT-Abteilung sieben Testläufe durch, um den Migrationsprozess zu dokumentieren und weitestgehend zu vereinfachen.
Nach einem letzten Vorlauftest Mitte Juli ist es soweit: Die Migration läuft am Freitagabend an, verbunden mit einem kompletten Produktionsstopp. Die verantwortlichen Teams arbeiten anschließend durchgehend bis zum folgenden Dienstag, wobei sie sich auf zusätzlichen Support vom Software-Anbieter stützen können. Mehrere Pilot-Geschäftsbereiche nehmen an diesem Schritt teil: 140 Benutzer testen das System vor der Live-Schaltung. „Alle am Test Beteiligten wussten, dass ihre Daten im Fall von technischen Problemen verloren gehen können. Sie haben also alle die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen getroffen“, fügt der IT-Vorstand hinzu.
Am Dienstag den 31. Juli erfolgt mittags die Live-Schaltung: Das neue System ist jetzt allen Benutzern zugänglich. Insgesamt wechseln in einer Art „Big-Bang“-Aktion 600 Rechtsgesellschaften in 11 Ländern auf SAP S/4HANA. Der Konzern hat in den Bereichen FI, CO, PS, HR time & payroll, SD, MM, CS sowie PPM eine komplette Palette an Produktionsinstanzen ausgerollt.
Die wichtigsten Kennzahlen zum Zeitpunkt der Migration:
– 26 000 Benutzer, in 600 Gesellschaften in 11 Ländern
– etwa 4 000 Personentage
– 4 500 000 Code-Zeilen
Am Ende konnten alle Fristen eingehalten werden. Für Tessaro und seine Abteilung ist diese extrem umfangreiche Migration sehr zufriedenstellend abgelaufen. „Wir wurden mit einigen technischen Schwierigkeiten konfrontiert, aber letztlich nichts Unüberwindliches. Wir haben die Migration bereits Ende Juli vorgenommen, um im Laufe des Augusts noch mögliche Probleme beheben zu können, und um im September in einem einwandfrei funktionierende System arbeiten zu können.“ Ende 2018 läuft das produktive System einwandfrei und die Implementierungen gehen weiter.
Die Zusammenarbeit mit dem Software-Anbieter im Verlauf des gesamten Projekts hat bei diesem Erfolg eine entscheidende Rolle gespielt. „Wir hatten uns aufgrund des weitreichenden Umfangs dieses Projekts für SAP als Geschäftspartner entschieden. „SAP stand uns ohne Einschränkung zur Verfügung, mit einem ausschließlich mit unserem Projekt beauftragten Team und dem Support vom Firmenhauptsitz in Walldorf. Sobald sich Schwierigkeiten ergaben, hat der Software-Anbieter weltweit Teams mobilisiert, um diese Probleme schnellstmöglich zu beheben. Ich möchte hierbei den beispielhaften Einsatz der IT-Teams von SAP sowie von VINCI Energies hervorheben. Ohne sie wäre das ganze Unterfangen schier unmöglich gewesen. Diese Teams haben ohne Kräfte zu sparen höchst effizient daran gearbeitet, diese technologische Herausforderung zu meistern“, unterstreicht Tessaro.
Schnell sichtbare Auswirkungen für die einzelnen Geschäftsbereiche
Die IT-Abteilung hatte das Projekt bei den einzelnen Geschäftsbereichen als technologische Voraussetzung für die in einem zweiten Schritt anvisierten Innovationen vorgestellt. „Die verschiedenen Geschäftsbereiche haben uns ihr Vertrauen entgegengebracht, denn wir konnten mehrere interessante Projekte vorweisen. Dieses gute Verhältnis zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen und der IT-Abteilung war besonders wichtig für diese Umstellung auf SAP S/4HANA: immerhin musste das gesamte ERP-System neu durchgetestet werden.“ Es war jedoch auch notwendig, bestimmte Veränderungen einzubinden, um die Endbenutzer insbesondere mithilfe des Benutzeroberflächen-Designs zu überzeugen: „Wir verfügen jetzt über ein modernes ERP-Tool mit benutzerfreundlichen Oberflächen“. Die IT-Abteilung hat sich ebenfalls dazu entschlossen, mehrere bereits gut bekannte Schwachpunkte zu korrigieren, um einige sofort messbare Verbesserungen aufzuzeigen. Da gibt es beispielsweise die Neuaufsetzung eines Reportings, die eine um das 60-fache verbesserte Performanceleistung ermöglichte. „Dank des neuen Systems setzen wir monatlich 600 Arbeitsstunden frei, die für anderes genutzt werden können“, freut sich Tessaro.
Fundament SAP S/4HANA sichert den Konzernumbau
Parallel zu dieser Migration ist auch die Implementierung des Kernmodells weitergelaufen. Ende 2018 ist diese zu 80 % abgeschlossen: ein Muss, wenn man eine globale Übersicht über den Konzern erhalten und zusätzliche Anwendungen ausrollen möchte. „Die Tatsache, dass wir jetzt ein einziges Kernmodell im SAP-System verwenden, beinhaltet zahlreiche positive Auswirkungen. Um dieses solide, bereinigte und gut durchstrukturierte Kernstück herum können wir die Anwendungspalette viel einfacher gestalten.“ Das kann man am Beispiel der 2018 durchgeführten Neugestaltung eines Kundenportals im Zusammenhang mit SAP C/4 HANA, der In-Memory-Anwendungssuite für die Handhabung eines verbesserten Kundenerlebnisses, sowie der Plattform SAP Cloud Platform sehen. Die Integration mit dem ERP-System hat hier den Weg für einen zielstrebigen Kundenanfragenbearbeitungsprozess geebnet.
„Von einem konzeptuellen Standpunkt aus betrachtet möchte sicher jeder diese Art von integriertem Prozess aufbauen. In der Praxis ist es jedoch häufig so, dass viele kostbare Zeit bei dem Versuch vergeuden, verschiedene Technologien miteinander zu verbinden, oder Daten mehrfach einzugeben“, stellt der IT-Vorstand fest, der vom Wert einer nativen ERP-Integration fest überzeugt ist.
Neuer IT-Fahrplan: auf in Richtung Innovation!
Der Einsatz von SAP S/4HANA hat ganz neue Perspektiven für die Weiterentwicklung von Informationssystemen eröffnet, die zahlreiche positive Auswirkungen für die einzelnen Geschäftsbereiche beinhalten. Die IT-Abteilung des Konzerns hat sich zum Ziel gesetzt, die Art und Weise, wie die Benutzer mit den ERP-Anwendungen umgehen, grundlegend zu verändern. Zahlreiche Projekte stehen schon auf dem Plan:
- Verwendung von SAP Cash Management, um die Finanzströme innerhalb des Konzerns zu optimieren und diese Prozesse nach dem End-to-End-Prinzip zu handhaben.
- Ausrollen von neuen Transaktionen.
- Neue Startseite, die den Benutzern relevante Informationen in Echtzeit zur Verfügung stellt. Gegenwärtig müssen die Benutzer jede Transaktion einzeln betrachten um zu wissen, was sie tun müssen. Zukünftig sollen die relevanten Indikatoren und die entsprechenden Aktionen direkt auf ihrer Startseite angezeigt werden.
- Bereitstellung von zum Bereich ‚embedded Analytics‘ gehörenden Funktionalitäten (Indikatoren, die der Business Intelligence entstammen und welche in die Transaktions-Bilder integriert sind, aufbauend auf die durch die In-Memory-Technologie gewonnene Leistungsfähigkeit der Systeme).
Da die Migration jetzt beendet ist, kann sich die IT-Abteilung nun dem Thema Innovation widmen. Für 2019 sind Tests des SAP CoPilot-Wizards vorgesehen, der mit einer Spracherkennungsfunktion ausgestattet ist. „Ich bin davon überzeugt, dass die Stimme in kürzester Zeit die Tastatur als Interaktionsmittel mit ERP-Systemen ablösen wird“, bekräftigt Tessaro. Sein Unternehmen fasst auch den Einsatz des von der SAP-Anwendung SAP Leonardo bereitgestellten Machine Learnings ins Auge, um bestimmte Prozesse wie beispielsweise den Rechnungsabgleich zu automatisieren. Nicht zuletzt zieht die Firma auch die Verwendung von Chatbots auf ihrem Kundenportal in Betracht.