Die Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG füllt täglich vier Millionen Flaschen Mineralwassergetränke ab. Um seinen Quellen keinen Liter zu viel und keinen zu wenig zu entnehmen, benötigt der Mineralbrunnen einen exakten Forecast. Unterstützt vom SAP Co-Innovation Lab hat SAP-Partner INTENSE AG auf der SAP Cloud Platform eine IoT-basierte Lösung geschaffen, die es Gerolsteiner ermöglicht, seinen Mineralwasserverbrauch zu optimieren.
Wie viel Mineralwasser wird benötigt, um einen Liter Gerolsteiner Sprudel abzufüllen? Auf den ersten Blick ist das eine seltsame Frage. Steht nicht auf der Flasche 1 Liter, so dass die Sache ziemlich klar sein sollte? „Nicht ganz“, sagt Mathias Kaldenhoff, Partner Innovation Manager im deutschen CTO Office bei SAP, der das Projekt mit Gerolsteiner und der INTENSE AG von Seiten der deutschen SAP Landesgesellschaft betreut hat. „Unterschiedliche Mineralwasser- und Erfrischungsgetränke erfordern unterschiedliche Quellnutzungen und Zutaten in unterschiedlichen Mengen. Das wirkt sich auf die benötigte Wassermenge aus.“
Für seine 125 Produkte verwendet Gerolsteiner verschiedene Mineralwassertypen, die allesamt aus Quellen rund um den kleinen Ort Gerolstein in der Vulkaneifel stammen – ein Schatz, mit dem Gerolsteiner nachhaltig und verantwortungsbewusst umgehen will.
„Das Ziel ist es, keinen Liter zu viel und keinen Liter zu wenig aus dem Boden zu holen, damit stets genau die benötigte Menge Mineralwasser an der betreffenden Anlage zur Abfüllung bereitsteht“, sagt Arnd Büchsenschütz, Betriebsleiter Prozess- und Verfahrenstechnik bei der Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG. Die Herausforderung lag darin, von der Quelle bis in die Flasche das richtige Mineralwasser in der richtigen Menge, zum richtigen Zeitpunkt in der Abfüllung verfügbar zu haben.
Das Internet der Dinge ist hier der Schlüssel. Die Daten der IoT-Sensoren und die Verbrauchsdaten der Abfüllmaschinen sind in Echtzeit verfügbar. So kann der Wasserverbrauch während des gesamten Produktionsprozesses überwacht werden. Je genauer die Daten, desto genauer der Forecast über den Verbrauch und Bedarf.
Co-Innovation für Nachhaltigkeit
Gerolsteiner arbeitete dazu mit der INTENSE AG zusammen, einem Energieeffizienz-Spezialisten und langjährigen SAP-Partner. INTENSE wandte sich im Rahmen des Projekts an das SAP Co-Innovation Lab, das SAP-Partner durch Knowledge Transfer bei der Entwicklung eines Prototypen für einen bestimmten Kunden unterstützt.
„Mit INTENSE haben wir bereits in der Vergangenheit erfolgreich zusammengearbeitet und so kamen sie auch während ihres Projekts mit Gerolsteiner auf uns zu“, sagt Projektmanager Martin Rosjat vom SAP Co-Innovation Lab. „In diesem Fall hat vor allem unser südafrikanisches Team aus Johannesburg mit Architekturberatung und Entwicklungsunterstützung beigetragen. Das Ziel war, den Experten von INTENSE Entwicklungsmethoden auf der SAP Cloud Platform und insbesondere SAP HANA zu vermitteln. Den Code der eigentlichen Lösung hat INTENSE erstellt. Damit liegt das geistige Eigentum auch bei ihnen.“
Dazu Matthias Ort von INTENSE: „Was die Zusammenarbeit mit den Experten vom SAP Co-Innovation Lab optimal für uns machte, war die Möglichkeit, mit speziellen Fragen auf sie zuzukommen, während wir beim Kunden am Proof of Concept arbeiteten. Es gab wöchentliche Touchdowns, die uns sehr halfen, unser Wissen aufzubauen. Das verkürzte die Entwicklungszeit enorm.“
Das SAP Co-Innovation Lab stand INTENSE mit Handlungsempfehlungen und Best Practices für Datenabfragen in SAP HANA zur Seite. „Wir erhielten gezielte, auf unseren Use Case bezogene Entwicklungsunterstützung, keinen SAP-HANA-Rundumschlag“, betont Matthias Ort. „Anstatt lange in der SAP Dokumentation zu suchen, erhielten wir geführte Touren durch die Experten vom SAP Co-Innovation Lab.“
IoT und SAP Cloud Platform für Forecast und Predictive Maintenance
Als Resultat implementieren die Entwickler von INTENSE nun erweiterte Lösungen auf der SAP Cloud Platform – darunter auch die Lösung IRES, die bei Gerolsteiner zu Teilen bereits im Einsatz ist. IRES steht für Intelligent Ressource Efficiency Solution. Die IoT-Daten der Sensoren in der Flaschenstraße ermöglichen zusammen mit den Energiedaten und dem Wasserverbrauch die genaue Vorhersage, wie viel Mineralwasser welcher der Quellen entnommen werden muss, um die bestellte Menge Mineralwasser und Erfrischungsgetränke abzufüllen.
„Die Messdaten wurden bislang primär zur Momentbetrachtung genutzt“, erklärt Mathias Kaldenhoff. „Jetzt werden sie gespeichert und über die IRES-Algorithmen ausgewertet. Das erlaubt Rückschlüsse auf die Produktion. Zusätzlich können bestimmte Kennzahlen, wie etwa der Durchschnittsverbrauch pro Produkt pro Anlage, betrachtet werden. Außerdem lässt sich vorausberechnen, ob bestimmte Anlagen ihre Leistung beibehalten können. Das schafft alle Möglichkeiten der vorausschauenden Wartung und erweiterten Einsatzplanung.“
„Energieeffizientes Datenmanagement gab es zwar bereits vorher als rein Excel-basierte Berechnungssysteme auf dem Markt,“, so Mathias Kaldenhoff weiter, „aber INTENSE hat ihre Lösung zu einem auf der SAP Cloud Platform basierenden System weiterentwickelt, das die Verrechnung von Energieeffizienz- und IoT-Daten mittels unterschiedlicher Algorithmen erlaubt.“
War es für Gerolsteiner bisher in der Produktionsplanung schwerer abzuschätzen, ob das den Quellen entnommene Mineralwasser für eine unterbrechungsfreie Produktion ausreichen würde, können nun die Daten aus dem ERP abgefragt und Durchschnittswerte ermittelt werden. Dadurch lässt sich ein Forecast erstellen, der geplante, noch nicht aktive Aufträge miteinbezieht.
Integration in SAP S/4HANA geplant
„Man kann sich die Projekte des SAP Co-Innovation Labs als Staffelstabübergabe vorstellen“, erklärt Martin Rosjat: „Im Mittelpunkt steht für uns das Enablement des Partner, der seinerseits dann für das Enablement des Kunden sorgt. Zusammen mit dem Partner Innnovation Management beim Office of the CTO der deutschen SAP-Landesgesellschaft haben wir dem Partner zu einer marktreifen Lösung verholfen.“
„Wir wollen unseren Partner INTENSE befähigen, mit dieser Lösung weitere Industriezweige zu erschließen“, so Mathias Kaldenhoff. „Stückfertigung, chemische Industrie, Brauereien – all das sind Zweige, die INTENSE zusammen mit SAP erobern kann.“ Dazu ist ein gemeinsames Go-To-Market von INTENSE und SAP geplant.
„Mit Unterstützung des SAP Co-Innovation Labs haben wir eine Lösung für einen Kunden geschaffen“, erklärt Matthias Ort von INTENSE. „Diese wollen wir nun flexibler gestalten. Wir sprechen von einem modularen Produkt, mit dem wir neue Anwendungsfälle bei weiteren Kunden aus unterschiedlichen Branchen schneller aufbauen können. Dabei bauen wir weiterhin auf die Unterstützung des SAP Co-Innovation Labs auf technologischer Ebene.“
Außerdem soll die Energieeffizienzlösung von INTENSE möglichst tief in SAP S/4HANA integriert werden. „Basierend auf den Erkenntnissen aus dem Gerolsteiner-Projekt plant INTENSE, ein Resource Management Tool zu bauen“, sagt Mathias Kaldenhoff. „Dann sind wir zum ersten Mal in der Lage, IoT- und und Energieeffizienz-Daten für Prognostik der Planung zu nutzen, verknüpft beispielsweise mit einer Supply Chain Lösung von SAP. Das ist unsere Mission für die Zukunft.“