Rund 1.500 Projekte fördert die Stadt Köln, um die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger zu steigern. Zu lang aber operierte jeder der 40 Verwaltungsbereiche auf eigene Weise. Josefine de Buhr, Finanzreferentin der Oberbürgermeisterin Henriette Reker, bringt mit einer neuen IT-Lösung Struktur in die Fördermittelvergabe.
Ein lebendiges Haus mit Gesicht und Armen, das bunte Bälle in die Luft wirft, symbolisiert die Kinder- und Jugendarbeit der Stadt Köln. Eine Gruppe lachender Älterer steht für die Senioren-Netzwerke. Kultur, Umwelt, Sport, Diversity – die Domstadt unterstützt viele Projekte. „Wir fördern rund 1.500 einzelne Maßnahmen mit einem Volumen von weit über 200 Millionen Euro“, sagt Josefine de Buhr. Sie ist Fachreferentin für Finanzen im Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln und leitet gleichzeitig das aktuelle Digitalisierungsprojekt. Zielsetzung des Projektes ist es, die besagten 1.500 einzelnen Fördermaßnahmen mit einer integrierten IT-Lösung strukturierter und wirkungsorientierter zu verwalten. Gemeinsam mit SAP führt de Buhr die Standardlösung SAP Grants Management for Grantor (kurz: Grantor Management) ein.
Ungefähr 40 Bereiche, die alle eigenständig organisiert sind und zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, sind für die Fördermittelvergabe zuständig. Mit dem Projekt sollen einheitliche Standards, neue Strukturen und eine Professionalisierung in der gesamten Fördermittelvergabe der Stadtverwaltung erreicht werden. „Das Projekt wurde auf Initiative von Oberbürgermeisterin Henriette Reker ins Leben gerufen. Sie setzt auf Digitalisierung, um Prozesse zu straffen und Mitarbeitenden wie Bürgerinnen und Bürgern den Alltag zu erleichtern“, sagt de Buhr.
Fördermittel-Management: Einheit bei Regelwerk und Sollprozess
Das Projekt begann Ende 2017 mit einer breit angelegten Analyse der Förderlandschaft und der Identifikation von Verbesserungspotenzialen. Anfang 2018 fand eine Planungskonferenz mit rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus allen Förderbereichen statt. Bis August 2018 hatten drei Arbeitsgruppen das Fördermittelmanagement neu konzipiert. Mit dem entsprechenden Beschluss des Verwaltungsvorstands im Herbst verfügt die Stadt nun über ein einheitliches Regelwerk beziehungsweise eine allgemeine Förderrichtlinie, einen einheitlichen Sollprozess und klare Anforderungen an die IT-Lösung.
„Anschließend sind wir auf die Suche nach einer geeigneten Software-Lösung gegangen“, berichtet de Buhr. „Nach einer Marktsichtung und unter Berücksichtigung unserer Anforderungen waren wir schnell bei einer Lösung von SAP. Auch und weil wir bereits seit einigen Jahren SAP-Lösungen und Dienstleistungen für finanz- und personalwirtschaftliche Abläufe in der Verwaltung einsetzen. Die zwingende Voraussetzung bei der Anbieterwahl war es, dass das Fördermittel-Management standardisiert in unsere Finanzsysteme integriert werden kann“, so die Projektleiterin.
Die nun gewählte SAP-Lösung deckt den gesamten Förderprozess ab: Von der modernen Online-Antragstellung (SAP Fiori), die in den Internetauftritt der Stadt Köln eingebettet ist, über den Bewilligungsprozess bis hin zur Auszahlung und dem Monitoring der Fördermittel im SAP-System. Im Mai 2019 erarbeitete das Team um SAP-Projektleiter Daniel Fritsch eine Demoversion, ein knappes Jahr später – im März 2020 – ging der erste Pilot im Bereich Kulturförderung live. Die Anträge konnten nun online gestellt und im Backend weiterverarbeitet werden. „Inzwischen können wir die Mittel auch online zur Auszahlung bringen“, sagt de Buhr. Dazu ein paar Zahlen: Allein in der Kulturförderung verzeichnet die Stadt Köln inzwischen rund 800 Einzelanträge im System, das entspricht im ersten Anlauf bereits einer Quote von über 80 Prozent der Anträge auf digitalem Wege. „Das ist ein Erfolg und bringt auf der Verwaltungsseite enorme Vorteile, weil die Daten nicht mehr manuell erfasst werden müssen“, so de Buhr.
Kernteam aus zehn Kolleginnen und Kollegen
Ihr Team ist überschaubar – im Kern dürften es nicht mehr als zehn Kolleginnen und Kollegen sein. Sie stammen aus der Kämmerei, der IT-Abteilung und den Förderämtern. Jede/r einzelne von ihnen hat im Tagesgeschäft regulär weiter gearbeitet. Für das Projekt freigestellt war niemand. Dieses Vorhaben mit so wenig personellen Ressourcen stemmen zu müssen, das hätte sich die Projektleitung im Rückblick anders gewünscht. „Zum einen war es richtig, weil das Wissen und die Erfahrungen der Kollegen aus der Praxis so wertvoll und wichtig waren“, überlegt sie, „zum anderen war es in sehr arbeitsintensiven Phasen aber manchmal auch recht kräftezehrend für alle.“
Um Engagement und Motivation bei allen Beteiligten zu wecken, wurde das Projekt von Anfang an breit und beteiligungsorientiert aufgesetzt. „So fundamentale Änderungen am bisherigen Verfahren können nur mit einer möglichst hohen Akzeptanz in der Mitarbeiterschaft erfolgreich umgesetzt werden. In die Erarbeitung aller Projektbausteine ist daher viel fachliches Know-how aus den Fachbereichen eingeflossen – so auch bei der Erarbeitung der IT-Lösung“, sagt de Buhr. „Offenes und auch kritisches Feedback der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter war erwünscht und wurde berücksichtigt. Wir haben viele Anregungen aufgenommen, damit sich die Kolleginnen und Kollegen mit der Lösung identifizieren können.“
Digitalprojekt entwickelt nicht nur Fördermittel-Management
Ob ihre Art der Projektleitung das Label „Wasserfall“ oder „agil“ bekommt, interessiert de Buhr weniger. Sie will wissen, wie gut die Leute mit der Lösung arbeiten können. „Der Kauf und die Einführung einer Softwarelösung allein ist ja kein Heilsbringer“, schmunzelt sie und klingt selbst wie eine IT-Prozess-Beraterin, wenn sie anfügt: „Prozesse müssen neu gedacht werden. Standards müssen erarbeitet werden.“ Und das bezieht sich nicht nur auf die Fördermittelvergabe. Die Kölner Agenda zur Digitalisierung der gesamten Verwaltung reicht von der Beschleunigung der Baugenehmigungsprozesse bis hin zu digitalen Bildungs- und Kulturangeboten oder modernen Bürgerbeteiligungsformaten. Gerade die Corona-Pandemie zeigt, was ein ortsunabhängiges Onlineangebot leisten kann, sowohl für Bürgerinnen und Bürger auf der einen sowie Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter auf der anderen Seite. Trotz der Vorteile der Digitalisierung des kommunalen Antragswesens stellt de Buhr klar: „Wer Anträge jeder Art weiterhin schriftlich einreichen möchte, kann das gerne tun. Es gibt auch Menschen, die kommen nach wie vor lieber persönlich aufs Amt.“ Die Türen bleiben offen.
De Buhrs Fazit: „Wir haben uns mit dem Digitalisierungs-Projekt im Fördermittel-Management alle weiterentwickelt. Dass immer neue Förderbereiche von sich aus auf uns zukommen und eine Anbindung an das digitale Verfahren wünschen, ist sicherlich ein gutes Signal und spricht für die Lösung!“