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Technologien, die auf Quantenmechanik basieren, werden in vielen Branchen für frischen Wind sorgen und Geschäftsmodelle für immer verändern. Das European Quantum Industry Consortium (QuIC) entwickelt derzeit eine Branchen-Roadmap für Quantenstrategie, die das Potenzial von Quantencomputing, -kommunikation, -sensorik und der damit einhergehenden Technologien bewertet und aufzeigt, welche Branchen am meisten davon profitieren könnten.

„Branchen sind von zentraler Bedeutung für unser wichtigstes Ziel, ein erfolgreiches kommerzielles Partnernetz für Quantentechnologie aufzubauen“, erklärt Laure Le Bars, Research Project Director bei der SAP. „Um dieses Unterfangen in die Tat umzusetzen, müssen wir das Potenzial für Unternehmen und die Bevölkerung in den einzelnen Branchen verstehen sowie die Chancen identifizieren, die sich unseren Mitgliedern und ihren Communitys bieten, während sich der Markt weiterentwickelt.“

Laut Le Bars, Vorsitzende des QuIC, wird die Vereinigung die strategische Branchen-Roadmap mit der Europäischen Kommission teilen, die im Rahmen des Forschungsprogramms Horizon Europe und der Förderinitiative Digital Europe Leitfäden und Pläne für Quantentechnologie entwickelt. Den Gründungsmitgliedern zufolge arbeitet das QuIC auf vielfältige Weise daran, dem europäischen Raum bei der Nutzung der Möglichkeiten des Quantencomputing zu helfen, unterstützt durch den ersten Geschäftsführer sowie die Mitglieder, zu denen einige der hellsten Köpfe in Sachen Quantentechnologie gehören.

Hoffnung auf einen „Quantensprung“

Das Partnernetz des QuIC ist die ideale Anlaufstelle für eine Risikokapitalgesellschaft wie Quantonation, die auf Investitionen in Start-up-Unternehmen im Bereich Quantencomputing spezialisiert ist. Viele der Unternehmen im Portfolio von Quantonation sind bereits Mitglieder des QuIC.

„Wir befassen uns damit, wie Start-ups mit höheren Fördermitteln für Forschung und auf andere Wege – zum Beispiel über Aus- und Weiterbildung – unterstützt werden können“, berichtet Christophe Jurczak, Gründer und Geschäftsführer von Quantonation. „Start-ups auf dem Gebiet der Quantentechnologie expandieren und wir erwarten, dass in den nächsten Jahren einige Machbarkeitsnachweise für Konzepte und Produkte vorliegen, die anhand von Ergebnissen aus der Praxis den möglichen wirtschaftlichen Nutzen für EU-Bürger aufzeigen.“

Die Branchen-Roadmap hilft Anlegern, den Reifegrad dieser Technologien realistisch zu bewerten und die Dynamik zwischen den Teilnehmenden nachzuvollziehen – darunter etablierte und neue Anbieter, Forschende und politische Entscheidungsträger. Das richtige Timing ist alles – das gilt vor allem für eine Risikokapitalgesellschaft.

„Wir investieren frühzeitig und müssen wissen, ob wir bereits zu spät oder noch zu früh dran sind“, sagt Jurczak. „Branchen-Roadmaps können uns dabei helfen, zu verstehen, was verschiedene Organisationen einbringen, was diese Technologien für sie bedeuten und wie sie zusammenarbeiten können, um Hindernisse bei der Einführung zu überwinden.“

Quantencomputing im öffentlichen Sektor gefragt

Öffentlich geförderte High-Performance-Computing-Zentren (HPC-Zentren) könnten zu den ersten Einrichtungen zählen, die Quantencomputing einsetzen. 27 Prozent aller HPC-Zentren weltweit haben bereits mit Quantencomputing experimentiert – so das Ergebnis einer Studie, die unter anderem von IQM, einem finnischen Unternehmen für Quantencomputing, in Auftrag gegeben wurde. Prognosen zufolge wird diese Technologie bis 2023 in 76 Prozent der Unternehmen zum Einsatz kommen. Als „Rundumanbieter“, der Quantencomputer herstellt und montiert, benötigt IQM neben einer stabilen Logistikkette und einer Infrastruktur, in der Chipsätze produziert werden, auch Software für die Rechner.

„Wir müssen Entscheidungen des öffentlichen und privaten Sektors in Bezug auf Forschung, Finanzierung und insbesondere Standardisierung abstimmen“, so Jan Goetz, CEO und Mitbegründer von IQM. „Schulungsangebote sind ebenfalls äußerst wichtig. Die Branche muss proportional zum Marktwachstum Talente fördern, und zwar mithilfe von Weiterbildungsmaßnahmen sowie Partnerschaften mit Hochschulen. Wir untersuchen auch die Zusammenhänge zwischen allen Quantentechnologien – Kommunikation, Sensorik und sogar Quantennetzwerke –, um zu sehen, wie eine quantenfähige Zukunft aussehen könnte.“

Quantencomputing für alle greifbar machen

Das Start-up Multiverse Computing hat bereits damit begonnen, eine „Toolbox“ auf Grundlage von Quantentechnologie bereitzustellen. Intuitive Benutzungsoberflächen sorgen dafür, dass Finanzfachkräfte damit ihre Arbeit optimal ausführen können – ohne dass dafür ein Abschluss in Physik notwendig ist. Während das Unternehmen auf Innovationen im Finanzbereich spezialisiert ist, birgt Quantencomputing auch in zahlreichen anderen Branchen großes Potenzial.

„Die Revolution durch Quantencomputing wird viel früher beginnen als erwartet“, meint Enrique Lizaso, CEO bei Multiverse Computing. „Das bedeutet nicht, dass Quantentechnologie das Maß aller Dinge sein wird, sondern dass Unternehmen durch bessere Lösungen von Geschwindigkeit, Effizienz und Kosteneinsparungen profitieren können. Wir beginnen damit, Quantenlösungen für Banken einzuführen und arbeiten an Projekten auf dem Gebiet der intelligenten Fertigung mit führenden europäischen Unternehmen im Bereich Logistik und saubere Energie.“

Plug-and-Play-Prinzip

Auch wenn Quantenprozessoren noch nicht verwirklicht wurden, hat Qu & Co die Betaversion einer Quantensoftwareplattform für chemische Simulationen freigegeben. Neben Quantensoftware, die in herkömmliche Rechenanwendungen integriert ist, entwickelt das niederländische Unternehmen Quantenalgorithmen für branchenspezifische Anwendungsfälle.

„Die Anwender unserer Plattformen können Quantenlösungen direkt in ihre bestehenden Rechenabläufe integrieren, während sie ihre gewohnten Softwareanwendungen nutzen“, so Benno Broer, CEO von Qu & Co. „Sie profitieren künftig von einer höheren Genauigkeit und Skalierung, ohne ohne dass eine jahrelange Ausbildung in Quantencomputing erforderlich ist. Alles läuft nach dem Plug-and-Play-Prinzip ab.“

Broer geht davon aus, dass Quantentechnologien sich für Unternehmen zu praktischen Tools entwickeln werden, die zahlreichen Branchen – darunter die Luft- und Raumfahrt, die Automobil- und Elektronikindustrie sowie das Finanzwesen und Life Sciences – großen Nutzen bringen werden.

Die Grenzen des Möglichen

Tanya Suarez ist CEO von BluSpecs, einem europäischen Beratungsunternehmen, das sich auf die Einführung von Technologie konzentriert. Sie trat dem QuIC-Vorstand bei, um sich in einem Partnernetz für Technologien zu engagieren, die die Zukunft verschiedener Branchen prägen werden.

„Quantentechnologie verspricht bessere Lösungen für scheinbar unlösbare Probleme, wie zum Beispiel den Klimawandel oder plötzliche Notfälle, bei denen sofortiges Handeln nötig ist – etwa die pharmazeutische Forschung zur Eindämmung von COVID-19“, berichtet Suarez. „Wir befassen uns mit technischen und praktischen Überlegungen zur Weiterentwicklung von Quantentechnologie, die uns hilft, das zu entschlüsseln, was Einstein einst als “spukhafte Fernwirkung” bezeichnet hat.“

Obwohl einige Quantentechnologien wie Computing noch nicht marktreif sind, können Unternehmen es sich nicht leisten, diese zu ignorieren – selbst wenn andere Geschäftsanforderungen momentan wichtiger sind. Vorreiter auf diesem Gebiet verschieben die Grenzen des Möglichen immer weiter und arbeiten daran, sich die vielversprechende und einzigartige Leistungsfähigkeit der Quantentechnologie zu Nutze zu machen.


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Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Forbes.com in der Rubrik BrandVoice SAP veröffentlicht.